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Samstag, 12. Januar 2019

Eine Radfahrer Beule und ein unendlicher Sattel

Schmale, harte Sättel gehören genauso zum Rennradfahren wie dünne Reifen, rasierte Beine und bunte, hautenge Sportkleidung. Dass es sich auf solchen Sätteln bequem sitzen lässt, gehört für die nicht radfahrende Bevölkerung zu einem der großen Radsport-Mysterien. Und in der Tat sind die ersten Versuche auf einem Rennrad oftmals sehr, nun ja, schmerzvoll oder doch zumindest unangenehm. Nach einer anfänglichen Eingewöhnung sitzt es sich dann aber meist überaschend gut. Manchmal bedarf es einiger Versuche, bis sich der richtige Sattel, die sich in Breite, Form und Polsterung unterscheiden, gefunden hat. Allen Modellen und Herstellern gemein ist allerdings, dass man im wesentlichen auf den Sitzbeinen sitzt, die beanspruchte Fläche ist recht klein und der Druck auf das wenige Gewebe zwischen Haut und Knochen recht hoch.

In seltenen Fällen kann dieser ständige Druck in Verbindung mit der Reibung, Verletzungen der Haut und des Bindegewebes im Dammbereich Veränderungen im Gewebe auslösen. Von diesen “Cyclist Nodule” genannten, gutartigen Tumoren können Frauen genauso wie Männer betroffen sein. Die meisten Tumore sind dabei unter drei Zentimeter groß, können aber auch sechs Zentimeter erreichen. Aufgrunde der Größe und Plazierung werden sie auch als dritter Hoden (“Third Testical”) bezeichnet. Je nach Fortschritt der Krankheit gibt es verschiedene Optionen, eine davon ist die operative Entfernung des kranken Gewebes. Abseits des Rades treten typischerweise keine Beschwerden auf. Auf dem Rad kann die "Radfahrer Beule” den Spaß im Sattel aber gänzlich zunichte mache, was ich vor einigen Jahren leidvoll erfahren habe.

Während meiner Jugend und Amateurezeit hatte ich mit dem Sitzen auf dem Rad nie die geringsten Probleme. Nach längerer Pause und vielen Jahren mit sehr wenigen Kilometern ging es 2014 wieder los mit dem Radsport. Irgendwann fing es dann aber an, dass das Sitzen unbequem war. Zunächst wenig und nur ab und zu, wurde es mit der Zeit immer schlimmer und verleidete mir den Spaß am Radfahren. Zuletzt fühlte es sich an wie ein rostiger Korkenzieher, der langsam bis auf den Knochen gedreht wird. Erst sehr spät fiel mir auf, das sich unter dem linken Sitzbein eine deutliche Wulst mit einem innenliegenden, harten Knoten gebildet hatte. Zunächst waren die Ärzte recht ratlos, was es mit dem etwa zwei Finger tiefen Bindegewebsüberschuss auf sich hatte. Nach einer Weile fand sich dann aber ein Chirurg, der die richtige Diagnose stellte, das Skalpel zückte und mich von der "Radfahrer Beule” befreite.

Nach der Entfernung des Tumors unter Vollnakose konnte ich nach einigen Wochen wieder auf dem Rad sitzen. Anfang zwickte die Narbe etwas, aber im Großen und Ganzen konnte ich wieder schmerzfrei fahren. Etwa zwei Jahre später kamen die Schmerzen aber zurück und die Beule war wieder so groß wie vor der OP. Eine weitere Operation schaffte Abhilfe, bis ich mir in diesem Jahr an Ostern auf einer 200 km Trainingsrunde eingestehen musste, dass entweder eine dritte OP oder eine andere Lösung hermusste.

Da fiel mir eine Kickstarter Kampagne ein, die einige Jahre zurück Geld für einen recht merkwürdigen Sattel eingesammelt hatte. Dieser "Infinity Seat” hat dort, wo sich bei allen anderen Sätteln die Sitzfläche befindet, einfach nur eingroßes Loch, übrig bleibt lediglich die Kontur eines Sattels. Da ich eine unmittelbare Lösung suchte und mir das Problem den Schlaf raubte, stand ich noch in den Nacht nach der 200 km Runde im Pyjama im Fahrradkeller und habe mit der Bohrmaschine und einem Cutter aus einem alten Sattel ein gutes Stück aus der linken Sitzfläche herausgeschnitten. Die nächste Trainingsrunde zeigte, dass es sich um ein erfolgversprechendes Konzept handelte. Noch am gleichen Tag habe ich den “Infinity Seat” bestellt.

Der Sattel ist nur direkt vom Hersteller in den USA zu beziehen. Die 2019er Modell Palette umfasst drei Varianten zwischen 297 und 397 USD. Hinzu kommt der internationale Versand, die Einfuhrumsatzsteuer und Zollgebühren, deren Höhe von der angewendeten Produktkategorie abhängt. In meinem Fall konnte ich einen “Promo-Code” nutzen und bezahlte vergleichsweise günstige 201,04 Euro für den Sattel, dazu kamen 4,7% Zoll (Zolltarif 87149500, Sättel für Fahrräder) und 40 Euro EUST. Kein günstiger Spaß, aber besser als nicht mehr Radfahren zu können.

Trotz der vielen Luft wiegt der Sattel etwa genausoviel wie alle anderen Standartsättel auch (Infinity 222gr, Ergon 216gr, Fizik 227gr). Die Länge ist ebenfalls vergleichbar, nur in der Breite hat der Infinity etwa einen Zentimeter mehr. Bei der Montage des Sattels steht man vor der Herausforderung, dass die üblichen Messpunkte auf der Satteldecke fehlen. Die Anleitung empfiehlt für die Längsverstellung stattdessen das Maß vom weitesten Punkt des alten Sattels bis zum Lenker zu nehmen und das Gleiche für den Infinity Seat zu machen. Das Gestell des Sattels ist in der neutralen Position genau waagerecht, das lässt sich sehr leicht messen. Die Sattelstütze soll um 1/8 bis 1/4 Inch (ungefähr 3,2 bis 6,4 mm) abgesenkt werden. Das fand ich deutlich niedriger als vorher und habe die Sattelstütze daher auf der gleichen Höhe wie mit dem Ergon Sattel gelassen.






Der große Moment kommt, wenn man zum ersten Mal Platz nimmt. Um es kurz zu machen: Man sitzt wie auf einem Sofa, zumindest verglichen mit anderen Sätteln! Dadurch, dass die Sitzbeine komplett entastet sind und man auf der umgebenden Muskulatur sitzt, fehlt der übliche Druckpunkt. Mein erster Eindruck war daher: Wow, das funktioniert ja tatsächlich! Die folgende Probefahrt machte dann aber deutlich, dass der Sattel doch etwas Eingewöhnung braucht. Durch die breitere Bauweise und die konkave “Sitzfläche” sitzt man sehr viel fixierter auf dem Sattel. Es ist zwar weiterhin möglich die Position etwas zu variieren und weiter vorne oder hinten zu sitzen, die “Nullposition” auf dem Infinity Seat ist allerdings sehr ausgeprägt. Eine Positionsverschiebung verändert darüber hinaus den Winkel des Beckens und des unteren Rückens: Sitzt man weiter hinten, ist das Becken nach vorne abgekippt und der Rücken flacher, weiter vorne und Becken und Rücken sind aufrechter. Ein weiterer Nebeneffekt ist der ausgeprägte Wiederhalt nach hinten, hilfreich wenn man große Gänge aus dem Sitzen “drückt”, etwa bergauf. Störend dürfte der Sattel vielleicht für Mountainbiker sein, die bei steilen Abfahrten ihre Position hinter den Sattel verlagern, aber vielleicht ist auch das nur eine Frage der Gewöhnung. Trotz der ausgefallenen Form ist der Sattel mit den UCI Regularien konform, zumindest finde ich nichts Gegenteiliges.



Ob der Sattel bei Druckproblemen im Dammbereich ebenfalls eine Lösung ist, kann ich nicht sagen. Mit Taubheitsgefühlen und Druckstellen, die andere Hersteller mit allen möglichen Rillen und Spalten bekämpfen, hatte ich noch nie Probleme. Da die Öffnung des Infinity Seat’s aber weit bis zur Sattelspitze geht, wird er vielleicht auch in diesen Fällen hilfreich sein.

Für meine Sitzbeschwerden war und ist der Infinity Seat in jedem Fall DIE Lösung, dass hätte ich schon viel früher machen sollen! Ich kann ohne Schmerzen sitzen und Touren über drei Stunden entspannt entgegensehen. Die Schwellung des Bindegewebes ist weitgehend verschwunden. Ob die immer noch vorhandene Verhärtung vielleicht trotzdem entfernt werden sollte, wird abzuklären sein.

Als vor einigen Monaten ein gebrauchter Infinity Seat der ersten Generation in einer Facebook Gruppe gebraucht angeboten wurde, griff ich direkt zu. Seitdem hat auch der Einarmige Bandit einen "Unendlichkeits Sattel”. Und zu guter Letzt sind meine Räder jetzt wirklich unverwechselbar und sorgen immer wieder für interessierte Fragen!

Mittwoch, 18. April 2018

New Bike Day - In Klein

Vor einigen Wochen habe ich darüber geschrieben, wie ich den Rennrad Rahmen meiner Tochter lackiert habe. Aus Gelb wurde Pink Metallic. Für einen ersten Versuch war ich mit dem Ergebnis ganz zufrieden. Ein Rahmen macht aber noch lange keine Rad, da gehören ja noch ein paar Teile dran.

Für ein Kinderrad gestaltet sich dass aber gar nicht so einfach. Auch wenn die meisten Komponenten an dem Rad kindgerecht waren, gab es zwei gravierende Schwachstellen: Die NoName Bremsen mit dem Branding des Rad-Herstellers Gepida waren schwergängig, wackelig und nicht wirklich gut zu dosieren und die Shimano Bremsschaltgriffe waren für Kinderhände viel zu groß und schwierig zu bedienen, sowohl beim Bremsen als auch beim Schalten. Es ist schon einige Jahre her, dass mein Sohn das Rad fuhr. Um auf das große Kettenblatt zu schalten, hat er manchmal die rechte Hand genommen und von innen an dem Hebel gezogen, statt von aussen mit der Rechten Hand zu drücken! Soweit zu Ergonomie.

Als Alternative habe ich daher ganz klassisch Rahmenschalthebel montiert. Da muss man zwar je eine Hand vom Lenker nehmen und im Sitzen schalten, durch die Indexierung (der Schalthebel rastet bei jedem Schritt) gestaltet sich das aber recht simpel, mit ein bisschen Übung wird das gut funktionieren. Dadurch wurde auch der Weg frei für spezielle Bremshebel für Kinder. Das einzige Model, dass ich finden konnte, war der Tektro RL 320, dessen Griffkörper sogar noch etwas kürzer sein könnte. Zusätzlich habe ich noch Zusatzhebel für den Oberlenker gekauft, aber vorerst nicht montiert, wahrscheinlich wird es aber notwendig sein. Meine Tochter fühlt sich mit den Rennrad-Bremsgriffen sehr unwohl, entsprechend langsam und unter Dauerbremsen ging es jeden Hügel hinab. Mal sehen ob dies einfach eine Übungssache ist. Ein, zwei Versuche geben wir der Sache noch. Zusätzlich habe ich die NoName Bremsen gegen Shimano 105 Modelle getauscht. Ansonsten gab es neue Züge, frisches Lenkerband und eine neue Kette und fertig war der kleine Renner.

Jetzt kann der Sommer kommen und ich kann mit beiden Kindern echte Unterlenker Touren drehen!



Ein paar technische Fakten:
Gewicht: 9,6 Kilo // Sattelrohr 71°, 40 cm (Mitte, Oberkante) // Oberrohr Mitte Mitte 40 cm // Laufräder 24" // Lenker 36 cm Mitte Mitte // Kurbel 155 mm





Das Rad würde eigentlich viel besser zu dem pinken Unterlenker Kit passen!

Sonntag, 29. Oktober 2017

Kickstarter: Quickgard - Elegante Rennrad-Schutzbleche

Radfahren ist ein Outdoor Sport und ab und an regnet es. Auch wenn es gegen die Regeln ist, Schutzbleche sind eine feine Sache, für den eigenen Hintern und für die Mitfahrer am Hinterrad. Ohne Schutzblech macht man sich bei jeder Vereinsausfahrt schnell unbeliebt. Feste, lange Schutzbleche mit Spritzschutz sind ohne Frage das Nonplusultra, passen aber nur an die wenigsten Rennräder. Ein Asssaver hilft nur dem eigenen Hintern und das auch nur begrenzt. Als Zwischending gibt es alle möglichen Schutzbleche die mal mehr oder mal weniger elegant am Rad befestigt werden. An meinem Winterrad fahre ich derzeit die SKS Raceblades, die sind nicht schlecht und lassen sich prima anpassen.

Die Quickgards, für die derzeit eine Kickstarter Kampagne läuft, sind aber ungleich eleganter und machen auch dem reinrassigsten Renner Ehre. Das Schutzblech wird am Schnellspanner befestigt und hat keinen Kontakt zum Rahmen. Eine Thru Axle Version soll folgen. Ein einzelnes Schutzblech kostet als Early Bird Special 38 AUD inklusive internationalem Versand, das sind lediglich 25 Euro! Ein Set kostet 69 (Early Bird) bzw. 80 AUD. Das Gewicht wird um die 200 gr. sein und die Auslieferung ist für April 2018 geplant. Das ist leider nach unserem Winter, aber dann ist man für sommerliche Regentage und den Winter 18/19 bestens gerüstet. Die Kampagne läuft noch bis zum 11. November.

Samstag, 25. Februar 2017

Mal wieder: Aufregung um Scheibenbremsen

In den letzten Tagen gab es wieder große Aufregung um Scheibenbremsen am Rennrad. Das Thema wird ja gerne mit religiöser Inbrunst diskutiert. Zunächst hat die Fahrer-Gewerkschaft CPA einen Brief an die UCI geschrieben und ein Ende des derzeit nochmal angelaufenen Scheibenbremsen-Tests gefordert. Dabei geht es einzig um die Sicherheit, Punkte wie die Herausforderungen für den neutralen Service und die Geschwindigkeit der Radwechsel spielen keine Rolle. Die Argumente erstaunen insofern, dass die Fahrer sich bereitwillig mit Carbonfelgen mit im Regen mehr als suboptimaler Bremsleistung Abfahrten hinunterstürzen, Messerspeichen fahren und auch ansonsten eine ganze Menge Risiken eingehen.

Gut, wie auch immer. Diese Woche kam es auf der ersten Etappe der Abu Dhabi Tour kurz vor dem Ziel zu einem Sturz in den unter anderem der Sky Fahrer Owain Doull und Marcel Kittel verwickelt waren. Kittel fuhr an diesem Tag ein Rad mit Scheibenbremsen. Die Fahrer kamen mit einigen Abschürfungen davon. Die erstaunlichste "Verletzung" zog sich Doulls Schuh zu, der einen Schnitt über die gesamte Länge der Oberseite aufwies. Das muss ja Kittels Scheibenbremse gewesen sein! Rotierende, glühende Messer! Große Aufregung in den sozialen Netzwerken. Es entsteht der Eindruck dass Scheibenbremsen in etwa so aussehen müssen:


Hier was die beiden Protagonisten zu sagen haben:

  


Aber wie schon letztes Jahr bei dem Sturz von Fran Ventoso bei Paris-Roubaix kamen dann doch erhebliche Zweifel an der Scheibenbremsen Theorie auf. Die genaue Analyse des Sturzes spricht für eine andere Ursache. Es könnte durchaus sein, dass Doull sich den Schuh an den eigenen Speichen aufgeschlitzt hat.


Und natürlich werden auch gleich wieder einige Tests durchgeführt, was eine Scheibenbremse so alles durchschneiden kann oder auch nicht:




Ein Vorwurf der immer schnell laut wird lautet, dass die Scheibenbremsen ja nur von der Radindustrie gewollt sind, damit diese mehr Räder verkaufen können. Nun, dass ist vielleicht nicht so ganz falsch, aber wer bezahlt den Radzirkus zu einem großen Teil? Die Radindustrie, genau. Und Profiradsport ist nun mal eine Werbeveranstaltung. Aber es ist ja nicht so, als ob man versuchen würde uns den größten Quatsch unterzujubeln. Ich bleibe dabei, Scheibenbremsen sind da um zu bleiben. Für den Moment scheint es mir, dass die Gefahr durch Scheibenbremsen mehr auf Fiktion denn auf Fakten beruht.

Links:

Sonntag, 25. September 2016

Friction Facts!

Vor einigen Tagen war Jason Smith von Friction-Facts bei Marc Florence vom Time-Trial-Podcast im Interview. Die Reibung der sich am Rad bewegenden Teile ist nach der Aerodynamik und dem Rollwiderstand der Reifen der Kraft-Fresser Nummer drei. Im Bereich der Aerodynamik sind die größten Gewinne zu erzielen, dass hat sich inzwischen ja soweit herum gesprochen. Der Rollwiderstand der Reifen wird oftmals unterschätzt, aber auch dort wissen die Meisten dass es Reifen gibt die leichter abrollen und solche die dem Vorwärtsdrang mehr Widerstand entgegensetzen.

Aber die Kette? Das ist doch alles gleich, oder? Und diese sündhafteren Keramikkugellager sind nur Geld-Macherei! Oder etwa doch nicht? An der Stelle kommt Friction-Facts ins Spiel. Der Gründer der kleinen Firma heißt Jason Smith und ist gelernter Ingenieur. Er hat Versuchsmaschinen entwickelt, mit denen er den Verlust der Ketten, der Kugellager in den Schaltungsrädchen, im Innenlager, in den Pedalen auf den Bruchteil eines Wattes genau messen kann. Oder den Benefit der überdimensionierten Schaltungskäfige, und was "kostet" eine verdreckte Kette, oder eine schräglaufende Kette. Welches Öl ist das schnellste? (Antwort gar keins: Am besten ist es zu wachsen!)

Das Ergebnis der Tests sind dann harte Fakten. Keine Schätzungen, kein subjektiver Eindruck, sondern Zahlen. Natürlich kann man keine dutzende Watt gewinnen. Die angegebenen Ersparnisse bewegen sich im einstelligen Wattbereich und sind auf eine Leistung von 250 Watt berechnet. Wenn jetzt verschiedene Bereiche optimiert werden, sagen wir Schaltungsröllchen, Kette und Innenlager, kommen schon mal 10 Watt zusammen. Wenn dann die Leistung noch höher ist, sagen wir am Berg, sind es sogar mehr. Und 10 bis 20 Watt sind dann vielleicht schon der Unterschied zwischen dranbleiben oder abfallen. Oder KOM oder kein KOM.


Interessanterweise bestehen auch nicht nur Unterschiede zwischen Ketten verschiedener Hersteller, sondern es gibt tatsächlich langsame und schnelle Ketten innerhalb eines Types. Für den Stundenweltrekord Versuch von Bradley Wiggins wurden wohl grosse Mengen an Ketten getestet um die Beste zu finden, diese wurde dann auch noch einer speziellen Behandlung unterzogen.

Die genauen Daten und Testergebnisse kann man kaufen. Alle bisher produzierten siebzehn Reports umfassen mehrere Hundert Seiten und kosten lächerliche 15 USD. Die Reports kann man auch einzeln kaufen, aber bei dem Preis macht man keinen Fehler, wenn man das ganze Packet nimmt.

Wie, werden manche jetzt fragen, das muss man bezahlen? Ja, das muss man bezahlen. Friction-Facts kauft alle Test-Objekte selber im ganz normalen Handel. Die Hersteller haben keine Möglichkeit besonders behandelte Versionen zum testen zur Verfügung zu stellen. Fiction-Facts ist absolut unabhängig und ein Musterbeispiel von Integrität. Und aus diesem Grund verrate ich hier auch nicht welches die schnellste Kette und was der schnellste Schmierstoff ist.

Hört euch den Podcast an und schaut mal bei Friction-Facts vorbei. Ich werde mich jetzt nochmal in die Lektüre der Testberichte vertiefen.

Freitag, 16. September 2016

Olle Kamellen

Seit einigen Tagen schwirren Bilder von einem Super-Duper Triathlon Rad von DiamondBack durch das Netz. Ein Wahnsinns Bolide. Das schnellste Rad der Welt, sagen sie. Was auch sonst. Schaut selbst:


Aber irgendwie habe ich das schon mal gesehen. Manchmal ist es ja gut wenn man Dinge aufhebt. Et  voilà: 



Im Bericht über die Fahrrad Messe in Mailand heißt es: "... Oder lieber gleich auf - rostfreies - Carbon-Material umsteigen? In Mailand waren die ersten Resultate inniger Beschäftigung mit der schwarzen Faser allerorten sichtbar. Allen voran erregte natürlich die elegante tour-Titelbild-Schönheit von Modolo, Carnielle, Selle Royal und Sidi Aufsehen. Der 8,5 Kilo-Prototyp ist in Zusammenarbeit der genannten Firmen entstanden und soll rund 100 000 Mark an Entwicklungskosten verschlungen haben. Kronotech bietet: einen selbsttragenden Carbon-Rahmen, hydraulische, zum Teil in die Gabel integrierte Bremsen, als Scheiben ausgebildete Kohlefaser-Kurbeln und ein Aussehen, das allein schon Rekorde aufstellt. Gedacht ist die Kreation zunächst für einen Stunden-Weltrekord-Versuch, der - vielleicht - 1987 stattfindet." (Eine PDF des Artikels über die Messe habe ich unten verlinkt)


Links:
DiamondBack Andean
Tour Magazin 1/86

Montag, 18. Juli 2016

N+1: Cinelli Advantage Pro SLX

Zu meinem 40. Geburtstag hat mir mein bester Freund Christian einen Cinelli Stahlrahmen aus SLX Rohren geschenkt. Ein tolles Stück mit einer ungewöhnliches Lackierung, teils Grau, teils Magenta, die Ausfallenden und die Kettenstrebe verchromt, ausliegende Züge. An einen Cinelli Rahmen gehören, keine Frage, Campagnolo Teile. DIE Gelegenheit aus meiner nix-mehr-wert-aber-zu-schade-zum-wegwerfen-Kiste die besten Teile rauszusuchen und einen Cappuccino Renner zusammenzubauen. Ihr wisst ja, N+1 und so. Campagnolo Chorus und Record, 9-fach,  Ergopower aus Carbon, Vierkant-Innenlager mit italienischem Gewinde, Standard Kurbeln, 39/53. Vor 20 Jahren war das alles noch Stand der Technik.

Christian hat mir noch einen sensationellen Cinelli Vorbau gegeben, der, bei dem der Lenker vom Schaft aus geklemmt wird. Dummerweise war es auch schon damals mit der Kompatibilität so eine Sache. Der Durchmesser der Cinelli Lenker ist nämlich geringfügig größer als der, der 3ttt Lenker, die ich noch hatte. So ein Pech.

Neben dem Lenker müssen auch noch die schwarzen TA Kettenblätter gegen helle Campa Blätter getauscht werden. Und das Lenkerband und der Sattel sind auch noch nicht so, wie ich mir das vorstelle. Beides sollte von der Farbe her ja zueinander passen, das graue Lenkerband war, wie alles andere an dem Rad auch, halt gerade noch da und passt irgendwie ja auch zu dem Rahmen. Mal sehen. Und dann habe ich da noch unbenutzte, flache Campagnolo Schlauchreifenfelgen stehen, aus denen man einen tollen Laufradsatz für dieses Rad bauen könnte. Ein bißchen Verbesserungspotential gibt es also noch, aber es soll ja auch kein Rad für die Vitrine werden, sondern eines, dass gefahren wird.

Von der Kosmetik und dem Lenker mal abgesehen, war es absolut unproblematisch das Rad zusammenzubauen und eigentlich ruck zuck erledigt. Warum ich trotzdem eineinhalb Jahre gebraucht habe weiss ich auch nicht.

Als Reifen sind 25er Conti Grand Prix Classic montiert. Durch die horizontalen Ausfallenden muss man bei dem Hinterrad übrigens die Luft ablassen um es zu montieren!

Wie sich das Rad fährt? Das werde ich berichten, wenn ich etwas mehr als nur die Straße hoch und runter gefahren bin. Bis dahin, Bilder:











Dienstag, 24. November 2015

Scheibenbremsen sind da um zu bleiben! (Update)

Heute hat cyclingtips mit Bezug auf gut unterrichtete Quellen aus der Fahrradindustrie gemeldet, dass die UCI den Einsatz von Scheibenbremsen im Pro-Peloton ab 2016 freigibt. Also quasi in fünf Wochen. Ab dem 1. Januar 2017 sollen die Amateure folgen. Yeah, Scheibenbremsen für alle! Yeah?

Die Entscheidung sei Mitte Oktober von der zuständigen Kommission der UCI getroffen worden. Die Rotorgröße wurde demzufolge auf 160mm festgelegt. Ich habe mal auf der Seite der UCI gesucht, aber nichts gefunden.

Das Für und Wider von Scheibenbremsen wird zuweilen ja mit fast schon religiöser Inbrunst diskutiert. Für mich steht ohne Frage fest: In fünf Jahren sind Rennräder mit Scheibenbremsen genauso normal wie heute Bremsschaltgriffe.

Die üblichen Argumente gegen die Disc-Brake sind:
  • Ästhetik: Reine Gewöhnungssache. Am Anfang haben auch Radhelme, Sport-Brillen und Triathlonaufsätze "falsch" ausgesehen. Heute sind sie ganz normaler Bestandteil des Radsports.
  • Gewicht: Niemand verliert ein Rennen, weil das Rad ein paar Gramm schwerer ist. Wenn die UCI das Gewichtslimit für Rennräder generell beibehält, wird es keine Schwierigkeit sein Rennräder mit Scheibenbremsen zu bauen, die das Mindestgewicht gerade so erreichen. Darüber hinaus spielt das Gewicht ausser bei einer Bergankunft auch nur eine untergeordnete Rolle.
  • Aerodynamik: Ja, das mag etwas schlechter sein, aber ich bin überzeugt, findige Ingenieure werden auch da Lösungen finden. Vielleicht ist eine solche Lösung ja auch unter Verletzungsgesichtspunkten interessant? 
  • Radwechsel: Mit etwas Übung wird das eine so schnell gehen wie das andere. 
  • Neutraler Service: Das wird in der Tat etwas komplizierter. Auf der anderen Seite wird es vielleicht auch immer weniger Defekte geben, Tubeless Reifen sollen ja viel weniger anfällig sein. Vielleicht wird es ja auch Laufräder geben, die sowohl einen Rotor als auch eine "bremsfähige" Felge haben und die sowohl per True Axle als auch mit einem Adapter per Schnellspanner montiert werden können. Warum nicht?
  • Verletzungsgefahr beim Sturz: Wirklich? Das soll ein Argument sein? Massenstürze sind zum Glück sehr sehr selten. Wenn es aber doch dazu kommt, sollen heisse Bremsscheiben den Radfahrern Beine und Arme abtrennen? Echt? (siehe dazu auch das GCN Video weiter unten) Nun, die Bremsen dürften nur auf langen, kurvenreichen Abfahrten wirklich heiss werden. Auf Abfahrten fahren aber alle schön in einer Reihe. Das geht gar nicht anders. Wenn es da Stürze gibt  erwischt es maximal eine Handvoll, aber nicht das halbe Feld. In der üblichen Massensturz Situation kommen die Bremsen gar nicht zum Einsatz, das geht so schnell, da fasst keiner mehr an die Bremse. Aber gehen wir mal davon aus, es kommt wirklich zum Sturz, so richtig mit Karacho, dann fallen mir Straßenlaternen, Zäune, Pfosten ein, oder massive Abschürfungen, vielleicht innere Verletzungen durch einen "Lenker im Bauch", gar nicht davon zu reden was mit dem Kopf alles passieren kann, trotz Helm. Und da soll eine Bremsscheibe das Risiko nennenswert erhöhen?
  • Unterschiedliche Bremsleistung: Auch heute ist es so, dass es Fahrer gibt die früher und solche die später bremsen. Der, der später bremsen kann, macht auf der Abfahrt Meter gut, der frühe Bremser verliert. Wenn vor mir Felgenbremser sind, fahre ich mit meinen Scheibenbremsen entweder vorbei oder ich muss warten. Im umgekehrten Fall muss der Felgenbremser eben früher anfangen zu bremsen. Jeder Fahrer muss doch immer selber einschätzen, wie schnell er eine Kurve fahren kann und wann er bremsen muss. Wo ist der Unterschied zu heute? Wenn ich mit Sagan eine Abfahrt runterfahre, kann ich auch nicht erst bremsen wenn der bremst. 
  • Die Kompatibilität nimmt ab: Auch das ist richtig. Aber seien wir mal ehrlich, die Zeiten in denen alles miteinander kombinierbar war sind seit Einführung der indizierten Rahmenschalthebel vorbei. Der Trend geht dazu ein komplettes System zu kaufen. Alles ist auf einander abgestimmt. 10 fach, 11 fach, integrierte Vorbau-Lenker Einheiten, proprietäre Sattelstützen, Innenlager, da kommt es auf die Laufräder auch nicht mehr an.
Zu den Vorteilen kann ich nur eines sagen, aus eigener Erfahrung: Es bremst besser! Bei jedem Wetter die gleiche Bremsleistung. Dabei sind die mechanischen Scheibenbremsen an meinem Winterrad sicher nicht der Weisheit letzter Schluss, noch lange nicht. Und trotzdem ist es im Winter und bei Regen viiieeeel entspannter. Es bremst einfach immer und tatsächlich gleich gut. 

In spätestens fünf Jahren ist die Scheibenbremse Standard und die Felgenbremse die Spezialausstattung. Ob es gefällt oder nicht, Scheibenbremsen sind da um zu bleiben! Es gibt übrigens ein Spezialwort für das was mit den Bremsen gerade passiert, das Schwierige ist, man erkennt es oft erst Jahre später. Das Ganze nennt sich FORTSCHRITT! ;-)




Link:


Update 30.11.2015:

Heute hat die UCI die Regelungen bekanntgegeben, die 2016 den Einsatz von Scheibenbremsen in professionellen Straßenrennen erlaubt. Hier der wichtigste Passus:

After extensive discussions with its stakeholders, the UCI has decided to allow the use of disc brakes by riders across all divisions of UCI professional road teams:

  • UCI WorldTeams
  • UCI Professional Continental Teams 
  • UCI Continental Teams
  • UCI Women’s Teams. 

The use of disc brakes will be carefully monitored throughout the year with a view to definitively allowing them to be used in professional road cycling from 2017.

Hier die volle Pressemitteilung.

Dienstag, 22. September 2015

A new chain is a slow chain!

Heute habe ich den aktuellen Spokesmen Podcast gehört. In Folge 122 sind einige Interviews zu hören, die Carlton Reid auf der Eurobike geführt hat. Unter anderem mit Alex Trimnel, dem Managing Director von Muc-Off. Trimnel spricht unter anderem darüber, wie wichtig es ist dass die Kette sauber und in optimalem Zustand ist. Habt ihr gewusst, das nagelneue Ketten ziemlich schlecht sind, was die Effizienz anbelangt? Grund sind die Toleranzen der Hersteller. Damit die Ketten nicht auseinander fallen, werden die Bolzen eher etwas größer und die Löcher etwas kleiner gemacht. Das führt dazu, dass es eine Weile dauert bis sich die Kette leicht bewegt. Die Kette muss eingefahren werden! Muc-Off macht das für Team Sky auf einem Prüfstand. Die Ketten werden eingefahren, gesäubert und speziell behandelt. Danach gehen diese dann zurück an Team Sky. Durch diese Prozedur werden einige Watt gewonnen und dabei ist diese Optimierung wohl erst am Anfang.

Also: Kette putzen!!

Sehr interessantes Interview! Muc-Off ab Minute 33

The Spokesmen #122 – Eurobike 2015

Samstag, 18. Juli 2015

Bergübersetzung

Vor einigen Wochen habe ich am Ventoux mit meinem 36 Semi-Kompakt Kettenblatt und dem 28 Ritzel ziemlich gelitten. Die Übersetzung war immer noch zu groß. Für den Engadin Radmarathon musste daher eine noch bergtauglichere Übersetzung her. Für einen kleineren Gang gibt es zwei Möglichkeiten, eine kleineres Kettenblatt vorne oder einen größeren Kranz hinten oder auch eine Kombination aus beidem.

Der Ausdruck kleiner Gang bezieht sich hierbei auf die Entfaltung, also den Weg, den man bei einer Kurbelumdrehung zurücklegt. Kleiner Weg, kleiner Gang. Großer Weg, großer Gang. 

Die Entfaltung läßt sich ganz einfach ausrechnen:

(Zähne Kettenblatt / Zähne Ritzel) x Umfang Laufrad

Ein 28" Rennrad mit einem 25mm Reifen (25-622) hat einen Umfang von etwa 2135mm. Bei einer Kurbelumdrehung mit 53x11 legt man somit 10,3 Meter zurück. (53/11=4,81 -- 4,81x2,135=10,3)

Es ist offensichtlich, dass es Kombinationen aus Kettenblatt und Ritzel gibt, die die gleiche Entfaltung produzieren, z.B. 39x14=5,95 und 53x19=5,96. Oft wird behauptet, dass sich Kombinationen mit der größeren Summe der Zähne (53+19=72 > 39+14=53) besser treten lassen. Tatsächlich winkeln sich die einzelnen Kettenglieder weniger stark ab wenn sie eine weitere Kurve beschreiten. Darüber hinaus könnte noch eine Rolle spielen, dass die Kette auf einem größeren Kettenblatt weiter aussen ist und somit die Hebelwirkung größer ist, ähnlich wie bei ovalen Kettenblättern. Tatsächlich spielt das alles aber nur eine untergeordnete Rolle und ist in erster Linie eine Frage der persönlichen Vorliebe. Ein guter Artikel dazu mit den physikalischen Hintergründen hier im Cyclist Magazin.

Wichtiger ist ein anderer Punkt, der Unterschied zwischen den einzelnen Gängen und zwischen den Kettenblättern ist mit einer Standard Kurbel (53x39) geringer als mit einer Kompakt Kurbel (50x34). Die Kompakt Kurbel bietet dahingegen die größere Bandbreite an Übersetzungen. Sehr gut und anschaulich erklärt wird dies auf Cyclingtips.

Zurück zum Engadin Radmarathon, am Ventoux war ich mit einem kleinsten Gang von 36x28 unterwegs, das ist eine Entfaltung von 2,75m. Eine größere Kassette (11-32) hätte auch ein Schaltwerk mit einem längeren Käfig erfordert (SRAM Wifi). Ein recht teurer Umbau. Der kleinste Gang 36x32 hätte dann 2,40 m gehabt.

Alternativ habe ich zu dem 34er Kettenblatt gegriffen, das auf der Kompakt Kurbel an meinem Winterrad montiert war. 34x28 ergibt 2,59. Der Nachteil ist hier, dass der Unterschied zwischen großem und kleinen Kettenblatt sehr groß ist und man beim Wechsel der Kettenblätter auch immer einige Gänge auf der Kassette wechseln muss. Beachten muss man auch, dass die Kapazität des Umwerfers nicht überschritten wird. In meinem Fall hat der SRAM Force 10-fach Umwerfer die Aufgabe ohne Probleme gemeistert.

Der Unterschied zwischen 36x28 und 34x28 beträgt zwar nur 16 cm, war aber genau das, was mir an den steilen Abschnitten erlaubt hat, noch einigermaßen flüssig zu treten. Bei 10 km/h sind es etwa 4 Umdrehungen mehr pro Minute, wenn man über eine Stunde klettert ist das schon ein merklicher Unterschied. 

(Gut, wenn ich das jetzt so sehe, vielleicht hat es auch einfach nur an meiner besseren Einteilung der Kräfte gelegen, dass ich im Engadin nicht so eingebrochen bin wie am Ventoux und ich hätte es bei dem 36er Kettenblatt belassen können) 


Im Internet gibt es Entfaltungs-Rechner (Gar Calculator) ohne Ende. Der Beste ist von Dirk Feegen und nennet sich RitzelRechner.

Montag, 5. Januar 2015

Verve Infocrank Powermeter

Vor einiger Zeit habe ich hier über eine Promotionaktion von Verve Cycling geschrieben, bei der es die Infocrank im Gegenzug zur Beantwortung einiger Fragen günstiger gab. Nachdem ich einige Male zu lange gewartet hatte und wieder auf Anfang musste, habe ich schliesslich für 999 USD zugeschlagen. 840 Euro für einen echten Rechts / Links Powermeter mit Innenlager, Kettenblätter und Computer, da kann man nichts sagen. Das Set kostet normalerweise 1.950 USD. Das ist recht teuer, Verve Cycling proklamiert aber hinsichtlich der Genauigkeit und Verlässlichkeit einen der besten, wenn nicht den besten Powermeter zu produzieren.

Grundsätzlich kann man die Systeme danach unterteilen, wo die Kraft gemessen wird. Im Pedal (Garmin, Look), in der Hinterradnabe (Powertab), im Kurbelstern (SRM, Quark, Power2Max) oder im Kurbelarm (Stages, Rotor, Infocrank). Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe von "Exoten". Zwei sehr ausführliche Übersichten auf englisch gibt es bei DC Rainmaker und bei Alex Simmon. Etwas simpler bei Bike Radar.

Der Weg den Verve Cycling beschreitet unterscheidet sich insofern von den übrigen Herstellern, als dass man eine spezielle Kurbel produzieren lässt, in der die Elektronik eingebaut wird. Eine Infocrank ist also eine Infocrank und nicht in einer Shimano, Sram oder Campagnolo Version erhältlich. Darüber hinaus verwendet man auch nicht die üblichen Dehnmessstreifen sondern Wheatstonesche Messbrücken. Auf Roadcycling.de wird ganz gut erklärt wie das funktioniert und worin die Unterschiede bestehen. Später mehr zu der Kurbel.

Unboxing

Aber von vorne. Das Paket kam mit UPS aus Großbritannien und enthielt eine grosse Kiste mit den Kurbeln, dem Innenlager und einigen Kleinteilen (Batterien, ANT Dongle, Magnete zum Kleben und zum Aufstecken, Montagewerkzeug für das Innenlager). Eine weitere Kiste mit dem Radcomputer und die Kettenblätter. Alles sicher verpackt.


Montage, 1. Versuch

Sehr schön. Frohen Mutes bin ich im Keller verschwunden und habe die Kurbeln und das Innenlager an meinem Canyon Ultimate AL demontiert. Leider war es dass dann auch schon. Ich musste nämlich feststellen, dass ich mich im Labyrinth der Innenlager "Standards" verlaufen hatte. Für mich war es klar, dass ich ein PF30 Innenlager brauche (PF steht für PressFit, wird also nicht mit dem Rahmen verschraubt sondern nur gepresst). Mein bisheriges Innenlager wurde auch gepresst, kein Problem, oder? Wie ich dann aber lernen musste, hat der Canyon ein BB86 Innenlager. Ein PF30 wird in ein schmaleres Tretlagergehäuse verbaut und steht an der Seite etwa 5 mm über. Ein BB86 Tretlagergehäuse ist breiter und nimmt das Innenlager komplett auf, bündig sozusagen. Ich stand bestimmt 10 Minuten vor dem Schlammassel und habe dumm aus der Wäsche geschaut. Da kauft man einen tollen Powermeter und kann ihn nicht montieren.

Der nächste Schock kam dann als ich herausfand, dass es für die M30 Achse der Infocrank gar kein BB86 Innenlager gab. WTF!

Exkurs: Die Kurbel

Die Infocrank wird von Praxisworks hergestellt, einer amerikanischen Firma, die auch das Innenlager und die Kettenblätter beisteuert. Die zugrundeliegende Kurbel gibt es auch ohne Powermeter zu kaufen. Diese Turn Zayante M30 hat kürzlich in einem Test von Fairwheel Bikes den ersten Platz bei der Steifigkeit erreicht. Besser als Campagnolo, Shimano, SRAM und sogar THM und das für einen Bruchteil des Preises. Die Schattenseite ist, dass die Alukurbel auch eine der schwersten im Test war. Ich bin kein Ingenieur und kann die Testanordnung und Durchführung nicht beurteilen. Die Ergebnisse erscheinen mir aber zumindest schlüssig. 

Eine Rolle bei der herausragenden Steifigkeit spielt sicherlich die M30 Achse der Kurbel. Dieses Maß wird meines Wissens nur von Praxisworks verwendet. Dabei handelt es sich im Prinzip um eine über dimensionierte GXP Achse. GXP ist ein SRAM "Standard" mit der Besonderheit, dass der Durchmesser der Achse auf der Tretlagerseite mit 24 mm grösser ist als auf der linken Seite (22mm). Bei der M30 Achse sind es am Tretlager 30 mm und auf der gegenüber liegenden Seite 28 mm. Aus dem Grund ist mein Versuch ein Rotor Innenlager zu verwenden, das 30 mm auf beiden Seiten hat, auch schief gegangen.

Wie so oft gibt es zwei Seiten der Medaille. Einerseits sollte die Grundlage eines Powermeters so steif wie nur irgendwie möglich sein, besonders wenn man auf eine hohe Genauigkeit wert legt und die tatsächliche Kraft messen will. Wenn dazu neue Wege notwendig sind, dann ist das so. Man nennt das auch Fortschritt. Es wäre übrigens interessant, wie die Infocrank in dem oben erwähnten Test abschneiden würde, da diese ja noch Aussparungen zur Aufnahme der Elektronik enthält. Andererseits stellt sich die Frage, ob steif nicht einfach steif genug ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Dura-Ace oder Record Kurbel nicht steif genug sind jenseits theoretischer Unterschiede unter Laborbedingungen. Mit einer simplen 24 mm, Shimano kompatiblen Achse findet sich nämlich ein Innenlager für jeden Rahmen.

Den einzigen echten Nachteil den ich für mich sehe, ist dass die Kompatibilität zwischen meinen verschiedenen Rädern nun weiter eingeschränkt ist. Nun reicht es nämlich nicht, die Kurbeln z.B. zwischen Zeitfahrrad undStraßenrad einfach zu tauschen, ich müsste auch jedes mal das Innenlager wechseln. Was schon bedeutend mehr Aufwand ist und sich gerade bei Pressfit auch nicht empfiehlt. Die Alternative ist nur weitere Kurbeln mit M30 Achse zu kaufen, oder am besten noch mehr Infocranks! Na ja, oder auch nicht.

Fairerweise muss man aber sagen, dass sich die Problematik auch unabhängig von M30 Kurbeln immer dann ergibt, wenn Kurbeln mit unterschiedlichen Achs-Normen an den Rädern sind. Und von diesen "Standards" gibt es ja leider wirklich mehr als genug. Die Notwenigkeit zum Tauschen hängt  allerdings in erster Linie an dem Powermeter, ansonsten wird man das eher selten machen.

Montage 2. Versuch

Nachdem ich die Infocrank also nicht an mein Canyon montieren konnte, unternahm ich einen weiteren versuch mit dem Focus. Das Mares AX hat ein BSA Innenlager und auch von Praxisworks gibt es ein BSA Innenlager für M30 Achsen. Ich habe das Innenlager direkt bei dem Europa Importeur für Praxisworks suw-sportmarketing bestellt und einen Tag später war es schon da. (An der Stelle Dankeschön für die prompte Lieferung!)

Das hervorragend verarbeitete Innenlager war schnell montiert. Irritiert hat mich lediglich, dass sich die Kurbel nur ohne die dem Innenlager beiliegende Federscheibe montieren ließ. Oder habe ich was falsch gemacht? Die nächste Schwierigkeit war dann die Montage der Magnete. Da ich die Klebeversion schon am Canyon montiert hatte, war ich auf die Ringe angewiesen, die auf die Innenlager-Cups aufgesteckt und mit drei Madenschrauben fixiert werden. Auf der linken Seite war das kein Problem. Auf der rechten Seite ragt der Kurbelstern aber innen etwas über den Innenlager-Cup. Wenn der Ring mit dem Magnet jetzt aussen auf dem Cup sitzt und mit den Madenschrauben schön in den Nuten fixiert ist, kollidieren Ring und Tretlagerstern bei der Montage. Dummerweise erst wenn das Tretlager festgezogen wird. Der Ring war der Schlauere und hat nachgegeben (= gebrochen). Mist! Ich habe das dann erst mit Panzerband und später mit Zwei-Komponentenkleber geflickt. 


Alternativ sollte es auch reichen, wenn man einen Neodym Magnet mit Klebeband an der Kettenstrebe anbringt. Die Magnete sind notwendig, damit die Kurbel weiß, wann eine Umdrehung vorbei ist. Das geht zwar auch mit Beschleunigungssensoren, Stages z.B. verwendet soviel ich weiß keine Magnete, allerdings sind letztere nach Aussage von Verve Cycling zuverlässiger.

Montage Fazit

Abgesehen von dem Innenlager Kuddelmuddel und den Problemen mit dem Magnet, was ich beides selbst schuld war, ist die Montage genauso simpel wie bei jeder anderen Kurbel auch. Tretlager rein, rechte Kurbel durchstecken, linke auf die Achse stecken, festziehen, fertig. Der Powermeter benötigt keine Kalibrierung. Die Verbindung mit meiner Garmin 910xt hat direkt  hingehauen, ebenso wie mit dem beiliegenden Navi2Coach.

Navi2Coach + Trainingssoftware

Der dem Paket beiliegende Radcomputer ist ein Navi2Coach von O'Synce. DC Rainmaker hat einen ausführlichen Bericht darüber geschrieben. Der Computer ist dabei ziemlich gut weggekommen und ebenbürtig mit dem Garmin Edge 500. Die Bedienung ist recht simpel und die Anpassung an persönliche Vorlieben möglich (Anzahl der Screens, Anzahl der Felder auf den Screen's, angezeigte Information). 

Der Radcomputer lässt sich auch per Rechner einstellen, allerdings läuft die Software nur auf PC. Aber auch dazu hat DC Rainmaker einiges geschrieben.

Die Verve Cycling Edition des Navi2Coach hat allerdings ein anders Bajonett (rund, vier Zacken), das von dem üblichen O'Sync System (rechteckig) abweicht und auch nicht mit aktuellen Garmin Anschlüssen (rund, zwei Zacken) kompatibel ist. Mal sehen wo ich zusätzliche Halter dafür bekomme. Bei O'Sync liest scheinbar niemand die Emails, die bei der Info Adresse eingehen, zumindest warte ich schon seit drei Wochen auf eine Antwort.

Praxis

Die Infocrank liefert ohne Aussetzer oder seltsame Sprünge zuverlässig eine Wattzahl an den Navi2Coach. Mehr kann ich dazu bis jetzt nicht sagen, außer: Es funktioniert wie es soll. Denn zunächst ist es nur eine weiter Zahl die angezeigt wird. Was damit anzufangen ist und wie das Training damit verbessert werden kann, das hoffe ich im Laufe des Jahres zu lernen.

Was ich allerdings schon sagen kann ist, dass ich keinen Unterschied zwischen rechtem und linkem Bein habe. Der entsprechende Wert zeigt meistens 50 +- 1% an.

Die Praxisworks  Kettenblätter funktionieren übrigens hervorragend. Die montierte Shimano 10-fach Kette klettert mit Freuden und ohne jedweden Nachdruck auf das große Kettenblatt und auch genauso leicht wieder hinunter.

Über das Design der Kurbeln kann man natürlich unterschiedlicher Meinung sein. Mir gefällt der "Form folgt Funktion" Ansatz, die schwarze Beschichtung und die klassische Erscheinung mit den fünf sichtbaren Kettenblatt-Schrauben und dass die Kurbel auf den ersten Blick nicht als Leistungsmesser zu erkennen ist.

Die Kurbel gibt es nur in einer Compact Variante mit 50/34 oder 52/36 und Kurbellängen von 170, 172,5 und 175mm.

Service 

Wie oben geschrieben, hatte ich ja einige Probleme mit dem Innenlager und den Magneten. Verve Cycling hat dabei aussergewöhnlichen Service geboten und war sehr bemüht mir schnellstmöglich zu helfen. Ich habe inzwischen eines der ersten verfügbaren BB86 Innenlager bekommen und auch Ersatz für den gebrochenen Magnetring. Was den Service anbelangt kann ich Verve Cycling ohne Zögern die volle Punktzahl geben. Daumen hoch!

Donnerstag, 3. April 2014

Grau ist das neue Schwarz

Ich behaupte ja immer, dass ich den “alles in Schwarz” Fahrrad-Look erfunden habe. Zu einer Zeit als die Rahmen noch bunt waren habe ich angefangen nur noch solche in schwarz zu kaufen und alles Bunte von meinem Rad zu verbannen. Ich habe sogar die Seitenwände meiner Conti Grand Prix Reifen mit einem Edding schwarz angemalt! Schwarze Komponenten waren Ende der Neunziger aber kaum zu bekommen und da mir damals auch nur Campagnolo ans Rad kam hatte es eben einen Schwarz-Silbernen Look. Irgendwann gab es die Ergopower dann in Carbon, das war cool. Mehr Schwarz!! Weniger Bunt!

Als ich vor zwei Jahren dann wieder angefangen habe mehr Rad zu fahren, hat es nicht lange gedauert und ich fand genügend Gründe mein 9- fach Material zu ersetzen, musste allerdings feststellen, dass es teilweise kaum noch Ersatzteile gibt. Vierkant Innenlager? Ha, da lachen die heute drüber. Mein Plan einfach einige Teile auszutauschen war schnell ad Acta gelegt.

Es musste ein neues Rad her. Allerdings wurde mein “all black” Look inzwischen von jedem kopiert der stylisch einigermaßen was auf sich hielt, zumindest erweckte es den Anschein. Die Testräder in den Radzeitungen, schwarz so weit das Auge reicht. Na dann, dachte ich mir, wenn jetzt alle schwarz haben, nehme ich mal was anderes, weiß ist doch auch edel.

Und ich kann über das Canyon Ultimate AL das ich mir dann zugelegt habe auch wirklich nichts schlechtes sagen. Sehr schönes Rad. .. Aber die Farbe! Doch nicht in weiß! Was für eine Arbeit das Rad sauber zu machen, kaum hat man irgendwo drüber gewischt schon ist wieder ein Fleck da. Und in den machmal dann doch unvermeidlichen Kratzern setzt sich auch gerne Dreck ab, damit man sie auch wirklich sieht. Und warum muss auf dem Rad ungefähr 500 mal Canyon drauf stehen? In allen Richtungen und in allen Schriftgrößen. Wer denkt sich denn sowas aus? Und wer kauft sowas? 

Also schon wieder ein neues Rad? N+1 und so? Oder nur ein neuer Rahmen? Wohin mit dem Alten? Bekomme ich den verkauft? Und alles nur wegen der Farbe? Oder "nur" zum Lackierer? Aber welche Farbe? Meine Wahl viel auf die letzte Variante und ein dunkles Uni Grau, schlicht und schnörkellos. Aufkleber bin ich noch am überlegen. Welche Schrift und Farbe und was und wohin, nicht so einfach! Vielleicht lasse ich es auch einfach so.