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Sonntag, 3. Januar 2016

Power - Genauigkeit

Im Rahmen der Ausbildung zum B-Trainer bin ich einen Stufentest zur Leistungsdiagnostik gefahren. Ganz klassisch alle drei Minuten plus 20 Watt, beginnen bei 100Watt. Den Test bin ich auf meinem eigenen Rad mit dem Infocrank-Powermeter auf einem Cyclus Trainer absolviert. Dabei werden beide Laufräder ausgebaut und das Rad sowohl hinten als auch mit der Gabel auf dem Cyclus montiert. Das  Gerät wird als der Gold-Standard unter den Ergometern gehandelt und kostet satte 8.300 Euro.

Dementsprechend gespannt war ich auf den Vergleich zwischen zwischen der Vorgabe des Cyclus und dem, was die Infocranks messen würden. Als ich die Daten dann ausgewertet habe, war ich doch sehr erstaunt. Im Schnitt war der Cyclus 15 Watt unter dem Wert des Powermeters.


Dieser Chart zeigt ganz gut die grundsätzliche Funktionsweise von Ergometern. Die Leistung ist der Quotient aus der verrichteten Arbeit und der dazu benötigten Zeit. Beim Radfahren also auf der Kraft mit der man auf die Pedale tritt und der Zeit wie lange man für eine Pedalumdrehung benötigt. Je höher die Trittfrequenz, umso weniger Kraft (=kleinere Übersetzung) benötigt man um die gleiche Leistung (="Geschwindigkeit") zu erzielen. Ein Ergometer muss nun ständig die Kraft mit der gebremst wird (=Widerstand) regulieren. Verringert der Proband die Trittfrequenz, muss der Widerstand steigen und umgekehrt. Tritt der Proband fester, erbringt also mehr Kraft, muss der Widerstand sinken, damit die Trittfrequenz steigt und die Leistung als Quotient aus Kraft und Geschwindigkeit sich wieder auf dem vorgegebenen Niveau befindet. Es ist also ein ständiger Prozess aus Anpassungen, bremsen, loslassen, bremsen, loslassen. Daher ist die blaue Linie so "zackig". Die rote Linie ist nur die Vorgabe, die Leistung, die der Cyclus versucht zu halten. Je besser die Regelelektronik und die Soft- und Hardware des Ergometers ist, umso schneller und genauer funktioniert das Ganze. (Falls ich mich im physikalischen Sinne nicht ganz korrekt ausgedrückt habe, bitte ich alle mitlesenden Ingenieure und Physiker um Nachsicht und lasse mich in den Kommentaren auch gerne korrigieren.)

Das Ausmaß der Schwankung hat mich allerdings überrascht und könnte ein Indiz dafür sein, dass der Cyclus nicht schnell genug mit der Anpassung des Widerstandes ist. Vielleicht ist das aber auch normal, wäre auch erstaunlich für ein Gerät in dieser Preisklasse.

Bemerkenswerter fand ich dabei allerdings, dass die Leistungsvorgabe des Cyclus durchweg 15 Watt unter der gemessenen Leistung der Infocranks liegt. Ein gewisser Leistungsverlust ist durch den Antriebsstrang anzunehmen. Dieser Reibungsverlust durch Innenlager, Kette, Zahnkranz sollte meines Wissens nach fünf Watt nicht übersteigen. Bleiben immer noch mindestens 10 Watt Differenz die nur einen Schluss zulassen: Eines der beiden Geräte liegt falsch.


Die niedrige Abweichung bei 320 Watt liegt beim Abbruch der Leistung am Ende des Tests.

Verve Cycling bewirbt die Infocrank als den genauesten, verlässlichsten und haltbarsten Powermeter. Es spricht einiges dafür, dass das der Wahrheit entspricht: Das grundlegende Design der eigenen, speziell entwickelten Kurbel, die Platzierung der Messelektronik in den Kurbelarmen oder die Verwendung von Magneten statt Beschleunigungssensoren um nur einige Punkte zu nennen. En Detail hier nachzulesen. Die proklamierte Messungenauigkeit ist weit unter der in der Branche oft als Standard spezifizierten 2%. Hier das Zertifikat, dass die Genauigkeit bestätigt. Ingenieure unter den Lesern werden damit wahrscheinlich mehr anfangen können als ich. Man kann durchaus kritisieren, dass hier ein einzelner Kurbelarm, der noch dazu vom Hersteller selektioniert wurde, einem Test unterzogen wurde, kein wirklich unabhängiges Protokoll. Es wäre mit Sicherheit interessant, wenn die TOUR, bekannt für ihre unbestechlichen und genauen Tests, sich der Thematik annehmen und Powermeter testen würde. Das sollte auch im Sinne der Hersteller sein, denn was diese auf ihren Homepages veröffentlichen, ist natürlich auch immer ein Teil Marketing. Und Tests wie sie DCRainmaker durchführt, zeigen lediglich wie einzelne Powermeter gegeneinander abweichen, treffen aber keine Aussage über die absolute Genauigkeit.

Aber gehen wir für den Moment davon aus, dass die Infocrank genau ist. Was ist dann mit dem Cyclus? Diese Geräte müssen nach meinem Kenntnisstand einmal im Jahr ins Werk um geeicht zu werden. Inwiefern das bei dem Gerät auf dem ich gefahren bin passiert ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Trotzdem stellt die Tatsache, dass eine solche Überprüfung überhaupt notwendig ist, eine Schwäche dar. Wenn man einen Test auf einem Ergometer fährt, kann man sich also nie sicher sein, wie verlässlich die Leistungsangabe ist, wenn die grundsätzliche Möglichkeit einer eklatanten Abweichung besteht.

Wenn man den Schritt machen möchte und mit Watt trainieren will, benötigt man Trainingszonen, die man in einem Leistungstest ermittelt. Eine der besten Möglichkeiten ist ein Stufentest. Dieser muss meines Erachtens dabei zwingend auf dem eigenen Rad mit dem eigenen Powermeter gefahren werden. Denn selbst wenn wir davon ausgehen, dass ein Powermeter nur "relativ" genau ist, also zwar präzise aber nicht richtig ist, ist es wichtig in den Trainingsbereichen zu fahren, die mit dem gleichen Gerät ermittelt wurden, das später die Ausführung kontrolliert. In diesem Fall wären die Werte aus Test und Training zumindest untereinander stimmig. In diesem Zusammenhang: Was ist überhaupt Genauigkeit (Wikipedia)?

Wie immer freue ich mich über Anmerkungen und Erfahrungen in den Kommentaren.

Dienstag, 29. Dezember 2015

Power - Balance

Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Powermetern zur Messung der Leistung beim Radfahren. Es gibt Systeme die in die Nabe integriert sind, in den Pedalen, den Kurbelarmen, dem Kurbelstern oder den Kettenblättern, um nur einige Varianten zu nennen. Das vielleicht wichtigste Unterscheidungskriterium dabei ist, ob der jeweilige Powermeter die Leistung beider Seiten, also des rechten und des linken Beines getrennt oder zusammen erfasst oder nur eine Seite misst und das Resultat einfach verdoppelt.

Letztere Variante ist zumeist unter dem Begriff "left-only" bekannt. Prominentester Vertreter dieser Gattung ist Stages. Eine Reihe von Herstellern haben ihre Powermeter halbiert und bieten diese nun auch als left-only an, zum Beispiel Garmin mit dem Vector Pedal oder Rotor mit dem INpower oder dem LT Powermeter. Dadurch lassen sich die Geräte natürlich ein gutes Stück günstiger anbieten. 

Die Hersteller werben damit, dass die Beinkraftverteilung weitgehend symmetrisch ist bzw. dass Unterschiede nur eine geringe Rolle spielen und daher der Wert des linken Beines ohne Probleme verdoppelt werden kann, um den gesamten Wert zu bekommen. Und immerhin benutzt auch Team Sky Stages Powermeter. Wenn man die Tour de France mit einem Left-only Powermeter gewinnen kann, dann sollte dieses Konzept auch für alle anderen mehr als ausreichend sein, nicht wahr? Ähm, .. nein! Gut unterrichtete Insider haben mir glaubhaft versichert, dass Team Sky im Training durchaus weiterhin SRM Powermeter benutzt und, dass muss man ganz klar sagen, Radprofis bekommen Geld dafür, dass sie ein bestimmtes Produkt fahren und dafür Werbung machen. Wenn also Chris Froome Stages Powermeter fährt, dann zunächst deshalb, weil Stages dafür bezahlt und nicht weil es der beste Powermeter auf dem Markt ist.

Der Punkt ist nämlich, dass die Leistung gar nicht so gleich verteilt ist, wie die Hersteller behaupten. Verlässliche Zahlen oder Studien dazu habe ich keine gefunden. Naturgemäß werden Hersteller von left-only Systemen eher davon ausgehen, dass die Kraft gleich verteilt ist und Hersteller von dual-side Systemen oder solchen, die die gesamte Kraft messen, davon, dass Unterschiede bestehen.

Wo auch immer hier die statistische Wahrheit liegt, im Einzelfall kann man natürlich nie sicher sein, ob man eine perfekte Links/Rechts Verteilung von 50/50 hat oder nicht. Dabei muss man in Betracht ziehen, dass diese Verteilung nicht konstant über das gesamte Leistungsspektrum ist, sondern sich verändert.

In niedrigen Watt Bereichen fällt mein Unterschied zwischen rechtem und linkem Bein recht deutlich aus, wobei die linke Seite stärker ist. Wenn die Leistung ansteigt, wird das Ungleichgewicht kleiner. An der anaeroben Schwelle ist die Leistung zwischen den beiden Beinen fast, aber nicht ganz gleich verteilt. Soweit nicht erstaunlich, schliesslich sind wir Menschen einfach nicht symmetrisch.

Das bedeutet aber auch, dass in meinem Fall ein left-only Powermeter niedrige Leistungsbereiche tendenziell überbewerten würde. Als Resultat würde ich ein Grundlagen oder Tempotraining somit immer zu langsam durchführen, da die Schwellenwerte ja in % meines FTP berechnet sind, die ausgewiesene Leistung über der tatsächlichen liegen würde und ich, um die Bereiche einzuhalten, langsamer fahren müsste.

Hier zwei Links/Rechts Verteilungen aus Golden Cheetah. Die erste Grafik stammt vom einer vier stündigen Fahrt die überwiegend im Ausdauerbereich absolviert wurde.


Die roten Punkte sind Links, die türkis farbigen Rechts. Auch wenn es in dem Bereich bis 200 Watt insgesamt mehr Punkte gibt, da auf diesen Bereich mehr Zeit entfällt, ist trotzdem deutlich zu erkennen, dass die Verteilung immer enger wird je weiter wir uns auf der X-Achse bewegen, je höher also die Leistung wird.


Diese Grafik stammt von einem Stufentest, gefahren mit meinem Rad und den Infocranks auf einem Cyclus Ergometer. Gleiches Resultat, aber besser zu erkennen, wie die Verteilung mit steigender Belastung enger wird, die Ungleichheit zwischen den beinen abnimmt.

Diese Daten habe ich mal in Excel geworfen. Ich wollte wissen, wie die Leistungskurve bei einem Left-only Powermeter ausgesehen hätte.
Hellblau ist die tatsächliche echte Leistung getitelt über drei Sekunden.
Rot ist die Leistungskurve, wenn einfach der Wert des linken Beines verdoppelt wird.
Die graue Fläche zeigt die Differenz zwischen diesen beiden Werten in Prozent an.
Die petrol farbige Linie zeigt die Differenz des gleitenden 60 Sekunden Durchschnittes an.


Auch hier sieht man wie die Differenz zur Schwelle hin abnimmt, aber auch im anaeroben Bereich weiterhin besteht. Bis 200 Watt beträgt der Unterschied etwa 10%!

Dieser Effekt wird bei jedem Fahrer unterschiedlich sein. Bei manchen wird er gar nicht auftreten, bei Andern wird das rechte Bein stärker sein, bei anderen das Linke.

Wenn diese Ungleichheiten aber auftreten, ist es m.E. zwingend notwendig immer die gesamte Kraft zu messen und nicht nur die des linken Beines und das Resultat zu verdoppeln. Ein Fehler in der Messung wird dann nämlich auch verdoppelt. Deshalb sollte ein Powermeter mindestens die gesamte Kraft messen (Powertap, SRM, Power2Max), noch besser ist es natürlich beide Beine getrennt zu erfassen, wie es zum Beispiel die Infocrank macht, die ich verwende. Dann kann man sich auch mal den Spass gönnen und die Daten so richtig durchwalken!

Der Trainingssteuerung liegen selbst im Idealfall schon mehr als genug Annahmen zugrunde. Das fängt bei der Auswertung einer Leistungsdiagnostik an und geht bei der Einteilung der Trainingsbereiche weiter, um nur zwei Punkte zu nennen. Da sollte man einfach zu vermeidende Ungenauigkeiten wie einseitige Leistungsmessung ausschließen. Es gibt durchaus Situationen in denen ein left-only Powermeter mehr als ausreichend ist, für ernsthafte Trainingssteuerung muss es meines Erachtens nach aber ein Dual-Side oder Full-Power Leistungsmesser sein.

Montag, 17. August 2015

Bellheim Power Daten

Nach dem Rennbericht hier noch ein Blick in die Leistungsdaten des Rennens in Bellheim:

Zunächst die Power Werte, über die 2,5 Stunden hatte ich eine Durchschnittsleistung von 266 Watt. Dieser Wert ist der mathematische Durchschnitt und berücksichtigt nicht die Anforderungen der Tempowechsel. Um die tatsächliche Leistung besser einschätzen zu können haben Allen und Coggan das Konzept der "normalized Power" entwickelt. Diese Zahl beschreibt besser die Anforderung an den Organismus und findet sich in der rechten Metriken Spalte und nennt sich in Golden Cheetah xPower. Der Wert beträgt hier 284 Watt.


Laut dem Modell hätte ich also mit dem gleichen körperlichen Einsatz auch eine Durchschnittsleistung von 284 Watt (statt 266) fahren können, wenn das Tempo perfekt gleichmäßig gewesen wäre. Die beiden Werte liegen recht nah beieinander, ein Hinweis darauf, dass es nur wenige Attacken und Tempowechsel gab und die Leistung in der Tat gleichmäßig war.

Die Verteilung der Leistungszonen ist relativ gleich über das ganze Spektrum von "easy peasy" bis "Anschlag". Selbst wenn man die Anzahl der Zonen auf zwei reduziert und Z1 und Z2 als langsam und Z3 bis Z7 als schnell bezeichnet, war fast 1 Stunde "langsam" und nur 1,5 Stunden schnell. Ganz anders sieht es aus wenn man die Pulswerte betrachtet, dort waren über 2 Stunden in dem schnellen Bereich. Die Differenz der Dauer der schnellen Zonen Puls versus Watt zeigt schön, dass die Herzfrequenz sehr viel langsamer reagiert, die Wattwerte die Leistung aber sekundengenau erfassen.


Hier die Aufzeichnung des gesamten Rennens. Deutlich sieht man die Attacke bei Minute 20. Danach folgen etwa 20 Minuten mit einer recht gleichmäßigen Leistung, das ist die Soloflucht (xPower 342). Mein FTP wert liegt bei 314 Watt, ich befand mich also durchweg im anaeroben Bereich, die W' Kapazität wird währenddessen auch vollständig aufgezehrt, lange hätte ich dieses Tempo nicht mehr halten können. Bei Minute 38 kommt Alberto von hinten und die Powerkurve beginnt zu springen. Das sind jeweils die Führungen und Windschattenphasen, die W' Kapazität erholt sich. Bei 1:10 kommt die Gruppe von hinten, die Intensität sinkt weiter, der Puls geht nach unten, W' geht weiter nach oben.

Zwei Punkte stechen auf der Leistungskurve heraus. Der zweite Prämiensprint bei 1:25 und die vermeintliche Prämie am Ende der vierten Runde bei etwa 1:52. Beide Male muss ich mit etwa einem fünftel meiner W' Kapazität (Anaerobe Work Capacity) bezahlen. Was macht schon so ein kurzer Sprint zwischendurch, denkt man sich vielleicht, aber es kann gut sein, dass das genau die beiden Belastungen waren, die die entscheidenden Körner gefressen haben, die bei der finalen Attacke gefehlt haben (ab 2:10).


Hier die erste Stunde ab der Attacke bei Kilometer 15. xPower betrug 310 Watt, nur vier Watt unter meinem FTP Wert von 314, der die maximale Leistung angibt, die man theoretisch über eine Stunde erbringen kann.


Hier das Finale, bei 2:12 muss ich reissen lassen. Als die Gruppe mich wieder einholt und dann ziemlich zockelt und keiner mehr führen will, probiere ich es nochmal alleine (2:17,30) kann das Tempo aber nicht halten und werde nochmal eingeholt.


Am Ende hat nur ein kleines Schippchen gefehlt um zumindest um den Sieg sprinten zu können. Das zeigt mal wieder, dass man in einem Radrennen jede Anstrengung gut überlegt einsetzen muss. Natürlich kann man auch zuviel Kräfte sparen und die entscheidende Attacke verpassen, wenn man einfach immer im Feld bleibt. Dann kommt man ins Ziel und hat nur eine Grundlageneinheit absolviert. Auf der anderen Seite ist die Energie aber auch sehr schnell verpulvert und fehlt dann im entscheidenden Moment.

Dienstag, 21. Juli 2015

Engadin Power Daten

Chris Froome und Bradley Wiggins wurde und wird ja oft vorgeworfen, dass sie wie Roboter nur nach den Watt-Zahlen auf ihren Radcomputern fahren. Statt Attacken mit Herz nur kühl geplanter Einsatz der Kräfte. Ob das so jetzt wirklich stimmt, sei mal dahingestellt und soll hier auch gar nicht weiter Thema sein.

Allerdings hat das "Radfahrer nach Zahlen" einige Vorteile, insbesondere bei einem Radmarathon. Und bevor die Rennfahrer und Traditionalisten unter meinen Lesern jetzt aufschreien, ja, bei einem Radrennen, und damit meine ich Lizenzrennen, ist es meist einfach eine Frage von dranbleiben oder reißen lassen. Dort geht es in der Regel weniger darum den Rückstand zu minimieren und schon gar nicht um eine gute Zeit, sondern einfach um Sieg oder Niederlage.

Ein Radmarathon ist da eine ganz andere Geschichte. Selbst für die, die dort um den Sieg fahren geht es nicht um Attacke und Konterattacke sondern um das vorausschauende Haushalten mit den Kräften. Für alle Anderen gilt das erst recht.

Im Engadin waren 211 km, fünf Pässe über 2300 m und fast 5000 hm zu absolvieren. Einige Fahrer haben schon auf den ersten Kilometern am ersten Berg, dem Ofenpass aus dem letzten Loch gepfiffen. Das war wirklich spektakulär. Ich habe mich gefragt, ob die es überhaupt bis zur Passhöhe schaffen oder vorher einfach immer langsamer werden und umkippen. Aber in den Vogesen bin ich ja auch losgestürmt als ob es kein morgen gäbe.

Das Schwierige bei einer solchen Veranstaltung ist, dass man am Anfang ja vor Energie nur so strotz. Man ist in einem riesigen Feld, alle fahren schnell, die Speicher sind gefüllt und das Adrenalin sprudelt nur so. Schnell ist er Puls im roten Bereich ohne dass es einem nennenswert weh tut. Aber die Rechnung kommt, früher oder später.

Und da kommt der Kasten am Lenker mit den Zahlen ins Spiel. Bei Zahlen meine ich Leistung in Watt, also ein Powermeter, in meinem Fall sind das die Infocranks. Das Verhältnis von Input (Herzfrequenz) und Output (Power) verhält sich über die Dauer nicht eins zu eins sondern verändert sich. Am Anfang ist die Leistung bei einer bestimmten Herzfrequenz noch recht hoch, nach einigen Stunden ist die Leistung bei gleichem Puls deutlich niedriger. Das ist eine der Ursachen, warum man am Anfang eines Marathons gerne überzieht, wenn man nur nach Puls fährt.
Wäre das Verhältnis 1:1, bräuchte man übrigens keine Powermeter sondern wüsste nach einmaligem Test immer welche Leistung man bei welchem Puls fährt.

Das Ganze kann man schön veranschaulichen, meine Daten aus dem Engadin sehen auf Cycling Analytics so aus:
Der kleine Chart unten rechts zeigt die PWC 150 und 170 Werte für jede Stunde des Marathons an. Also die Leistung die ich bei 150 und 170 Schlägen erbracht habe. Deutlich zu sehen, wie das über die Zeit abfällt. (PWC@170: 274/279/256/230/244/220/229) Ebenfalls deutlich sind die Fehler in der Datenaufzeichnung in der 2. und 3. Stunde (Pulsgurt verrutscht?).

Mehr zu diesem Chart findet sich hier auf dem Cycling Analytics Blog.
Infos zur Physical Work Capacity auf Wikipedia

Der entsprechende Chart in Golden Cheetah:


Um seine Leistung entsprechend einzuteilen muss man zunächst seinen FTP wissen. Die Functional Threshold Power ist die Leistung, die man gerade so über eine Stunde erbringen kann. Davon kann man dann weitere Trainingszonen ableiten. Hier und hier habe ich schon mal darüber geschrieben. Mein aktueller FTP Wert liegt bei 297 Watt. Die Zeit die ich über dieser Schwelle verbringen kann ist begrenzt.

Dementsprechend habe ich im Engadin darauf geachtet, nicht wesentlich mehr als 300 Watt zu treten.


Das ist mir gut gelungen und die Leistung ist an den Bergen recht gleichmäßig, selbst am Flüelapass konnte ich über 52 Minuten noch eine Durchschnittsleistung von 271 Watt treten. Der Albulapass war deutlich länger und der letzte Berg des Tages, dort waren es immerhin noch 223 Watt im Schnitt.

Eine andere interessante Metrik ist der W' Wert, das ist die zweite Grafik. Grob ist W' (Dabbl-Uh-Preim) Wert die Energie, die man im anaeroben Bereich zur Verfügung hat. Diese regeneriert sich zwar mit der Zeit wieder, aber nicht vollständig und am Ende einer langen Belastung kann man auch nicht mehr auf diese theoretische Reserve zugreifen (Schon mal versucht mach 200 km Intervalle zu fahren? Genau, das geht nicht mehr).

Am Flüelapass sieht man deutlich, wie mein W' Wert sinkt und ich auf ein Fiasko zusteuere. Man kann aber auch genau die Stelle erkennen, an der ich die Gruppe ziehen lasse, etwas raus nehme und mein eigenes Tempo fahre. Von dem Moment an steigt der W' Wert wieder an. Die Leistung nimmt ab, was zum Teil aber auch der Höhe geschuldet ist. Die Herzfrequenz bleibt mehr oder weniger gleich.

Als Vergleich die gleiche Auswertung vom GFNY Ventoux:


Dort bin ich am Anfang sehr viel verschwenderischer mit meiner Kraft umgegangen und musste dafür am Ventoux bitter bezahlen.

DRTL:
Die Herzfrequenz ist nur ein schwacher Indikator um die Kräfte einzuteilen. Ein Powermeter und das Wissen um die eigenen Leistungsbereiche dagegen das wirksamste Werkzeug um der frühzeitigen Verschwendung entgegen wirken.

Dazu vorher auf Unterlenker:

Sonntag, 26. April 2015

Cutting Edge (Update)

Vor einigen Tagen habe ich Post aus den USA bekommen. Cutting Edge Technology! Das mobile, nicht invasive Laktat Messgerät von BSX Insight.


Laktat ist ein Stoffwechsel Abbauprodukt anhand dessen Konzentration im Blut verschiedene Zustände der Leistungsbereitstellung gemessen werden können. Fährt man gemütliches Grundlagenausdauer Tempo ist der Pegel sehr niedrig. Fährt man schneller, produziert der Körper mehr Laktat. Irgendwann wird das Laktat schneller auf- als abgebaut. Der Punkt, an dem sich Auf- und Abbau die Waage halten, wird als Laktat Threshold bezeichnet. Kennt man diesen Punkt, kann man die verschiedenen Trainingszonen ableiten und gezielt trainieren.

Montag, 5. Januar 2015

Verve Infocrank Powermeter

Vor einiger Zeit habe ich hier über eine Promotionaktion von Verve Cycling geschrieben, bei der es die Infocrank im Gegenzug zur Beantwortung einiger Fragen günstiger gab. Nachdem ich einige Male zu lange gewartet hatte und wieder auf Anfang musste, habe ich schliesslich für 999 USD zugeschlagen. 840 Euro für einen echten Rechts / Links Powermeter mit Innenlager, Kettenblätter und Computer, da kann man nichts sagen. Das Set kostet normalerweise 1.950 USD. Das ist recht teuer, Verve Cycling proklamiert aber hinsichtlich der Genauigkeit und Verlässlichkeit einen der besten, wenn nicht den besten Powermeter zu produzieren.

Grundsätzlich kann man die Systeme danach unterteilen, wo die Kraft gemessen wird. Im Pedal (Garmin, Look), in der Hinterradnabe (Powertab), im Kurbelstern (SRM, Quark, Power2Max) oder im Kurbelarm (Stages, Rotor, Infocrank). Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe von "Exoten". Zwei sehr ausführliche Übersichten auf englisch gibt es bei DC Rainmaker und bei Alex Simmon. Etwas simpler bei Bike Radar.

Der Weg den Verve Cycling beschreitet unterscheidet sich insofern von den übrigen Herstellern, als dass man eine spezielle Kurbel produzieren lässt, in der die Elektronik eingebaut wird. Eine Infocrank ist also eine Infocrank und nicht in einer Shimano, Sram oder Campagnolo Version erhältlich. Darüber hinaus verwendet man auch nicht die üblichen Dehnmessstreifen sondern Wheatstonesche Messbrücken. Auf Roadcycling.de wird ganz gut erklärt wie das funktioniert und worin die Unterschiede bestehen. Später mehr zu der Kurbel.

Unboxing

Aber von vorne. Das Paket kam mit UPS aus Großbritannien und enthielt eine grosse Kiste mit den Kurbeln, dem Innenlager und einigen Kleinteilen (Batterien, ANT Dongle, Magnete zum Kleben und zum Aufstecken, Montagewerkzeug für das Innenlager). Eine weitere Kiste mit dem Radcomputer und die Kettenblätter. Alles sicher verpackt.


Montage, 1. Versuch

Sehr schön. Frohen Mutes bin ich im Keller verschwunden und habe die Kurbeln und das Innenlager an meinem Canyon Ultimate AL demontiert. Leider war es dass dann auch schon. Ich musste nämlich feststellen, dass ich mich im Labyrinth der Innenlager "Standards" verlaufen hatte. Für mich war es klar, dass ich ein PF30 Innenlager brauche (PF steht für PressFit, wird also nicht mit dem Rahmen verschraubt sondern nur gepresst). Mein bisheriges Innenlager wurde auch gepresst, kein Problem, oder? Wie ich dann aber lernen musste, hat der Canyon ein BB86 Innenlager. Ein PF30 wird in ein schmaleres Tretlagergehäuse verbaut und steht an der Seite etwa 5 mm über. Ein BB86 Tretlagergehäuse ist breiter und nimmt das Innenlager komplett auf, bündig sozusagen. Ich stand bestimmt 10 Minuten vor dem Schlammassel und habe dumm aus der Wäsche geschaut. Da kauft man einen tollen Powermeter und kann ihn nicht montieren.

Der nächste Schock kam dann als ich herausfand, dass es für die M30 Achse der Infocrank gar kein BB86 Innenlager gab. WTF!

Exkurs: Die Kurbel

Die Infocrank wird von Praxisworks hergestellt, einer amerikanischen Firma, die auch das Innenlager und die Kettenblätter beisteuert. Die zugrundeliegende Kurbel gibt es auch ohne Powermeter zu kaufen. Diese Turn Zayante M30 hat kürzlich in einem Test von Fairwheel Bikes den ersten Platz bei der Steifigkeit erreicht. Besser als Campagnolo, Shimano, SRAM und sogar THM und das für einen Bruchteil des Preises. Die Schattenseite ist, dass die Alukurbel auch eine der schwersten im Test war. Ich bin kein Ingenieur und kann die Testanordnung und Durchführung nicht beurteilen. Die Ergebnisse erscheinen mir aber zumindest schlüssig. 

Eine Rolle bei der herausragenden Steifigkeit spielt sicherlich die M30 Achse der Kurbel. Dieses Maß wird meines Wissens nur von Praxisworks verwendet. Dabei handelt es sich im Prinzip um eine über dimensionierte GXP Achse. GXP ist ein SRAM "Standard" mit der Besonderheit, dass der Durchmesser der Achse auf der Tretlagerseite mit 24 mm grösser ist als auf der linken Seite (22mm). Bei der M30 Achse sind es am Tretlager 30 mm und auf der gegenüber liegenden Seite 28 mm. Aus dem Grund ist mein Versuch ein Rotor Innenlager zu verwenden, das 30 mm auf beiden Seiten hat, auch schief gegangen.

Wie so oft gibt es zwei Seiten der Medaille. Einerseits sollte die Grundlage eines Powermeters so steif wie nur irgendwie möglich sein, besonders wenn man auf eine hohe Genauigkeit wert legt und die tatsächliche Kraft messen will. Wenn dazu neue Wege notwendig sind, dann ist das so. Man nennt das auch Fortschritt. Es wäre übrigens interessant, wie die Infocrank in dem oben erwähnten Test abschneiden würde, da diese ja noch Aussparungen zur Aufnahme der Elektronik enthält. Andererseits stellt sich die Frage, ob steif nicht einfach steif genug ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Dura-Ace oder Record Kurbel nicht steif genug sind jenseits theoretischer Unterschiede unter Laborbedingungen. Mit einer simplen 24 mm, Shimano kompatiblen Achse findet sich nämlich ein Innenlager für jeden Rahmen.

Den einzigen echten Nachteil den ich für mich sehe, ist dass die Kompatibilität zwischen meinen verschiedenen Rädern nun weiter eingeschränkt ist. Nun reicht es nämlich nicht, die Kurbeln z.B. zwischen Zeitfahrrad undStraßenrad einfach zu tauschen, ich müsste auch jedes mal das Innenlager wechseln. Was schon bedeutend mehr Aufwand ist und sich gerade bei Pressfit auch nicht empfiehlt. Die Alternative ist nur weitere Kurbeln mit M30 Achse zu kaufen, oder am besten noch mehr Infocranks! Na ja, oder auch nicht.

Fairerweise muss man aber sagen, dass sich die Problematik auch unabhängig von M30 Kurbeln immer dann ergibt, wenn Kurbeln mit unterschiedlichen Achs-Normen an den Rädern sind. Und von diesen "Standards" gibt es ja leider wirklich mehr als genug. Die Notwenigkeit zum Tauschen hängt  allerdings in erster Linie an dem Powermeter, ansonsten wird man das eher selten machen.

Montage 2. Versuch

Nachdem ich die Infocrank also nicht an mein Canyon montieren konnte, unternahm ich einen weiteren versuch mit dem Focus. Das Mares AX hat ein BSA Innenlager und auch von Praxisworks gibt es ein BSA Innenlager für M30 Achsen. Ich habe das Innenlager direkt bei dem Europa Importeur für Praxisworks suw-sportmarketing bestellt und einen Tag später war es schon da. (An der Stelle Dankeschön für die prompte Lieferung!)

Das hervorragend verarbeitete Innenlager war schnell montiert. Irritiert hat mich lediglich, dass sich die Kurbel nur ohne die dem Innenlager beiliegende Federscheibe montieren ließ. Oder habe ich was falsch gemacht? Die nächste Schwierigkeit war dann die Montage der Magnete. Da ich die Klebeversion schon am Canyon montiert hatte, war ich auf die Ringe angewiesen, die auf die Innenlager-Cups aufgesteckt und mit drei Madenschrauben fixiert werden. Auf der linken Seite war das kein Problem. Auf der rechten Seite ragt der Kurbelstern aber innen etwas über den Innenlager-Cup. Wenn der Ring mit dem Magnet jetzt aussen auf dem Cup sitzt und mit den Madenschrauben schön in den Nuten fixiert ist, kollidieren Ring und Tretlagerstern bei der Montage. Dummerweise erst wenn das Tretlager festgezogen wird. Der Ring war der Schlauere und hat nachgegeben (= gebrochen). Mist! Ich habe das dann erst mit Panzerband und später mit Zwei-Komponentenkleber geflickt. 


Alternativ sollte es auch reichen, wenn man einen Neodym Magnet mit Klebeband an der Kettenstrebe anbringt. Die Magnete sind notwendig, damit die Kurbel weiß, wann eine Umdrehung vorbei ist. Das geht zwar auch mit Beschleunigungssensoren, Stages z.B. verwendet soviel ich weiß keine Magnete, allerdings sind letztere nach Aussage von Verve Cycling zuverlässiger.

Montage Fazit

Abgesehen von dem Innenlager Kuddelmuddel und den Problemen mit dem Magnet, was ich beides selbst schuld war, ist die Montage genauso simpel wie bei jeder anderen Kurbel auch. Tretlager rein, rechte Kurbel durchstecken, linke auf die Achse stecken, festziehen, fertig. Der Powermeter benötigt keine Kalibrierung. Die Verbindung mit meiner Garmin 910xt hat direkt  hingehauen, ebenso wie mit dem beiliegenden Navi2Coach.

Navi2Coach + Trainingssoftware

Der dem Paket beiliegende Radcomputer ist ein Navi2Coach von O'Synce. DC Rainmaker hat einen ausführlichen Bericht darüber geschrieben. Der Computer ist dabei ziemlich gut weggekommen und ebenbürtig mit dem Garmin Edge 500. Die Bedienung ist recht simpel und die Anpassung an persönliche Vorlieben möglich (Anzahl der Screens, Anzahl der Felder auf den Screen's, angezeigte Information). 

Der Radcomputer lässt sich auch per Rechner einstellen, allerdings läuft die Software nur auf PC. Aber auch dazu hat DC Rainmaker einiges geschrieben.

Die Verve Cycling Edition des Navi2Coach hat allerdings ein anders Bajonett (rund, vier Zacken), das von dem üblichen O'Sync System (rechteckig) abweicht und auch nicht mit aktuellen Garmin Anschlüssen (rund, zwei Zacken) kompatibel ist. Mal sehen wo ich zusätzliche Halter dafür bekomme. Bei O'Sync liest scheinbar niemand die Emails, die bei der Info Adresse eingehen, zumindest warte ich schon seit drei Wochen auf eine Antwort.

Praxis

Die Infocrank liefert ohne Aussetzer oder seltsame Sprünge zuverlässig eine Wattzahl an den Navi2Coach. Mehr kann ich dazu bis jetzt nicht sagen, außer: Es funktioniert wie es soll. Denn zunächst ist es nur eine weiter Zahl die angezeigt wird. Was damit anzufangen ist und wie das Training damit verbessert werden kann, das hoffe ich im Laufe des Jahres zu lernen.

Was ich allerdings schon sagen kann ist, dass ich keinen Unterschied zwischen rechtem und linkem Bein habe. Der entsprechende Wert zeigt meistens 50 +- 1% an.

Die Praxisworks  Kettenblätter funktionieren übrigens hervorragend. Die montierte Shimano 10-fach Kette klettert mit Freuden und ohne jedweden Nachdruck auf das große Kettenblatt und auch genauso leicht wieder hinunter.

Über das Design der Kurbeln kann man natürlich unterschiedlicher Meinung sein. Mir gefällt der "Form folgt Funktion" Ansatz, die schwarze Beschichtung und die klassische Erscheinung mit den fünf sichtbaren Kettenblatt-Schrauben und dass die Kurbel auf den ersten Blick nicht als Leistungsmesser zu erkennen ist.

Die Kurbel gibt es nur in einer Compact Variante mit 50/34 oder 52/36 und Kurbellängen von 170, 172,5 und 175mm.

Service 

Wie oben geschrieben, hatte ich ja einige Probleme mit dem Innenlager und den Magneten. Verve Cycling hat dabei aussergewöhnlichen Service geboten und war sehr bemüht mir schnellstmöglich zu helfen. Ich habe inzwischen eines der ersten verfügbaren BB86 Innenlager bekommen und auch Ersatz für den gebrochenen Magnetring. Was den Service anbelangt kann ich Verve Cycling ohne Zögern die volle Punktzahl geben. Daumen hoch!