Letztere Variante ist zumeist unter dem Begriff "left-only" bekannt. Prominentester Vertreter dieser Gattung ist Stages. Eine Reihe von Herstellern haben ihre Powermeter halbiert und bieten diese nun auch als left-only an, zum Beispiel Garmin mit dem Vector Pedal oder Rotor mit dem INpower oder dem LT Powermeter. Dadurch lassen sich die Geräte natürlich ein gutes Stück günstiger anbieten.
Die Hersteller werben damit, dass die Beinkraftverteilung weitgehend symmetrisch ist bzw. dass Unterschiede nur eine geringe Rolle spielen und daher der Wert des linken Beines ohne Probleme verdoppelt werden kann, um den gesamten Wert zu bekommen. Und immerhin benutzt auch Team Sky Stages Powermeter. Wenn man die Tour de France mit einem Left-only Powermeter gewinnen kann, dann sollte dieses Konzept auch für alle anderen mehr als ausreichend sein, nicht wahr? Ähm, .. nein! Gut unterrichtete Insider haben mir glaubhaft versichert, dass Team Sky im Training durchaus weiterhin SRM Powermeter benutzt und, dass muss man ganz klar sagen, Radprofis bekommen Geld dafür, dass sie ein bestimmtes Produkt fahren und dafür Werbung machen. Wenn also Chris Froome Stages Powermeter fährt, dann zunächst deshalb, weil Stages dafür bezahlt und nicht weil es der beste Powermeter auf dem Markt ist.
Der Punkt ist nämlich, dass die Leistung gar nicht so gleich verteilt ist, wie die Hersteller behaupten. Verlässliche Zahlen oder Studien dazu habe ich keine gefunden. Naturgemäß werden Hersteller von left-only Systemen eher davon ausgehen, dass die Kraft gleich verteilt ist und Hersteller von dual-side Systemen oder solchen, die die gesamte Kraft messen, davon, dass Unterschiede bestehen.
Wo auch immer hier die statistische Wahrheit liegt, im Einzelfall kann man natürlich nie sicher sein, ob man eine perfekte Links/Rechts Verteilung von 50/50 hat oder nicht. Dabei muss man in Betracht ziehen, dass diese Verteilung nicht konstant über das gesamte Leistungsspektrum ist, sondern sich verändert.
In niedrigen Watt Bereichen fällt mein Unterschied zwischen rechtem und linkem Bein recht deutlich aus, wobei die linke Seite stärker ist. Wenn die Leistung ansteigt, wird das Ungleichgewicht kleiner. An der anaeroben Schwelle ist die Leistung zwischen den beiden Beinen fast, aber nicht ganz gleich verteilt. Soweit nicht erstaunlich, schliesslich sind wir Menschen einfach nicht symmetrisch.
Das bedeutet aber auch, dass in meinem Fall ein left-only Powermeter niedrige Leistungsbereiche tendenziell überbewerten würde. Als Resultat würde ich ein Grundlagen oder Tempotraining somit immer zu langsam durchführen, da die Schwellenwerte ja in % meines FTP berechnet sind, die ausgewiesene Leistung über der tatsächlichen liegen würde und ich, um die Bereiche einzuhalten, langsamer fahren müsste.
Hier zwei Links/Rechts Verteilungen aus Golden Cheetah. Die erste Grafik stammt vom einer vier stündigen Fahrt die überwiegend im Ausdauerbereich absolviert wurde.
Die roten Punkte sind Links, die türkis farbigen Rechts. Auch wenn es in dem Bereich bis 200 Watt insgesamt mehr Punkte gibt, da auf diesen Bereich mehr Zeit entfällt, ist trotzdem deutlich zu erkennen, dass die Verteilung immer enger wird je weiter wir uns auf der X-Achse bewegen, je höher also die Leistung wird.
Diese Grafik stammt von einem Stufentest, gefahren mit meinem Rad und den Infocranks auf einem Cyclus Ergometer. Gleiches Resultat, aber besser zu erkennen, wie die Verteilung mit steigender Belastung enger wird, die Ungleichheit zwischen den beinen abnimmt.
Diese Daten habe ich mal in Excel geworfen. Ich wollte wissen, wie die Leistungskurve bei einem Left-only Powermeter ausgesehen hätte.
Hellblau ist die tatsächliche echte Leistung getitelt über drei Sekunden.
Rot ist die Leistungskurve, wenn einfach der Wert des linken Beines verdoppelt wird.
Die graue Fläche zeigt die Differenz zwischen diesen beiden Werten in Prozent an.
Die petrol farbige Linie zeigt die Differenz des gleitenden 60 Sekunden Durchschnittes an.
Auch hier sieht man wie die Differenz zur Schwelle hin abnimmt, aber auch im anaeroben Bereich weiterhin besteht. Bis 200 Watt beträgt der Unterschied etwa 10%!
Dieser Effekt wird bei jedem Fahrer unterschiedlich sein. Bei manchen wird er gar nicht auftreten, bei Andern wird das rechte Bein stärker sein, bei anderen das Linke.
Wenn diese Ungleichheiten aber auftreten, ist es m.E. zwingend notwendig immer die gesamte Kraft zu messen und nicht nur die des linken Beines und das Resultat zu verdoppeln. Ein Fehler in der Messung wird dann nämlich auch verdoppelt. Deshalb sollte ein Powermeter mindestens die gesamte Kraft messen (Powertap, SRM, Power2Max), noch besser ist es natürlich beide Beine getrennt zu erfassen, wie es zum Beispiel die Infocrank macht, die ich verwende. Dann kann man sich auch mal den Spass gönnen und die Daten so richtig durchwalken!
Der Trainingssteuerung liegen selbst im Idealfall schon mehr als genug Annahmen zugrunde. Das fängt bei der Auswertung einer Leistungsdiagnostik an und geht bei der Einteilung der Trainingsbereiche weiter, um nur zwei Punkte zu nennen. Da sollte man einfach zu vermeidende Ungenauigkeiten wie einseitige Leistungsmessung ausschließen. Es gibt durchaus Situationen in denen ein left-only Powermeter mehr als ausreichend ist, für ernsthafte Trainingssteuerung muss es meines Erachtens nach aber ein Dual-Side oder Full-Power Leistungsmesser sein.
Sehr interessant. DANKE
AntwortenLöschenFüsik wie auf der Enterprise....danke!!
AntwortenLöschenSieht bei mir identisch aus, fahre mit P1 Pedalen am Rennrad.
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