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Sonntag, 3. Januar 2016

Power - Genauigkeit

Im Rahmen der Ausbildung zum B-Trainer bin ich einen Stufentest zur Leistungsdiagnostik gefahren. Ganz klassisch alle drei Minuten plus 20 Watt, beginnen bei 100Watt. Den Test bin ich auf meinem eigenen Rad mit dem Infocrank-Powermeter auf einem Cyclus Trainer absolviert. Dabei werden beide Laufräder ausgebaut und das Rad sowohl hinten als auch mit der Gabel auf dem Cyclus montiert. Das  Gerät wird als der Gold-Standard unter den Ergometern gehandelt und kostet satte 8.300 Euro.

Dementsprechend gespannt war ich auf den Vergleich zwischen zwischen der Vorgabe des Cyclus und dem, was die Infocranks messen würden. Als ich die Daten dann ausgewertet habe, war ich doch sehr erstaunt. Im Schnitt war der Cyclus 15 Watt unter dem Wert des Powermeters.


Dieser Chart zeigt ganz gut die grundsätzliche Funktionsweise von Ergometern. Die Leistung ist der Quotient aus der verrichteten Arbeit und der dazu benötigten Zeit. Beim Radfahren also auf der Kraft mit der man auf die Pedale tritt und der Zeit wie lange man für eine Pedalumdrehung benötigt. Je höher die Trittfrequenz, umso weniger Kraft (=kleinere Übersetzung) benötigt man um die gleiche Leistung (="Geschwindigkeit") zu erzielen. Ein Ergometer muss nun ständig die Kraft mit der gebremst wird (=Widerstand) regulieren. Verringert der Proband die Trittfrequenz, muss der Widerstand steigen und umgekehrt. Tritt der Proband fester, erbringt also mehr Kraft, muss der Widerstand sinken, damit die Trittfrequenz steigt und die Leistung als Quotient aus Kraft und Geschwindigkeit sich wieder auf dem vorgegebenen Niveau befindet. Es ist also ein ständiger Prozess aus Anpassungen, bremsen, loslassen, bremsen, loslassen. Daher ist die blaue Linie so "zackig". Die rote Linie ist nur die Vorgabe, die Leistung, die der Cyclus versucht zu halten. Je besser die Regelelektronik und die Soft- und Hardware des Ergometers ist, umso schneller und genauer funktioniert das Ganze. (Falls ich mich im physikalischen Sinne nicht ganz korrekt ausgedrückt habe, bitte ich alle mitlesenden Ingenieure und Physiker um Nachsicht und lasse mich in den Kommentaren auch gerne korrigieren.)

Das Ausmaß der Schwankung hat mich allerdings überrascht und könnte ein Indiz dafür sein, dass der Cyclus nicht schnell genug mit der Anpassung des Widerstandes ist. Vielleicht ist das aber auch normal, wäre auch erstaunlich für ein Gerät in dieser Preisklasse.

Bemerkenswerter fand ich dabei allerdings, dass die Leistungsvorgabe des Cyclus durchweg 15 Watt unter der gemessenen Leistung der Infocranks liegt. Ein gewisser Leistungsverlust ist durch den Antriebsstrang anzunehmen. Dieser Reibungsverlust durch Innenlager, Kette, Zahnkranz sollte meines Wissens nach fünf Watt nicht übersteigen. Bleiben immer noch mindestens 10 Watt Differenz die nur einen Schluss zulassen: Eines der beiden Geräte liegt falsch.


Die niedrige Abweichung bei 320 Watt liegt beim Abbruch der Leistung am Ende des Tests.

Verve Cycling bewirbt die Infocrank als den genauesten, verlässlichsten und haltbarsten Powermeter. Es spricht einiges dafür, dass das der Wahrheit entspricht: Das grundlegende Design der eigenen, speziell entwickelten Kurbel, die Platzierung der Messelektronik in den Kurbelarmen oder die Verwendung von Magneten statt Beschleunigungssensoren um nur einige Punkte zu nennen. En Detail hier nachzulesen. Die proklamierte Messungenauigkeit ist weit unter der in der Branche oft als Standard spezifizierten 2%. Hier das Zertifikat, dass die Genauigkeit bestätigt. Ingenieure unter den Lesern werden damit wahrscheinlich mehr anfangen können als ich. Man kann durchaus kritisieren, dass hier ein einzelner Kurbelarm, der noch dazu vom Hersteller selektioniert wurde, einem Test unterzogen wurde, kein wirklich unabhängiges Protokoll. Es wäre mit Sicherheit interessant, wenn die TOUR, bekannt für ihre unbestechlichen und genauen Tests, sich der Thematik annehmen und Powermeter testen würde. Das sollte auch im Sinne der Hersteller sein, denn was diese auf ihren Homepages veröffentlichen, ist natürlich auch immer ein Teil Marketing. Und Tests wie sie DCRainmaker durchführt, zeigen lediglich wie einzelne Powermeter gegeneinander abweichen, treffen aber keine Aussage über die absolute Genauigkeit.

Aber gehen wir für den Moment davon aus, dass die Infocrank genau ist. Was ist dann mit dem Cyclus? Diese Geräte müssen nach meinem Kenntnisstand einmal im Jahr ins Werk um geeicht zu werden. Inwiefern das bei dem Gerät auf dem ich gefahren bin passiert ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Trotzdem stellt die Tatsache, dass eine solche Überprüfung überhaupt notwendig ist, eine Schwäche dar. Wenn man einen Test auf einem Ergometer fährt, kann man sich also nie sicher sein, wie verlässlich die Leistungsangabe ist, wenn die grundsätzliche Möglichkeit einer eklatanten Abweichung besteht.

Wenn man den Schritt machen möchte und mit Watt trainieren will, benötigt man Trainingszonen, die man in einem Leistungstest ermittelt. Eine der besten Möglichkeiten ist ein Stufentest. Dieser muss meines Erachtens dabei zwingend auf dem eigenen Rad mit dem eigenen Powermeter gefahren werden. Denn selbst wenn wir davon ausgehen, dass ein Powermeter nur "relativ" genau ist, also zwar präzise aber nicht richtig ist, ist es wichtig in den Trainingsbereichen zu fahren, die mit dem gleichen Gerät ermittelt wurden, das später die Ausführung kontrolliert. In diesem Fall wären die Werte aus Test und Training zumindest untereinander stimmig. In diesem Zusammenhang: Was ist überhaupt Genauigkeit (Wikipedia)?

Wie immer freue ich mich über Anmerkungen und Erfahrungen in den Kommentaren.

Freitag, 25. Dezember 2015

Alternative, nicht laborbasierte Methoden zur Bestimmung der Trainingsbereiche

Im letzten Monat habe ich den Lehrgang zum B-Trainer absolviert und zur Abschlussarbeit über "Alternative, nicht laborbasierte Methoden zur Bestimmung der Trainingsbereiche" geschrieben.

Seit zwei Stunden versuche ich nun den Text in diesen Post zu bringen, copy und paste ist leider gar nicht so einfach, da entweder gar keine Formate ankommen oder die Formate total zerschossen werden. Die eigentlich beste Möglichkeit, die PDF mit dem Google Viewer einzubetten, funktioniert zwar scheinbar bei Gott und der Welt aber nicht bei mir. (Um nur mal so am Rande zu erwähnen, womit man beim Bloggen manchmal zu kämpfen hat.)

Daher hier die PDF zum Download

... bzw. ein Bild der ersten Seite, Bilder ziehen ja immer! 

Samstag, 31. Januar 2015

Watt Training: FTP und IAS

Seit einigen Wochen habe ich jetzt mit der Infocrank ein Powermeter am Rad, das mir bisher nicht viel mehr als eine weitere Zahl auf meiner Garmin liefert. Höchste Zeit sich intensiver damit zu beschäftigen. Dreh und Angelpunkt jedes Watt gesteuerten Trainings ist die Functional Threshold Power, oder kurz FTP. Der FTP Wert sollte bei der gleichen Belastung erreicht sein an dem ein Sportler auch seine individuelle Aerob/Anaerobe Schwelle (IAS) hat. Beide Werte hängen also zusammen, beziehen sich aber auf unterschiedliche Systeme.

Die IAS ist der Moment, bei dem der Körper so viel Laktat erzeugt, wie er gerade so noch abbauen kann. Die Laktat Konzentration im Blut wird dabei in Millimol (mmol) angegeben. Ein Mol ist die chemische Basiseinheit der Stoffmenge. Die genaue Laktat Konzentration, bei der sich Auf- und Abbau im Gleichgewicht befinden variiert von Sportler zu Sportler und hängt auch vom Trainingszustand ab. Der früher oft verwendete Wert von 4 mmol/l ist dabei lediglich ein Durchschnittswert, tatsächlich kann er zwischen 2,3 und 6,8 mmol/l variieren (Wikipedia).

Der Pulswert an der IAS definiert dann die Trainingsbereiche. Liegt die IAS beispielsweise bei 178 Schlägen pro Minute ist der Ausdauer Trainingsbereich nach Joe Friel zwischen 147 und 159 Schlägen (Zone 2, 82-88% der IAS).

Update: Im eigentlichen Sinn definiert die IAS einen biochemischen Zustand bei einer bestimmten Leistung, nicht bei einer bestimmten Herzfrequenz und wird somit in Watt gemessen. Allerdings hängten Leistung und Herzfrequenz zusammen und die Angabe der Trainingsbereiche in % der Herzfrequenz bei der IAS ist gängige Praxis.

Bestimmt wird die IAS im Radsport in der Regel mit einem Stufentest auf einem Ergometer im Labor. Das ist vergleichsweise teuer und sollte im Idealfall mindestens zwei mal im Jahr durchgeführt werden.

Der FTP Wert bezeichnet die Leistung, die man über eine Stunde aufrechterhalten kann. Wenn man also die Durchschnittsleistung von Jens Voigt bei seinem Stundenweltrekord nimmt, sollte man laut Definition seinen FTP Wert bestimmt haben. Nun ist ein Zeitfahren über eine Stunde eine sehr große Belastung die man mal nicht einfach so zu Test-Zwecken durchführt. Es gibt daher einige Methoden diesen Wert anhand von Ergebnissen kürzerer Tests zu schätzen.

Joe Friel bestimmt die FTP als 95% der Durchschnittsleistung eines 20 Minuten Tests. Alan Couzens sieht diesen Wert als zu hoch an und bezieht in die Berechnung auch das Resultat eines fünf Minuten Tests mit ein. Letzteres ermöglicht auch Aussagen über die Ermüdungsrate eines Sportlers.

Eine niedrige Ermüdungsrate ist durch einen geringen prozentualen Unterschied zwischen der 5 Minuten und 20 Minuten Durchschnittsleistung gekennzeichnet. Ein Wert von 5% entspricht dabei einem Elite Langstrecken Sportler, 20% einem untrainierten Normalo. Ein Bahnsprinter wird hier auch eher einen höheren Wert haben und schneller ermüden aber auch sehr viel höhere Leistungen im Kurzzeitbereich erbringen. Anders bei einem Langstrecken Athleten, der nur langsam ermüdet aber nur eine vergleichsweise niedrige maximale Leistung erreicht.

Der FTP Wert kann dann genauso wie die IAS zur Bestimmung der Trainings Bereiche genutzt werden. Joe Friel gibt den Ausdauer Bereich im Watt gesteuerten Training (Zone 2) mit 55 bis 75% der FTP an.

Soviel zur Theorie. Ich bin beide Tests, 20 Minuten und 5 Minuten, auf der freien Elite e-Motion Rolle gefahren. Diese Rolle hat eine verstellbare Magnetbremse, die für diese Tests mehr als genug Widerstand bietet. Motivationshilfe habe ich dabei von Sufferfest bekommen. Das Rubber Glove Video zielt speziell auf diesen FTP Test ab.


Über die 20 Minuten hatte ich eine Durchschnittsleistung von 301Watt und einem Puls von 178.
Über die fünf Minuten erzielte ich 374 Watt.

Nach Friel ergibt dies folgendes:

FTP: 301 Watt x 0,95 = 286 Watt
IAS: 178 Schläge

Nach Alan Couzens:

FTP: 301x(1-0,75x((374-301)/374)) = 257 Watt
Ermüdungsrate: (374-301)/374/2 = 9,76%


Das stellt jetzt natürlich ein Problem da. Nach welchem FTP Modell soll ich mein Training ausrichten? Wer hat Recht? Um das herauszufinden, werde ich mich im März einer Leistungsdiagnostik im Institut für Sportmedizin der Universität des Saarlandes unterziehen. Den Test kann ich auf meinem eigenen Rad mit Powermeter fahren und so auch die Infocrank mit den Daten aus diesem Test vergleichen können.



Weiterführende Informationen:
Alan Couzens Blogposts auf der Power2Max Seite
Alan Couzens eigener Blog
Joe Friel, Quick Guide to Training With Heart Rate, Power and Pace