Posts mit dem Label Jedermann werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Jedermann werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Dienstag, 4. Oktober 2016

Jedermann und jeder Mann (Update)

Das Jedermann Rennen im Rahmen des deutschen Radklassikers "Eschborn-Frankfurt Rund um den Finanzplatz", die Skoda Velotour wird 2017 nicht mehr Teil des German-Cycling-Cups sein. Durch die zunehmende Professionalisierung des GCC passe dieser nicht mehr zu dem klassischen Jedermann Sport, wie der Veranstalter Ende September bekanntgegeben hat.

Mir ist der GCC ja schon seit Jahren suspekt. Diese Serie ist in meinen Augen das Sinnbild des Versagens des Bund Deutscher Radfahrer, wenn es darum geht, von der aktiven Begeisterung für den Radsport zu profitieren und diese in die Verbandsstrukturen einzubinden.

Zunächst stellt sich die Frage nach der Definition von Jedermann. Im sprichwörtlichen Sinn, "jeder Mann" oder auch "jede Frau" bedeutet es einfach nur Alle oder auch ausnahmslos. Man sollte also annehmen, das bei Jedermann-Rennen, und ein solches ist der GCC ja, auch tatsächlich Alle starten dürfen, vom Novizen bis zum Weltmeister. Eine offene Klasse, in der der Beste gewinnt. Weit gefehlt, wer auch Lizenz-Rennen fährt und in die B-Klasse aufsteigt oder sogar A-Fahrer ist, darf nicht starten. Fahrer aus Kontinental-Sportgruppen und darüber müssen auch draußen bleiben. Das Leistungsniveau der Spitze sollte also höchstens gleich auf mit der C-Klasse sein. Was ja ganz gut zu einer Hobby/Freizeitklasse passen würde.

Start 150 km Jedermann Rennen Rad am Ring 2016, Bild: Markus Stera

Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Um ein GCC Rennen zu gewinnen bedarf es eher des Leistungsniveaus eines A-Fahrers.

Warum fahren die Spitzenleute des GCC dann aber GCC und nicht in der A-Klasse? Ganz einfach, es gibt keine Aufstiegsreglung und für viele Fahrer ist es einfach attraktiver bei GCC und "Jedermann"- Veranstaltungen zu starten. Denn, das kann man schon so sagen, die GCC Rennen machen Spaß. Grosse Runden, große Startfelder, professionelle Organisation, lange Distanzen. Wenn man Lizenz-Rennen fährt, ist es schon etwas besonderes mal ein Straßenrennen auf einer 10 Kilometer Runde zu fahren. Darüber hinaus tummeln sich in der GCC Szene inzwischen viele Mannschaften, die hinsichtlich Material und Unterstützung der Fahrer den etablierten Amateurmannschaften sicher nicht nachstehen oder sogar mehr bieten.

Die im GCC erbrachten Leistungen sind ohne Frage beachtlich und ich schmälere das auch in keiner Weise. Als problematisch sehe ich es aber an, dass hier eine Rennserie und Szene neben dem Lizenzsport entsteht, nicht darunter, der eine offene Konkurrenz zu den Verbandsstrukturen darstellt. Mir ist es ein Rätsel wie der BDR das sanktioniert, auf der anderen Seite aber Reuegelder wegen nichtiger Auslandstarts oder Teilnahme an Spassrennen verhängt. Bis 2015 wurde im Rahmen des GCC ja sogar ein Deutscher Jedermann-Meister ausgefahren. Mit Meister Trikot und allem Pipapo. Dazu musste man noch nicht mal Mitglied des Bundes Deutscher Radfahrer sein und sich damit auch in keiner Weise den Anti-Doping Regularien und der Sportgerichtsbarkeit unterwerfen. Das ist ungefähr so, wie wenn die katholische Kirche einen Ungetauften zum Bischof ernennen würde.

Ob die Leistungen der Top 100 Fahrer des GCC mit dem klassischen Jedermann-Gedanken im Sinne von Freizeit und Hobby Sport in Einklang zu bringen sind, sei mal dahingestellt. Falls nicht ist es vielleicht trotzdem nicht weiter schlimm. Bei jedem Rad-Marathon in den Alpen stehen Profis und Hobbysportler gemeinsam am Start, kein Problem. Warum werden dann aber B-Fahrer aufwärts vom GCC ausgeschlossen? Wer soll denn hier geschützt werden? Die "Jedermänner"?

Für die Fahrer des GCC ist das vielleicht genauso unbefriedigend, sich entscheiden zu müssen und im Zweifelsfall auf der Zielgerade eines C-Klasse Rennens die Handbremse anzuziehen um bloß nicht zu gewinnen und in die B-Klasse aufzusteigen. Es gibt Fahrer, die seit Jahren auf vordere GCC Plätze abonniert sind, aber auch genauso lange knapp am Aufstieg vorbei schrammen, ein echter Jammer, so ein Pech. Was ist das für eine künstliche und beliebige Trennung? Auf der einen Seite macht die Serie auf großen Sport, mit Leadertrikot (in gelb!), Teams, Betreuern, tollen Siegerehrungen etc., dann aber die besten Rennfahrer aussen vor lassen. Heisst es nicht, Konkurrenz belebt das Geschäft? Aber dann wäre es ein "richtiges Radrennen" und keine Jedermann-Veranstaltung! Oder doch nicht? Ich bin verwirrt.
Update: Der vorhergehende Absatz enthielt den Namen eines GCC Fahrers, um die Problematik, auch gerade für die Top Fahrer, deutlich zu machen und zielte in keiner Weise darauf die sportliche Integrität dieses Fahrers in Frage zu stellen. Da meine Formulierung aber scheinbar als ehrverletzend empfunden wurde und mir umgehend rechtliche Schritte angedroht wurden, habe ich dieses Mal den Text geändert.

Zurück zum Bund Deutscher Radfahrer: Statt von der Begeisterung Radrennen fahren zu wollen, von den scheinbar ausreichend vorhandenen Sponsorengeldern und den tollen Rennen zu profitieren und dem darbenden Lizenz-Sport wieder Leben einzuhauchen lässt der BDR eine parallele Szene in direkter Konkurrenz zum "Kerngeschäft" entstehen. Finde ich sehr erstaunlich. Vielleicht gibt es auch ein Strategie dahinter, die ich nicht verstehe.

Es wird auf jeden Fall spannend sein wie es in den nächsten Jahren weiter geht, ob andere Veranstalter nachziehen und vom GCC zurücktreten, ob der BDR bessere Regelungen im Umgang mit dem Jedermann Sport findet und insbesondere ob das kürzliche Urteil der EU-Kommision zum Monopol der Sportverbände Auswirkungen hat.

Cycling Claude schreibt zu diesem Thema aus Sicht der "echten" Jedermänner hier und hier und vertritt dabei eine sehr explizite Meinung.

Weitere Links:
Veloton ohne GCC
Reglement GCC

Mittwoch, 3. August 2016

Rad am Ring 2016

Was für ein Spektakel! Nachdem ich 2015 zum ersten Mal bei Rad am Ring war und Freitags das Einzelzeitfahren gefahren bin blieb ich am vergangenen Wochenende bis Samstag und startete zusätzlich bei dem 150 km Jedermann-Rennen.

Rad am Ring ist mit Sicherheit eine der Veranstaltungen, bei der man einmal in einem Radfahrer-leben dabei gewesen sein muss. Selbst wenn es nicht als Starter bei einer der 24 Stunden Varianten ist (Straße solo, 2er, 4er, 8er, MTB oder E-Bike), so gibt es vom Tourenfahren bis zum Profirennen für jede Leistungsklasse eine Startmöglichkeit.

Highlight Nummer Eins von Rad am Ring ist natürlich die legendäre Nordschleife, die grüne Hölle, 21 Kilometer erst steil bergab und dann wieder genauso steil bergauf, eine Kurve nach der andern. Dabei immer auf einer Straße so breit wie eine Autobahn und glatt wie ein Babypopo. Wenn es regnet wird es wohl recht rutschig, habe ich mir sagen lassen, aber trocken ist es ein Traum.

Highlight Nummer Zwei ist der Popup-Campingplatz entlang der Grandprix-Strecke. Wer es nicht gesehen hat, kann sich nicht vorstellen welchen Aufwand manche Teams betreiben um sich für die 24 Stunden wohnlich einzurichten. Zelte aller Größenordnungen, Wohnwagen, Wohnmobile, sogar Busse, Zelte mit Regalen und halben Kücheneinrichtungen, Kühlschränke, Holzkohlengrills, Leuchtketten, Sofas, Feldbetten, Musik, Banner, Wimpel, Holzkohle- und Gas-Grills, Bier vom Fass  und was weiß ich nicht noch alles. Und über allem ein ausgelassene und friedliche Partystimmung. Das ganze muss in der Nacht von Samstag auf Sonntag während des 24-Stunden Rennens der Hammer sein. Wenn es sich einrichten lässt, werde ich mir das 2017 ansehen, selbst wenn ich selber wohl nicht bei den 24 Stunden starten werde.

Ein richtiges Radsport-Happening Wochenende also. Seit einigen Jahren findet, als Rahmenprogramm zu den 24 Stunden, bereits Freitags ein Einzelzeitfahren über eine Runde auf der Nordschleife statt. Dort habe ich letztes Jahr meine erste Runde in der grünen Hölle gedreht und auch dieses Jahr bin ich wieder gestartet. Eigentlich wollte ich schon gar nicht zum Ring fahren, seit ich vor gut vier Wochen bei der Gartenarbeit von der Leiter gefallen bin zwackt das linke Knie. Aber gut, eine Runde geht immer und das Startgeld war bezahlt. Wie bereits letztes Jahr habe ich mich gegen das Zeitfahrrad entschieden und bin mit dem Aeroad gefahren. Auch ansonsten habe ich keinen Aeroschnickschnack betrieben, keine Überschuhe, kein Zeitfahranzug, kein Aerohelm, Flaschenhalten blieben am Rad und entleibt habe ich mich auch nicht. Auf der Döttingerhöhe hat es mir fast Leid getan, dass ich das Telefon am Start doch noch weggelegt habe. Die Sonne war am untergehen und hat die Eifel in ein wunderbares Licht getaucht. Das wäre ein klasse Foto gewesen! Am Ende war ich dann auch eine Minute langsamer als 2015 (37:31 versus 36:34) und hatte gute 10 Watt weniger im Schnitt (294 versus 307). Das hat für den 25. Gesamtrang und Platz 7 der Altersklasse gereicht.

Start 150 km Jedermann Rennen, Bild: Markus Stera

Aber zumindest das Knie hatte keine größeren Probleme gemacht und so stand ich dann doch bei dem 150 Kilometer Jedermann-Rennen am Start. Meine German Cycling Cup Premiere. Ich startete aus dem zweiten Block, auf der breiten Straße dauerte es aber nicht lange, bis ich vorne war. Das war auch gut, denn es dauerte nicht lange bis das Tempo anzog. Nach der Abfahrt ging es mit Vollgas die Hohe Acht hinauf und das Feld teilte sich gleich in viele Gruppen. Bis zum Ziel liefen die ersten nochmal  zusammen und ich schätze dass 50 bis 60 Fahrer vorne waren. Runde zwei und drei war dann vom Tempo halbwegs erträglich. An den Steigungen ging es immer wieder etwas auseinander, auf den Abfahrten und den Flachpassagen aber auch wieder zusammen. Eingangs der vierten Runde habe ich dann mal meine Nase in den Wind gestreckt und bin eine ganz und gar hoffnungslose Attacke gefahren, ich kann halt nicht anders. Los ging es am Ende der Grand Prix Strecke und tatsächlich lies man mich gewähren. Die Abfahrt nahm ich als Solist. Eingeholt wurde ich am Fuß des Anstieges zur hohen Acht und wurde danach erstmal durchgereicht. Vielleicht hätte ich am Vorabend doch nicht den Bericht in der aktuellen Rouleur über Thomas Voeckler lesen sollen, dessen Markenzeichen  großspurige und zumeist erfolglose Attacken sind. Naja, wenigsten für ein paar Kilometer war ich Leader.

Eine Runde später musste ich auch die nächste Gruppe ziehen lassen, bin in meinem eigenen Tempo weiter und habe an der Verpflegungsstelle erstmal gehalten und meine Flasche aufgefüllt. Das war höchste Zeit. Danach ging es mit einem Marek zusammen weiter. Die letzte Runde hätte ich mir dann fast geschenkt, das Knie hat etwas gezwackt, dunkle Wolken zogen auf und der Zug nach vorne war sowieso abgefahren (ich überschätze ja regelmäßig die Zahl der Fahrer die vorne sind). Aber dann bin ich doch nochmal abgebogen, die Abfahrt hat gerufen, eine Runde sollte nun wirklich noch gehen. Am Schluss des Anstieges kam ein anderer Fahrer des 150 km Rennens von hinten und zusammen ging es nochmal rasant über die Döttinger Höhe ins Ziel. Ich war überrascht, dass ich doch noch 34. und Achter meiner Altersklasse war.

Leider konnte ich nicht bis Sonntag bleiben und mir das 24 Stunden Rennen und das Rudi-Altig Race ansehen. Letzteres ist ein Profirennen der UCI Kategorie 1.1 und wurde zum ersten Mal ausgetragen. Am Start standen lediglich 108 Fahrer, darunter mit Giant Alpecin nur eine Hand voll Fahren aus einem World Tour Team. Das Ziel erreichten 21 Mann, gewonnen hat Paul Voss von Bora-Argon18 nach einem langen Solo (80 Kilometer glaube ich). Hey, ich habe auch mit fast 80 km to go attackiert!

Was gibt es sonst noch anzumerken?

  • Beim Zeitfahren parkte ein Lastwagen mit Hänger im zweiten Teil der Abfahrt zwischen Kallenhard und Wehrseifen genau in der Fahrtlinie. Der Fahrer war gerade dabei an den Reif zu pullern als ich vorbei bin. Das war sehr gefährlich und hätte auch durchaus anders ausgehen können. Das die Strecke freigegeben wird, obwohl sich noch ein Fahrzeug darauf befindet, ist vielleicht nicht anders möglich gewesen, dass dieser Idiot aber dort in der Abfahrt anhält um sich zu erleichtern ist unglaublich.
  • Im Jedermann-Rennen hat uns eines der Begleitfahrzeuge auf dem Grünstreifen überholt. Ich weis nicht mehr genau wo es war, aber das Feld war recht flott unterwegs, es muss also bergab gewesen sein. Das Auto war auf jeden Fall SEHR schnell, bestimmt mehr als doppelt so schnell wie das Feld und dazu auf der Wiese!! Vielleicht hat der Fahrer gewusst was er macht, als Autofahrer, aber auf keinen Fall als Fahrer eines Begleitfahrzeuges in einem Radrennen. Nach all den Vorfällen mit Autos und Motorrädern in Radrennen in der letzten Zeit dürfte so etwas nicht passieren.
  • Rad am Ring ist eine Jedermann Veranstaltung und die wenigsten die dort fahren, wissen wie man sich in einem Radrennen zu verhalten hat und was die Dos und Don'ts sind. Das werfe ich auch niemandem vor. Grundlegende Verhaltensweisen und Regeln sollten daher sehr viel klarer in einem Merkblatt formuliert und allen Teilnehmer an die Hand gegeben werden. Zwei Beispiele:
    Fahrer sollten vermeiden in anderen Rennen als ihrem eigenen mitzufahren. Irgendwann vermischen sich die Gruppen, das ist unvermeidlich und macht auch zum Teil den Reiz von RaR aus. Wenn sich 24-Stunden Fahrer aber mitten in die Gruppen des 150km Rennens reinzwängen um dann Löcher reissen zulassen, dann müssen sie sich nicht wundern, wenn es wüßte Beschimpfungen hagelt. Am Ende der Gruppe ist auch Platz und der Windschatten ist identisch.
    Wobei das nur ärgerlich ist, ist es gefährlich und führt zu Stürzen wenn man statt am Rand in der Mitte fährt, von einem Feld überholt wird und die Spur wechselt ohne sich umzudrehen. Habe ich mehrfach beobachtet. Sehr gefährlich!
  • Das Catering in der Cafeteria war für solch eine große Veranstaltung erstaunlich gut und preislich angemessen, da konnte man nicht meckern. Auch wenn die Kartoffelsuppe mit Würstchen am Samstag Mittag aus war.
  • Wie alles bei RaR ist auch die Expo etwas größer als bei anderen Veranstaltungen. Am meisten haben mich die Stände der Händler mit den alten Teilen und Rädern fasziniert. In solchen Momenten fällt mir immer auf, dass ich schon recht lange dabei bin. Viele Teile die dort als "Antiquitäten" verkauft wurden bin ich schon mal gefahren. Schraubkränze, Schalthebel am Unterrohr, Stahlrahmen, ... die Zeit fliegt! 

Jetzt ist es Zeit das Knie erstmal 100% auszukurieren und Ruhe reinzubekommen. Ich hoffe dass es mit ein paar Tagen Trainingspause gehalten ist und ich die letzten Veranstaltungen im August und September noch halbwegs anständig über die Bühne bekomme. Und dann fängt ja auch schon bald wieder die 2017er Saison an. Einer der Höhepunkte wird mit Sicherheit Rad am Ring sein! Wie heisst es? Nach RaR ist vor RaR, oder so.

Der Anstieg zur Hohen Acht, am Ende bis zu 18% steil.

Meine Daten aus dem Jedermann-Rennen. Auffallend ist die vierte Abfahrt als ich alleine vorne war.  Das Höhenprofil ist nach den Pulswerten eingefärbt und im Gegensatz zu den anderen Runden ist der Puls auch in dieser Abfahrt im dunkel roten Bereich (also hoch). 

Die zweite Grafik W' zeigt schön wie intensiv die erste Runde war. Am Schluss sieht wie ich es ruhiger angehe und mein Tempo fahre und nicht mehr wesentlich über die Schwelle gehe.