Sonntag, 29. September 2013

Großglockner im Nebel

7:00 am Morgen ist definitiv zu früh um im Urlaub aufzustehen! Draussen ist alles grau in grau, die Strassen sind nass, ungemütlich. Ich überlege die Tour sein zu lassen und einfach zu faulenzen, stehe nach fünf Minuten aber doch auf (natürlich), steige in die Radklamotten und schleiche mich aus dem Hotelzimmer. Das Frühstück im Hotel wird gerade aufgebaut. Ich esse Müsli, fülle die Bidons und schwinge mich auf's Rad.

Um aus dem Großarltal herauszukommen muss man erst mal drei Kilometer Berg auf. Genau richtig um warm zu bekommen. Danach die Abfahrt nach St. Johann und dann 40 km weitgehend flach bis nach Bruck. Das Wetter hält, es fängt zum Glück nicht an zu regnen, ungemütlich ist es trotzdem. Der Himmel ist immer noch grau, keine Spur Sonne.

In Bruck fängt die Strasse langsam an zu steigen. Um 10:00 nehme ich den Berg in Angriff. Kurz nach Futsch wird es etwas steiler. Aber erst an der Mautstation fängt der Spass wirklich an, die Strasse macht einen Knick nach oben. Über 10%. Ohne Pause für die nächsten 13 km und 1300 Höhenmeter, von 1000 auf 2300 Höhenmeter bis zum Fuschl Törl. Meter für Meter geht es nach oben. Der Nebel wird dichter, ich befinde ich mich in den Wolken. Die Sicht beträgt vielleicht 50 Meter. Ich bin alleine. Ganz vereinzelt andere Radfahrer. Kaum Autos, kaum Motorräder, keine Busse. Das schlechte Wetter vereitelt zwar die mit Sicherheit grandiose Aussicht, aber dafür ist Ruhe am Berg. Auch nicht schlecht. Bei guten Wetter muss der Betrieb fast unerträglich sein. Irgendwann bin ich durch den Nebel klatschnass und es wird mit jedem Meter kälter. 1900 Meter über normal Null! Am Mt. Ventoux wäre jetzt Schluss! Hier habe ich noch 600 Höhenmeter. Die Serpentinen sind flach und geben Gelegenheit zum Verschnaufen. Nach etwas über einer Stunde bin ich am Fuschl Törl, dem Ziel des Glocknerkönigs. Ich überlege ob ich noch mal zurück und dann zur Edelweißspitze fahre oder weiter bis zum Hochtor.

Ich entscheide mich erst mal den "echten" Pass zu fahren, also weiter bis zum Hochtor. Auf der kurzen Abfahrt vor dem letzen Anstieg erfriere ich fast, es ist wirklich sch.. kalt hier oben. Nach 2 km Abfahrt bin ich wieder auf 2160 m und wieder geht es mit rund 10% aufwärts. 4 km bis zum Hochtor. 2504 m über NN steht auf dem Schild nach dem Tunnel. Das Termometer zeigt keine 7° mehr an. So weit oben war ich noch nie mit dem Rad. Mir ist kalt.

Ich ziehe alles an was ich an Kleidern dabei habe. Ein paar Fotos und es geht wieder zurück. Kalt Kalt Kalt. Die Gegensteigung zum Fuschl Törl sorgt wieder für etwas Wärme. Zum Glück ist die Straße inzwishen abgetrocknet und ich kann laufen lassen. Die Straße ist ein Traum. Breit, prima Asphalt, gute Kurven. Sobald die Bremsen offen sind schießt das Rad nach vorne. 50, 60, 70, 80 km/h. Ein Buss schleicht den Berg runter, aber ich komme schnell vorbei, dann ein Kleinlaster. Und dann ist die Strasse frei. Ich gebe mich dem Rausch der Abfahrt hin, was für ein Spaß! Nach 15 Minuten bin ich wieder an der Mautstation (ab Fuschl Törl). Der Rückweg zieht sich. Am Ende warten noch mal der "Pass" ins Großarltal. 160 km, 3200 hm, genug für heute.














Datan, Datan, Daten:


Colorful Fashion Ride

Sunday Club Ride in 80th Colours, Yeah!!  ;-)

Montag, 23. September 2013

River and Down

Nach zwei wöchiger Rekonvaleszenz bin ich gestern wieder aufs Rad gestiegen und habe eine "River and Down" (Fluss und Höhenzug) Runde gedreht.







Darf natürlich nicht fehlen: Daten Daten Daten:

Hier die Tour als 3D Profil

Es ist nicht nur das Rad

Da ich schon einige Male von Freunden, die mit dem Rennradfahren anfangen wollten um Rat gebeten wurde, welches Rennrad sie sich denn kaufen sollen, dachte ich mir, ich schreibe es mal auf.

Es gäbe jetzt noch zu besprechen ob ein Rennrad überhaupt die beste Wahl ist, aber gehen wir mal davon aus, dass wir das schon geklärt haben. Allerdings ist mit dem Rad noch lange nicht Schluss. Zum Radfahren braucht's noch eine Menge zusätzliches Equipment. Schuhe, Helm, Kleider, Werkzeug. Dazu später mehr.

Zunächst stellt sich die Frage nach dem Budget, nach dem Typ des Rennrades (Triathlonrad, Aerorad, normales Rennrad) nach neu oder gebraucht, Internet oder lokales Radgeschäft.

1. Budget
Gehen wir mal von dem Minimum Budget aus, dass man in ein neues Rad investieren sollte: 1000 Euro (+Zubehör). Nach oben ist, wie so oft keine Grenze. Nach unten ist auch noch Luft, allerdings sollte man dann auf ein gebrauchtes Rad ausweichen, was aber nicht so einfach ist.

2. Neu oder gebraucht
Ohne Frage bekommt man mehr Rad fürs Geld wenn man ein gebrauchtes Rad kauft. Fahrräder verlieren dramatisch an Wert. Schon nach einem Jahr ist das vormals neue Rad vielleicht nur noch 60% wert. Nun werden gebrauchte Fahrräder in aller Regel privat gehandelt, nicht wie Autos, die man bei einem Gebrauchtwagenhändler kaufen kann mit Garantie und Gewährleistung. Es gibt auch keine Schwackeliste, die bei der Beurteilung des Wertes weiterhilft. Man muss also selber beurteilen, ob der Preis angemessen ist. Und ist das Rad technisch auch wirklich einwandfrei? Ich könnte eine lange Liste von Dingen aufschreiben, die zu beachten wären (Drahtreifen oder Schlauchreifen? Campagnolo, Shimano oder SRAM? gesloopt oder gerade? Innenverlegt Züge? Übersetzung? Pedale? ... )  Dazu stellt sich die Frage, ob die Geometrie des Rades passt? Ist es ein Komfort betontes Rad, dass sich ruhig und gelassen fahren lässt oder eine reinrassige Rennmaschiene bei der ein Anfänger kaum eine Hand vom Lenker nehmen kann? Ist die Größe passend? Nicht so einfach zu beantworten. Wenn sich später herausstellt, das Rennradfahren wirklich dein Ding ist, wird dein erstes Rad mit Sicherheit nicht dein Letztes gewesen sein.
Also, neu oder gebraucht? >>> NEU!

3. Internet oder Fachhandel
Auch im Internet bekommt man gute Beratung. Die grossen deutschen Direktversender Canyon, Radon und Rose informieren zu ihren Rädern genauso gut und umfangreich wie der Fachhändler vor Ort. Und manche Händler sind einfach schlecht, schlechte Beratung, schlechter Service, schlechte Preise. Es gibt über all solche und solche. Aber gehen wir mal davon aus, dass der lokale Händler gut ist. Der grosse Unterschied zwischen Internet und Fachhandel kommt erst nach dem Kauf! Hier kann der Fachhandel vor Ort nämlich den Service bieten den ein Einsteiger benötigt: Einstellen des Rades, Reparaturen, Montage von Zubehör. Eine Geheimwissenschaft ist ein Rennrad allerdings nicht (mal abgesehen von dem Neusten des Neuen mit hydraulischen Scheibenbremsen und elektrischer Schaltung, aber das ist meilenweit ausserhalb des 1000 Euro Budgets). Auf die Dauer sollte man sowieso selber an seinem Rad schrauben. Dazu ist zwar auch das ein oder andere Spezialwerkzeug notwendig, aber das Meiste kann mit wenig Werkzeug selber erledigt werden. Wenn du dir das zutraust kommt auch das Rad des Direktversenders in Frage, wenn nicht, solltest du zu deinem lokalen Händler gehen. Es gibt natürlich auch die Variante, ein Rad im Internet zu bestellen und bei Problemen zu dem Radladen vor Ort zu gehen. Ich würde allerdings erwarten, dass die Werkstattrechnung in diesem Fall frei von Kulanz ist und der Preisvorteil des Internets schnell aufgezehrt ist.
Also, Intenet oder Fachhandel? >>> Kommt drauf an, im Zweifel Fachhandel.

3. Triathlonrad, Zeitfahrrad, Aerorad, Normales Rennrad
Egal ob du "nur" Rennrad fahren möchtest oder planst an einem Triathlon oder an Radrennen teilzunehmen, kauf ein normales Rennrad. Kein Aerorad, kein Triathlonrad. Egal was dir ein findiger Verkäufer erzählt. Ein Aerorad ist ein aerodynamisch optimiertes Rennrad. Dabei muss man aber beachten, das aerodynamische Effekte nennenswert erst deutlich über 40 km/h auftreten. Und um so schnell zu fahren, alleine gegen den Wind (Im Windschatten, also hinter einem oder mehreren anderen Fahrern sieht es nochmal ganz anders aus), da gehört langes, hartes Training dazu. Noch gravierender ist es mit einem Triathlonrad. Ein Triathlonrad ist eine Zeitfahrmaschine mit einer nicht ganz so radikalen, tiefen Position. Ein Rad für flache Rennen gegen die Zeit. Sobald es Berg hoch geht hat man eher weniger Freude damit. Ein Einsteiger braucht ein Allrounder, kein Spezialrad.
Also, keine Frage >>> Normales Rennrad

4. Carbon oder Alu
Unter 2000 Euro, auf jeden Fall Alu. Besser ein guter Alurahmen als ein mittelmässiger oder schlechter Carbonrahmen. Wenn Geld übrig ist, ist dies besser in höherwertige Ausstattung, leichte Laufräder oder gute Bekleidung investiert.
Also, in unserem Fall >>> Alu

Deutschlands führende Direktversender, gut um mal zu sehen was es für welchen Preis gibt:
- www.canyon.de
- www.radon-bikes.de
- www.roseversand.de

Wie der Blogpost schon andeutet, ist mit dem Rad selber aber noch lange nicht Schluss. Das fängt damit an, dass die Räder in der Regel ohne Pedale verkauft werden. Und eine Luftpumpe braucht's, Schuhe, Werkzeug, Helm (wichtig), Hose, Trikot und und und...

also, kommen wir zur Liste:

Pedale - zum Beispiel Look Keo, bewährtes System, günstig ungef. 50 Euro
Schuhe - Rennradschuhe, evt. Triathlonschuhe, ab 100 Euro
Computer - Basisfunktionen (Geschwindigkeit, Strecke etc.), drahtlos, ab 40 Euro
Helm - Modelle die auch gut aussehen gibt's ab 100 Euro

Klammotten:
  • Radhose, mit Träger kurz
  • Trikot kurz
  • Trikot lang
  • Windveste
  • Beinlinge 3/4
  • Beinlinge lang
  • Ärmlinge
  • Unterhemd kurzer Arm
  • Unterhemd langer Arm
  • Regenjacke
  • Socken
  • evt. Überschuhe
  • Triathlon Einteiler                    alles zusammen ca. 400 bis 600 Euro

Zubehör und Werkzeug, nicht alles benötigt man von Anfang an:  
  • Standpumpe
  • Minipumpe
  • Minitool
  • Satteltasche
  • Ersatzschlauch
  • Flickzeug
  • Reifenheber
  • Trinkflaschen
  • Flaschenhalter
  • Nietendrücker (Kette)
  • Gute Inbusschlüssel
  • Zange für Bowdenzüge
  • Pedalschlüssel
  • Abnehmer Zahnkranz
  • Kettenpeitsche
  •  Montageständer
  •  Kettenöl                                    alles zusammen ca. 200 bis 500 Euro
Einen guten Überblick kann man sich z.b. bei www.bike24.de verschaffen. Guter Service, gute Hotline, schnell, und günstig.

Das sollte mal einen ersten Überblick geben. Über jedes einzelne Teil könnte ich einen eigenen Post schreiben, aber das würde jetzt zu weit führen.

Falls ihr Fragen habt, könnt ihr die gerne in die Kommentaren schreiben.

Samstag, 14. September 2013

Der Tag an dem ich Laurens ten Damm den KOM abnahm

Seit der Festive 500 bin ich Strava Mitglied. Strava ist eine Internet Plattform, auf die man seine Garmin Trainingsdaten hochladen kann. Dort kann man dann Segmente definieren, vorzugsweise am Berg, und wenn jemand anderes Daten hochlädt und das entsprechende Segment auch gefahren ist, gibt es eine Rangliste. So weit so gut. Vor einiger Zeit habe ich eine Mail von Strava bekommen, dass jemand meinen KOM (King of Mountain) irgendwo in Luxembourg gestohlen hat.

Keiner von den KOM's auf die ich Wert lege, aber gut. Ich schaue also mal rein und sehe dass ein gewisser Laurens ten Damm meinen KOM um gute 20 Sekunden unterboten hat. Der Name hat mir erstmal gar nichts gesagt. Seltsamerweise war nicht nur dieser Laurens schneller sondern insgesamt acht Fahrer, alle am gleichen Tag. Ahhh da ist es mir gedämmert. TdL - Tour de Luxembourg! Na, von den Pros geschlagen zu werden ist o.k..

Laurens lädt viele oder sogar alle Trainingsdaten hoch. Das ist toll. Inklusive Puls und Watt Werten. Haben scheinbar nicht alle Angst vor den "Pseudowissenschaftlern" wie der Herr Froom, aber gut, dass ist ein anderes Thema. 

Und bei der Tour de France, wer ist da nach den Pyrenäen auf dem fünften Platz in der Gesamtwertung? Laurens ten Damm!! Hey, den kenn ich!

20 Sekunden müssten doch zu schaffen sein. Und tatsächlich. Diese Woche auf dem Heimweg habe ich es mal krachen lassen. Gut, Herr ten Damm hatte auf dem einen Kilometer, den das Segment lang ist, einen Puls von 134, ich von 187. Aber egal, die Rangliste habe ich mir auf jeden Fall mal gespeichert! Endlich mal ein Gegner von Gewicht!! ;-)


Le Géant du Provence / An epic battle


Wo bleibt dieser verdammte Kilometerstein? Nr. 18 habe ich schon vor einer Ewigkeit passiert. Also noch 2 Komma irgendwas bis zum Gipfel. Ich bin am Ende, ich habe keine Lust mehr, meine Knie ächzen unter dem zu kleinen Gang (ich hätte nicht gedacht, dass 39x28 nicht reichen). Ich ziehe in Betracht, einfach umzukehren, hat halt nicht gereicht, ein anderes Mal. Komme aber zu dem Schluss, dass das keine Alternative ist, nicht so kurz vor dem Ziel.

Und wenn ich die letzten Kilometer schieben muss, ich werde diesen verdammten Berg bezwingen. Endlich, nur noch 2 lächerliche  Kilometer, dass wird ja wohl zu schaffen sein. Ich fange an mich zu beschimpfen, "Hol den Arsch aus dem Sattel", "Fahr du Pussy", "Stell dich nicht so an, du Lusche". Flacher wird's davon aber auch nicht. Also Zick-Zack, über die ganze Straßenbreite. Zum Glück kaum Verkehr, Rechter Rand - linker Rand - rechter Rand - Kein Auto zu sehen - wieder nach links - und nach rechts - immer noch frei - wieder nach links ... so schraube ich mich die letzen Meter zum Observatorium hoch. Noch ein Kilometer, .. noch fünfhundert Meter, der letzte Stich und ich habe es geschafft: Den Mt. Ventoux von allen drei Seiten an einem Tag. Drei mal hintereinander Hors Catergorie.

Das war bei weitem schwieriger als ich gedacht hatte.

Acht Stunden vorher:

Auf dem Weg zum Ventoux
Nach einer welligen 30 km Runde zum Einrollen geht es los. Bedoin - Mt. Ventoux, die schwerste Seite zuerst. 21 km, von 290 auf 1912 Meter. Das Wetter ist klasse, blauer Himmel, gute 20°, kaum Wind. Ich bin euphorisch und freue mich auf ein "Tänzchen mit dem Ventoux". Am Anfang steigt die Straße nur leicht, es geht durch Weinfelder bis nach St. Estève. Nach einer 180° Kurve fängt der Berg an. 10%, grober, französischer Asphalt, weiß-gelbe Kilometersteine, die die Entfernung bis zum Gipfel und die Höhe anzeigen, Pinienwälder. Es sind nur vereinzelt Radfahrer unterwegs. Ich bin nicht ganz so schnell wie gedacht und meine Trittfrequenz ist somit etwas niedriger wie sie sein sollte. Aber 39x28 sollten doch wirklich reichen. Und immerhin ist die Seite von Bédoin die schwierigste, wenn es hier reicht, wenn auch gerade so, wird der Rest ja wohl auch zu schaffen sein. So denke ich es mir zumindest.

Im ersten Anstieg, kurz nach St. Estève

Aber es macht Spass, ich fühle mich gut und komme gut voran. Mein Puls ist eigentlich zu hoch. Aber egal, ist ja am Berg, und die Zeit soll ja bitte auch stimmen, immerhin bin ich Ex-Radrennfahrer und nicht irgendsoein Touri!

Charlet Reynard
Nicht mehr so frisch
Nach einer Stunde bin ich am Chalet Reynard. Jetzt beginnt die "Mondlandschaft". Noch sechs Kilometer. Ha, das ist ja wohl ein Klacks! Aber der letzte Kilometer wird dann doch verdammt lang. Ich bin froh als ich nach 1 Stunde 33 Minuten endlich oben bin.

das obligatorische "Ich war oben Foto"

Die Sicht ist unglaublich. Ein paar Fotos. Ne Cola aus dem Kiosk. Ein kurzer Plausch mit anderen Radfahrern. Jacke an und los geht's. Die Straße nach Malaucene ist vom Gipfel bis zum Mt. Serein wegen Steinschlag gesperrt. Wobei nur auf den ersten Metern tatsächlich Steine auf der Straße liegen. Danach ist die Straße einfach nur leer. Herrlich. Ich fliege mit über 80 Stundenkilometern an einem Wohnmobil vorbei, die Straße führt in weiten Bögen ins Tal, es ist kaum nötig abzubremsen. Ich bin berauscht und fühle mich wie Superman.

Völlig high komme ich in Malaucène an. In einem der Radläden lasse ich die Karte abstempeln und "tanke" in der Bäckerei gegenüber Kohlenhydrate und Wasser.

Los geht's zum zweiten Anstieg. Recht schnell verfliegt die Euphorie der Abfahrt und die Kette klettert wieder auf den 28er. Aber gut, wird schon gehen. Nach einer Weile werde ich von zwei Radfahrern überholt. Eine Sekunde überlege ich, ob ich das Tempo mitgehen soll. Die beiden sehen nicht besonders sportlich aus. Rennräder zwar, aber haarige Beine. Na, denke ich mir, macht ihr nur mal wie die Wilden, wir sehen uns später und fahre in meinem Tempo weiter. Irgendwann sehe ich vor mir einen Radfahrer mit einem grünen Turnbeutel auf dem Rücken. Prima, ein Opfer! Aber der Abstand wird nur langsam weniger. Scheisse, das gibt's doch nicht. Ich bin fertig. Noch 12 km. Noch nicht mal die Hälfte. Und ich lasse mich von den Touris abhängen. Ich fange an Schlangenlinien zu fahren. Die Straße ist breit genug, dass es tatsächlich eine Erleichterung darstellt. Der Turnbeutel ist verschwunden. Mist. Auf der Bedoin Seite kommt spätestens noch 200 m die nächste Kurve, aber auf der Nordseite geht die Straße auch mal einen Kilometer geradeaus. Das gibt mir den Rest. Zu allem Überfluss wird es auch noch steiler. Diese Seite soll einfacher sein?

So schraube ich mich nach oben, Meter für Meter. Was würde ich jetzt für eine Kompaktkurbel geben. Aber nein, ich bin ja cool, ich fahre natürlich eine Männer Kurbel. Verdammt. Immer wieder sinkt die Geschwindigkeit unter 10 km/h. Die Trittfrequenz unter 50 Umdrehungen. Das ist nicht mehr gesund. Die Knie schmerzen.

Was soll's, noch sechs Kilometer. Am Mont Serain wird es kurz etwas flacher. Das letzte Stück. Kurz vor dem Gipfel überholt mich das Kehrauto. Nein, nicht um mich aufzukehren (obwohl ich im Besenwagen passend aufgehoben wäre) sondern um die Strasse vom Steinschlag zu befreien. Ich zögere nicht und halte mich fest. Nach 800 Meter ist es vorbei mit der Unterstützung und den letzten Kilometer schaffe ich ohne fremde Hilfe. Hinter dem Kehrwagen stauen sich die Autos. Die Straße ist wieder freigegeben. Gutes Timing!

Total ausgepumpt sitze ich vor dem Kiosk auf dem Boden. Nach einer Weile quäle ich mich hoch, fülle die Flaschen mit Cola, ziehe die Jacke an und los geht's. Runter nach Sault. Kurz nach dem Charlet Reynard kommt mir mein Vater entgegen. Er hat es gleich geschafft. Wir wünschen uns Glück. Die Abfahrt rollt schlecht, aber gut, dann wird es bergauf auch einfacher.

Die kurze Gegensteigung hoch nach Sault tut weh. Ich lasse die Karte ein letztes mal stempeln, fülle die Flaschen am Brunnen in der Dorfmitte und nehme den Ventoux zum dritten mal in Angriff. Mir kommt ein Anwärter auf die "Cinglés du Ventoux" entgegen. Ich bin also nicht der einzige Verrückte heute.

Aufgrund der Sperrung (Straßenarbeiten, neuer Asphalt) bin ich wieder alleine, nur einige wenige Radfahrer im Gegenverkehr, keine Autos. Es zieht sich. Bis zum Charlet Reynard geht es trotzdem ganz gut. Nach sechs Kilometer! Ein Klacks! Ich mobilisiere die letzte Reserve. Vor mir taucht ein Radfahrer auf. Ich ziehe vorbei. Ein Mountainbiker. Noch fünf Kilometer. Irgendwie ging das heute morgen besser. Noch vier. Meine Tankanzeige springt auf leer. Die Warnlampe leuchtet nicht nur, die blinkt wie verrückt. In der Bedienungsanleitung steht für solche Fälle wahrscheinlich, dass man sofort anhalten muss. Mich packt Panik. Ich sehe schon wie der Mountainbiker mich zurückholt und mich stehen lässt. Also weiter, ich versuche auszurechnen wie lange ich noch bis zum Gipfel brauche. ... Lange! Genauer bekomme ich es nicht mehr hin. Noch drei Kilometer ....








Lés cinglés du Ventoux