Das Jedermann Rennen im Rahmen des deutschen Radklassikers "Eschborn-Frankfurt Rund um den Finanzplatz", die Skoda Velotour wird 2017 nicht mehr Teil des German-Cycling-Cups sein. Durch die zunehmende Professionalisierung des GCC passe dieser nicht mehr zu dem klassischen Jedermann Sport, wie der Veranstalter Ende September bekanntgegeben hat.
Mir ist der GCC ja schon seit Jahren suspekt. Diese Serie ist in meinen Augen das Sinnbild des Versagens des Bund Deutscher Radfahrer, wenn es darum geht, von der aktiven Begeisterung für den Radsport zu profitieren und diese in die Verbandsstrukturen einzubinden.
Zunächst stellt sich die Frage nach der Definition von Jedermann. Im sprichwörtlichen Sinn, "jeder Mann" oder auch "jede Frau" bedeutet es einfach nur Alle oder auch ausnahmslos. Man sollte also annehmen, das bei Jedermann-Rennen, und ein solches ist der GCC ja, auch tatsächlich Alle starten dürfen, vom Novizen bis zum Weltmeister. Eine offene Klasse, in der der Beste gewinnt. Weit gefehlt, wer auch Lizenz-Rennen fährt und in die B-Klasse aufsteigt oder sogar A-Fahrer ist, darf nicht starten. Fahrer aus Kontinental-Sportgruppen und darüber müssen auch draußen bleiben. Das Leistungsniveau der Spitze sollte also höchstens gleich auf mit der C-Klasse sein. Was ja ganz gut zu einer Hobby/Freizeitklasse passen würde.
Start 150 km Jedermann Rennen Rad am Ring 2016, Bild: Markus Stera
Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Um ein GCC Rennen zu gewinnen bedarf es eher des Leistungsniveaus eines A-Fahrers.
Warum fahren die Spitzenleute des GCC dann aber GCC und nicht in der A-Klasse? Ganz einfach, es gibt keine Aufstiegsreglung und für viele Fahrer ist es einfach attraktiver bei GCC und "Jedermann"- Veranstaltungen zu starten. Denn, das kann man schon so sagen, die GCC Rennen machen Spaß. Grosse Runden, große Startfelder, professionelle Organisation, lange Distanzen. Wenn man Lizenz-Rennen fährt, ist es schon etwas besonderes mal ein Straßenrennen auf einer 10 Kilometer Runde zu fahren. Darüber hinaus tummeln sich in der GCC Szene inzwischen viele Mannschaften, die hinsichtlich Material und Unterstützung der Fahrer den etablierten Amateurmannschaften sicher nicht nachstehen oder sogar mehr bieten.
Die im GCC erbrachten Leistungen sind ohne Frage beachtlich und ich schmälere das auch in keiner Weise. Als problematisch sehe ich es aber an, dass hier eine Rennserie und Szene neben dem Lizenzsport entsteht, nicht darunter, der eine offene Konkurrenz zu den Verbandsstrukturen darstellt. Mir ist es ein Rätsel wie der BDR das sanktioniert, auf der anderen Seite aber Reuegelder wegen nichtiger Auslandstarts oder Teilnahme an Spassrennen verhängt. Bis 2015 wurde im Rahmen des GCC ja sogar ein Deutscher Jedermann-Meister ausgefahren. Mit Meister Trikot und allem Pipapo. Dazu musste man noch nicht mal Mitglied des Bundes Deutscher Radfahrer sein und sich damit auch in keiner Weise den Anti-Doping Regularien und der Sportgerichtsbarkeit unterwerfen. Das ist ungefähr so, wie wenn die katholische Kirche einen Ungetauften zum Bischof ernennen würde.
Ob die Leistungen der Top 100 Fahrer des GCC mit dem klassischen Jedermann-Gedanken im Sinne von Freizeit und Hobby Sport in Einklang zu bringen sind, sei mal dahingestellt. Falls nicht ist es vielleicht trotzdem nicht weiter schlimm. Bei jedem Rad-Marathon in den Alpen stehen Profis und Hobbysportler gemeinsam am Start, kein Problem. Warum werden dann aber B-Fahrer aufwärts vom GCC ausgeschlossen? Wer soll denn hier geschützt werden? Die "Jedermänner"?
Für die Fahrer des GCC ist das vielleicht genauso unbefriedigend, sich entscheiden zu müssen und im Zweifelsfall auf der Zielgerade eines C-Klasse Rennens die Handbremse anzuziehen um bloß nicht zu gewinnen und in die B-Klasse aufzusteigen. Es gibt Fahrer, die seit Jahren auf vordere GCC Plätze abonniert sind, aber auch genauso lange knapp am Aufstieg vorbei schrammen, ein echter Jammer, so ein Pech. Was ist das für eine künstliche und beliebige Trennung? Auf der einen Seite macht die Serie auf großen Sport, mit Leadertrikot (in gelb!), Teams, Betreuern, tollen Siegerehrungen etc., dann aber die besten Rennfahrer aussen vor lassen. Heisst es nicht, Konkurrenz belebt das Geschäft? Aber dann wäre es ein "richtiges Radrennen" und keine Jedermann-Veranstaltung! Oder doch nicht? Ich bin verwirrt.
Update: Der vorhergehende Absatz enthielt den Namen eines GCC Fahrers, um die Problematik, auch gerade für die Top Fahrer, deutlich zu machen und zielte in keiner Weise darauf die sportliche Integrität dieses Fahrers in Frage zu stellen. Da meine Formulierung aber scheinbar als ehrverletzend empfunden wurde und mir umgehend rechtliche Schritte angedroht wurden, habe ich dieses Mal den Text geändert.
Zurück zum Bund Deutscher Radfahrer: Statt von der Begeisterung Radrennen fahren zu wollen, von den scheinbar ausreichend vorhandenen Sponsorengeldern und den tollen Rennen zu profitieren und dem darbenden Lizenz-Sport wieder Leben einzuhauchen lässt der BDR eine parallele Szene in direkter Konkurrenz zum "Kerngeschäft" entstehen. Finde ich sehr erstaunlich. Vielleicht gibt es auch ein Strategie dahinter, die ich nicht verstehe.
Es wird auf jeden Fall spannend sein wie es in den nächsten Jahren weiter geht, ob andere Veranstalter nachziehen und vom GCC zurücktreten, ob der BDR bessere Regelungen im Umgang mit dem Jedermann Sport findet und insbesondere ob das kürzliche
Urteil der EU-Kommision zum Monopol der Sportverbände Auswirkungen hat.
Cycling Claude schreibt zu diesem Thema aus Sicht der "echten" Jedermänner
hier und
hier und vertritt dabei eine sehr explizite Meinung.
Weitere Links:
Veloton ohne GCC
Reglement GCC