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Sonntag, 5. November 2017

Startverbote für Ex-Doper

Die übliche Durchsage am Start eines Lizenzrennens geht in etwa so: "Achtung Fahrer, Euer Rennen geht über 10 Runden oder 60 Kilometer. Gefahren wird nach der Sportordnung des Bundes Deutscher Radfahrer. Die Straßenverkehrsordnung ist einzuhalten. Überrundete oder aussichtslos im Rennen liegende Fahrer können aus dem Rennen genommen werden. Es wird auf eigene Rechnung und Gefahr gefahren. ... Der Start erfolgt in fünf ....".

Am 1. Mai zum Start des Seniorenrennens in Offenbach an der Queich dauerte die Durchsage etwas länger. Der Sprecher wies darauf hin, das der ausrichtende Verein RV Vorwärts 1904 Offenbach seit vielen Jahren eine strikte Anti-Doping Haltung verfolgt und überführte Dopingsünder nicht am Start seines Rennens sehen möchte. Weiter hieß es, dass man aus diesem Grund mehreren Fahrer mit abgelaufenen Sperren den Start verweigert hat. Einer der Fahrer hätte aber rechtliche Schritte eingelegt und da man sich als kleiner Verein dem Risiko einer gerichtlichen Auseinandersetzung nicht aussetzen kann, würde der betreffende Fahrer daher am Start stehen. Ob es unter diesen Voraussetzungen 2018 ein weiteres Seniorenrennen geben wird, sei fraglich, auch weil ansonsten das Engagement des Hauptsponsors zur Disposition stehen würde.

Was macht man in solch einem Moment als Fahrer? Morgens um kurz nach acht und nach 150 km Anfahrt, einen kurzen Moment vor dem Start. Das Rennen gar nicht erst beginnen? Laut protestieren? Den betreffenden aber unbekannten Fahrer ausbuhen? Tatsächlich hat wohl ein einzelner Fahrer seine Nummer zurückgegeben, die anderen 80 sind gestartet.

Senioren Rennen, nicht in Offenbach
Seit diesem Tag denke ich darüber nach, ob der Ausschluss eines Fahrers ein richtiger und wichtiger Schritt im Kampf gegen Doping im Sport ist oder ob es sich um Selbstjustiz handelt. Denn sportrechtlich gilt ein Fahrer nach einer abgelaufenen Dopingsperre natürlich als rehabilitiert. Jemand wird positiv getestet, bekommt eine Strafe nach deren Ablauf er wieder am normalen Sportbetrieb teilnehmen kann. Das ist nicht anders als im "normalen" Strafsystem, dass ja auch nicht auf maximale Vergeltung abzielt, sondern darauf, Straftäter zu läutern und wieder in die Gesellschaft einzugliedern.

Wenn Vereine und Veranstalter Sportler mit abgelaufenen Dopingsperren pauschal von ihren Veranstaltungen ausschliessen, ist das unter mehreren Gesichtspunkten problematisch:
  • Zunächst ist da die gar nicht so geringe Möglichkeit von fälschlicherweise positiven Tests. Sich gegen ein solches Testergebnis zur Wehr zu setzen ist teuer, die Öffnung der B-Probe kostet genauso Geld wie Anwälte oder, als letzte Möglichkeit, ein Prozess vor dem CAS. Diese Mittel wird ein Amateursportler wahrscheinlich eher selten aufbringen wollen oder können. Die Möglichkeit, dass ein Fahrer unschuldig verurteilt wurde, muss zumindest in Betracht gezogen werden. (etwa Interview Perikles Simon auf Medscape oder ntv)
  • Weiterhin gibt es solche und solche Dopingvergehen. Ein positiver Test auf EPO oder Wachstumshormone hat eine andere Qualität als ein positiver Test durch möglicherweise verunreinigte Nahrungsergänzungsmittel.
  • Von Berufssportlern kann man sicherlich erwarten, dass diese jedes scheinbar noch so belanglose Medikament auf verbotene Substanzen überprüfen. Bei Freizeitsportlern kann man durchaus Verständnis haben, wenn doch mal ein ephedrinhaltiges Erkältungsmittel eingenommen wird. (Spiegel Online)
  • Natürlich trägt der Sportler immer die finale Verantwortung und jeder kann Nein sagen, wenn Pillen angeboten und Spritzen aufgezogen werden. Trotzdem trifft es zu oft einzig und allein das schwächste Glied, den Sportler. Ärzte, Pfleger, Teammanager, Agenten und andere, die Doping organisieren und dazu verleiten, kommen in der Regel davon. Wahrscheinlich trifft dies im Freizeitbereich aber weniger zu und die individuelle Schuld mag dort höher sein.
  • Und nicht zu letzt: Menschen treffen schon mal falsche Entscheidungen und machen Fehler. Wer noch nie in seinem Leben drauf hoffen musste, dass andere Nachsicht walten ließen und eine zweite Chance einräumten, der führt wahrscheinlich ein ziemlich trauriges und langweiliges Dasein. Ist es nicht viel wichtiger aus Fehlern zu lernen als niemals welche zu machen?
Wenn in all diesen Fällen ein universelles Startverbot ausgesprochen wird, schert man sehr unterschiedliche Situationen über einen Kamm. Die Differenzierung im Strafmaß, die Betrachtung des Einzelfalles, die in einem Dopingverfahren Anwendung findet (oder zumindest Anwendung finden sollte), geht dann verloren. Statt dessen werden Sportler stigmatisiert.

Auf der anderen Seite ist es aber vielleicht gerade notwendig die Abschreckung zu erhöhen und jedem, der auch nur darüber nachdenkt zu unlauteren Mitteln zu greifen, klar zu machen, dass Doping falsch ist und nicht akzeptiert wird.

Heutzutage heisst es oft, dass der Radsport sehr viel sauberer geworden ist und die Zeit der Exzesse vorbei sei. Es gibt den biologischen Passport, die MPCC, die unabhängige Anti-Doping Stiftung der UCI (CADF) und jeder Profi versichert mit unschuldigem Dackelblick, dass alles mit rechten Dingen zugeht.

Das Narrativ einer neuen Generation junger und sauberer Sportler steht leider auf tönernen Füßen. Floyd Landis sagte kürzlich gegenüber Cycling News, dass lediglich einige Bruchstücke neu arrangiert wurden, aber das Spiel immer noch das Gleiche ist, dass sich nichts geändert hat. Paul Kimmage schreibt über die immer noch allgegenwärtige Omerta. In Icarus wird gezeigt, dass Doping auch heute noch unter staatlicher Obhut stattfindet und Kontrollen zu umgehen sind. Im Amateursport sieht es nicht besser aus, in der FAZ schreibt Ralf Meuten über "Herrn F" und zeigt die Schwächen des Anti-Dopingsystems deutlich auf. In der RennRad ist vor kurzem ein detaillierter und vielbeachteter Artikel über Doping im Hobbysport erschienen. Die Möglichkeiten für entsprechend motivierte Freizeitsportler sind nahezu unbegrenzt. Es gibt nur selten Wettkampfkontrollen, keine Trainingskontrollen, kein Passport und keine Bluttests.

All das macht deutlich, dass lange noch nicht genug getan wird um Doping einzudämmen. Wenn man nun als Radsport-Verein unzufrieden ist mit dem, was NADA und BDR für den sauberen Sport tun, wenn man Jugendlichen Vorbilder präsentieren will, zeigen will, dass man mit Doping eben nicht durchkommt, dass man nicht einfach so eine Sperre absitzen und zurück kommen kann, was macht man dann? Auf wen soll man warten? Welche Möglichkeit ausser Startverboten bieten sich, um zumindest die eigene Veranstaltung sauber zu halten?

Selbst nach einem halben Jahr finde ich darauf keine befriedigende Antwort, es ist immer ein für und wider.  Einerseits sollte man Doping nicht bagatellisieren und Nachsicht normalisiert den Betrug, das wurde im Radsport viel zu lange gemacht (Dazu dieser Artikel bei Cycling Tips). Auf der anderen Seite haben härtere Strafen noch selten zu einer Verbesserung geführt, egal auf welchen Gebiet. Einerseits kann ich die Entscheidung der Veranstalter verstehen, Ex-Doper nicht zuzulassen. Andererseits habe ich selber keine Problem gegen Ex-Doper anzutreten. Einerseits sollte man Doping nicht relativieren, andererseits ist es nur Sport und niemand wird ermordet. Wie so oft im Leben gibt es nicht nur Schwarz und Weiß sondern eine ganze Menge Grau-Schattierungen dazwischen.

Ohne Frage wünschenswert ist aber, dass es trotz des Vorfalls in diesem Jahr auch 2018 einen Renntag in gewohnter Breite in Offenbach an der Queich geben wird und der Verein an seinem entschiedenen Einsatz für einen sauberen und fairen Sport festhält. Unabhängig von Startverboten für irgendwelche Seniorenfahrer ist es nämlich diese Einstellung, die den Nachwuchsfahrern des Vereins wichtige Werte vermittelt, über die man verfügen muss um später die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Ich freu mich über und bitte um konstruktive Kommentare. Äusserungen, die die Lizenzfahrer im Allgemeinen und meine Sportkameraden der Mastersklasse im Speziellen per see als Doper und verbohrte Egomanen verunglimpft, werde ich aber nicht freischalten.

Links:
Antidoping Resolution RV Vorwärts 1904 Offenbach

Donnerstag, 2. November 2017

Icarus - Wie Doping und Geopolitik zusammenhängen

Manche Filme halten überraschende Wendungen bereit, der absehbare Plot wird verlassen und plötzlich sieht man einen ganz anderen Film. Etwa wenn sich From Dusk Till Down von einem Gangster-Roadmovie zu einem Vampir-Horror-Splatterfilm wandelt. In etwa genauso abstrus geht es in Icarus zu, einem Film über Doping im Radsport, sozusagen der Roadmovie-Teil, und den Skandal um das russische Staatsdoping, der Horror Teil.

Bryan Fogel ist ein begeisterter Radsportler und Amateur Rennfahrer. Lance Armstrongs Dopinggeständnis zwingt ihm die Erkenntnis auf, dass Dopingkontrollen weitgehend wirkungslos sind und ein negativer Test alles mögliche belegt, nur nicht dass der Fahrer sauber ist. Denn schliesslich wurde Armstrong nie offiziell des Dopings überführt.

Wie muss man es also anstellen um durch das Netz der Dopingfander zu schlüpfen? Und hilft EPO und Co. tatsächlich? Da Bryan Fogel auch ein Filmemacher ist, plant er eine Dokumentation über einen Selbstversuch, ein Doping - Super Size Me sozusagen. 2014 nimmt er an der Haute Route Teil, einem Gran-Fondo-Etappenrennen in den Alpen. Ungedopt. Er schlägt sich nicht schlecht, muss aber erkennen, dass die Fahrer in der Spitze wie von einem anderen Stern fahren. Wie würde er sich schlagen, wenn er nach allen Regeln der pharmazeutischen Kunst nachhelfen, wenn der den Amateur-Armstrong geben würde? Dazu sucht Bryan Fogel fachkundige Unterstützung, die er schließlich bei Dr. Grigory Rodschenkov findet, dem Leiter des russischen WADA Labors in Moskau. Der Russe willigt ein Fogel zu helfen, man konferiert über Skype und trifft sich persönlich, es gibt einen Dopingplan, der beschreibt wann was einzunehmen ist. EPO, Testosteron,  Wachstumshormone, das übliche eben.
Fogel bereitet sich auf die nächste Haute Route vor und füllt unterdessen fleißig Urin-Proben ab. Diese sollen später nach allen Regeln der Kunst in Moskau analysiert werden. Die Haute Route endet dann nicht wie erhofft. Materialpech verhindert eine bessere Platzierung und noch immer sind die Besten deutlich überlegen.

Unterdessen veröffentlicht die ARD die Dokumentation von Hajo Seppelt Geheimsache Doping - Wie Russland seine Sieger macht. Dadurch kommen eine ganze Reihe von Ereignissen ins Rollen, an deren Ende sich Dr. Rodschenkov seiner Verhaftung und Rolle als Bauernopfer nur durch die Flucht in die USA entziehen kann. Von da an widmet Icarus sich dem russischen Dopingprogramm. Aus erster Hand berichtet der Mann, der den Sportbetrug in Russland organisiert hat von vertauschten Proben, Urindatenbanken und geheimen Zimmern mit getarnten Löchern in den Wänden. Das Erschreckendste bei all dem geht dabei weit über den Sport hinaus. Wer denkt bei Doping schon an geopolitische Schachzüge, an Brot und Spiele für das Volk und an Politiker, die auf einer Welle steigender Zustimmungswerte nach olympischen Medaillen Kriege beginnen?

Auch wenn am Ende einige Fragen offen bleiben (Wäre Fogel unentdeckt durch die Kontrollen gekommen? Wie weit verbreitet ist Doping im Freizeitsport? Ist Rodschenkov Held oder  Bösewicht?), bietet der Film zwei Stunden beste Unterhaltung und einen einmaligen Einblick in staatlich organisiertes Doping.

Zu sehen ist der Film nur auf Netflix. Im Original, mit Untertiteln oder in deutscher Synchronisation. Netflix bietet einen kostenlosen ersten Monat an, danach kostet das Abo zwischen 8 und 12 Euro und ist monatlich kündbar.


Anfang September hat der Regisseur mit Cyclingtips ausführlich über den Film gesprochen. Der Podcast ist einer der wenigen, die ich mir ein zweites Mal anhören werde:



Links:
ARD Sport Aktuel Podcast, Besprechung des Films
NY Times Filmkritik
NY Times Story über das russische Doping Program Teil 1, Teil 2
Spiegel Online Filmkritik

Samstag, 10. September 2016

Folgen oder nicht folgen, das ist die Frage

Vor einigen Tagen habe ich von der gerade angelaufenen Challenge #FollowContador berichtet. Dabei werden Elemente einer Strava Challenge mit denen eines Preisausschreibens und einer Social-Media Kampagne verknüpft. Im Prinzip ähnlich wie die Rapha 500 Challenge die alljährlich an Weihnachten stattfindet.

Für diesen Post musste ich gestern deutliche Kritik von Daniel von Coffee and Chainrings einstecken. Daniel kritisiert sehr deutlich, dass ich eine Kampagne mit einem überführten Doper als Aushängeschild unterstütze und fragt, wie man das mit einer Position gegen Doping in Einklang bringen kann.

Das ist in der Tat eine interessante und durchaus berechtigte Frage. Darüber hinaus stellt sich hier auch die weitaus generellere Frage zu der Zusammenarbeit zwischen Bloggern und der Industrie. Darauf werde ich heute aber nicht eingehen, dass soll Gegenstand eines eigenen Posts sein.

Alberto Contador ist eine polarisierende Figur. Gemessen an den Erfolgen ist er der unangefochtene Grand-Tour Fahrer seiner Generation. Als einer von nur fünf Fahrern in der Geschichte des Radsports hat er alle drei großen Rundfahrten gewonnen und zusammen mit Bernard Hinault ist er der Einzige, dem dies mehrfach gelang (Giro 2008, 2015 Tour 2007, 2009 Vuelta 2008, 2012, 2014). Daneben stehen viele weitere Siege bei kleineren Rundfahrten, Podiumsplätze, Etappensiege und zwei Spanische Meistertitel im Einzelzeitfahren in seinen Palmares.

Auf der anderen Seite ist Alberto Contador aber auch des Dopings für schuldig befunden worden. In einer während der 2010er Tour de France abgegebenen Probe wurden geringe Mengen Clenbuterol nachgewiesen. Ein Wirkstoff, der ursprünglich zur Astma Behandlung eingesetzt wird, als Dopingmittel wird dem Stoff eine anabole Wirkung nachgesagt, ebenfalls wird er zur Gewichtsreduktion eingesetzt. Darüber hinaus wurden in Contadors Blut Weichmacher festgestellt. Die Ursache könnte im Einsatz von Blutkonserven zum Zwecke des Blutdopings liegen. Zu guter Letzt wurden Alberto Contador Verbindungen zu Eufemiano Fuentes nachgesagt.

Der Dopingfall war damals ein ziemliches hin und her. Der Spanische Verband hob die Sperre von einem Jahr auf, da man den Fahrer als nicht schuldig anerkannte. Dies wurde von der UCI vor dem CAS angefochten. Am Ende wurde Contador rückwirkend ab dem Test für zwei Jahre gesperrt und alle Erfolge in dieser Zeit wurden ihm aberkannt. Dadurch kam Andy Schleck zu seinem Tour de France Sieg.

Alberto Contador ist also ein rechtskräftig verurteilter Dopingsünder, der seine Strafe "abgesessen" hat und nach dem gängigen Prinzip nicht nur der Sport-Rechtssprechung somit als vollständig rehabilitiert gilt.
Jetzt kann man durchaus die Position einnehmen, dass man (rehabilitierte) Dopingsünder auch nach dem Ablauf ihrer Sperre nicht wieder unterstützen sollte. Die MPCC verlangt von ihren Mitgliedern zum Beispiel, Fahrer erst mit weiteren zwei Jahren Karenz nach Ablauf einer Sperre unter Vertrag zu nehmen. Und natürlich kann man in diesem Zusammenhang auch über ein Pro und Contra von lebenslangen Sperren diskutieren.
Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob die Ausweitung der sport-gesetzlichen Sperre, egal ob durch die MPCC als auch durch einen persönlichen Bann nicht etwas von Selbstjustiz hat. Die Akzeptanz von Regeln und Gesetzen ist die Grundlage jedes gesellschaftlichen Zusammenlebens. Ob man die Regeln im Einzelfall als sinnvoll erachtet oder nicht spielt dabei keine Rolle.

Das im Zusammenhang mit diesem Dopingfall eventuell einige Mauscheleien stattgefunden haben und Contador wohl eine bevorzugte Behandlung genoss, ist der UCI und dem spanischen Verband, nicht aber Contador vorzuwerfen.

Die Problematik "rehabilitierter Doper" lässt sich noch ausweiten. In einigen Ländern (soviel ich weiss gehört z.B. Australien dazu) ist es verboten basierend auf gesetzwidrigen Handlungen Geld zu verdienen. Also zum Beispiel als überführter Dopingsünder ein Buch darüber zu schreiben. Das Buch wird man wohl schreiben dürfen, aber das Geld darf man nicht behalten. Und es ist in der Tat problematisch, wenn ein Sportler mit Hilfe von Doping zum gefeierten Star wird, Millionen verdient, Werbeverträge hat und wenn er erwischt wird schreibt er ein Buch darüber und verdient nochmal Geld. Es gibt viele Beispiele: Miller, Hamilton, Riis und und und.

Als Konsument muss man sich daher jedesmal fragen, gibt man diesem Ex-Doper Geld? Kauft man dieses Buch? Kauft man dieses Fahrrad (Merckx, Cipollini)? Erlaubt man Anderen mit diesen Fahrern Geld zu verdienen? Schließt man also ein Eurosport Abo ab, um zu sehen wie Contador bei der Vuelta attackiert? Ist es richtig ein Canyon Rad zu fahren, wo Canyon mit Katusha einen Rennstall unterstützt, der in Dopingfragen einige Angriffspunkte hat? Und Canyon überhaupt, beschäftigen die nicht Eric Zabel?

Wo ist die Grenze?

Radsport und Doping gehen schon immer Hand in Hand. Bei der ersten Tour de France haben die Fahrer den Zug genommen, später Alkohol und irgendwelche abstrusen Drogen, dann kamen die Amphetamine und Steroide und irgendwann Epo und Blutdoping und weiss der Geier was heute en Vogue ist. Ist das akzeptabel? Nein. Muss konsequent gegen Doping vorgegangen werden? Ja. Wird genug und vor allem das Richtige getan? Nein.

Wenn man aber jedwede Unterstützung von ehemaligen und aktuellen Fahrern, Teams und Firmen vermeiden will, die irgendwie mit Doping in Verbindung zu bringen sind , muss man mit dem professionellem Radsport genauso wie mit dem Amateursport und der Jedermannszene brechen. Wenn man dies konsequent auf andere Bereiche weiterdenkt, endet man als Einsiedler in der Einöde oder wenn man beim Doping bleibt als Anti-Doping Fundamentalist. Und Fundamentalismus ist niemals eine Lösung. Dazu ist das Leben zu vielschichtig, zu kompliziert und auch zu bunt.

Irgendwo muss also eine Grenze gezogen werden, bis zu der eine Dopingvergangenheit akzeptabel ist. Die Grenze ist individuell und subjektiv. Was für mich akzeptabel ist, kann für jemand anderen inakzeptabel sein. Was ich Fahrer A durchgehen lasse, muss ich bei Fahrer B noch lange nicht gut heißen . Mir ist bewusst, dass das inkonsequent ist und viel von einem Sympathiefaktor abhängt.

Alberto Contador liefert immer eine großartige Show ab, auch in aussichtsloser Lage ergreift er die Initiative und gibt sich nicht mit dem Erreichten zufrieden. Was war das für eine coole Aktion am vergangenen Sonntag bei der Vuelta. Auf die Plätze los und Attacke. Das will ich sehen! Echte, überraschende, "long-range" Attacken. Nicht nur ein "wer-fährt-den-letzten-Berg-am-schnellsten-rauf".

Ein Ausschnitt aus der Google Bilder Suche "Alberto Contador Climbing"

Das mit der Sympathie ist natürlich so eine Sache. Ich habe Alberto Contador noch nie in echt gesehen. Alles was ich weiss ist ein von den Medien gezeichnetes Bild. Jemanden nur aufgrund diesen unzulänglichen Informationen in eine Schublade zu stecken ist unumgänglich, ohne Vorurteile kämen wir in unserem Leben nicht zurecht. Es ist schlichtweg unmöglich nur aufgrund vollständiger Informationen zu urteilen. Vielleicht ist Lance Armstrong in Wirklichkeit ein netter Kerl? Wer weiss das schon.

Aber bevor ich noch weiter abschweife zurück zu der ursprünglichen Frage: Ist es legitim über eine Werbeaktion zu berichten die Alberto Contador als Aushängeschild führt? Ich schreibe ganz bewusst berichten und nicht unterstützen, da letzteres ein sponsored Post wäre, was er nicht ist. (Aber dazu mehr in einem späteren Artikel).

Ich kann diese Frage für mich ganz klar mit ja beantworten. Alberto Contador wurde des Dopings für schuldig befunden und hat seine Strafe abgesessen. Er ist mir sympathisch, fährt großartige Radrennen, hat eine aktive Fahrweise. Insofern: #FollowContador Todo los dias!

Bis jetzt wurden im Rahmen der Challenge 328 Tausend Kilometer zurückgelegt, Deutsche Radsportler sind zusammen schon einmal um die Welt! Mein Beitrag ist mit 34 Kilometer eher bescheiden. Ich werde also auf keinen Fall die Chance bekommen Alberto Contador persönlich kennen zu lernen. Schade eigentlich. Aber zumindest werde ich es bis zum ersten Badge schaffen, ab 50 km gibt es was zu gewinnen!

Mittwoch, 28. Oktober 2015

Bravo GFNY!

Heute hat Gran Fondo New York CEO Uli Flume bekanntgegeben, dass der diesjährige Sieger der GFNY Championships in New York, der Kolumbianer Oscar Tovar, positiv auf synthetisches Kortison getestet wurde. Ebenfalls des Dopings überführt wurde die Dritte des Frauenrennens, die auch aus Kolumbien stammende Yamile Lugo.

Gedopte Möchtegernprofis die die vorderen Plätze bei Jedermann Rennen absahnen sind keine guten Nachrichten. Es gibt Veranstalter von bei weitem grösseren und prominenteren Jedermannrennen, die solche News lieber stiefmütterlich behandeln und auch gar keine eigenen Tests durchführen. Bei dem Doping Thema handelt so mancher nach dem Motto "No news are good news", wenn es dann gar nicht mehr anders geht wird halt scheibchenweise kommuniziert.

Und natürlich kosten Dopingkontrollen Geld. Bei Lizenzradrennen werden diese Tests von den nationalen Anti-Doping Agenturen durchgeführt, die zu einem großen Teil durch öffentliche Mittel finanziert werden (zumindest in Deutschland). Kommerzielle Veranstaltungen ausserhalb der Radsportverbände werden nicht getestet, dort muss der Veranstalter selber für die Kontrollen aufkommen. Dummerweise schmälern solche Ausgaben den Profit und da sie nicht notwendig sind, lässt man Sie eben weg. Blöd nur wenn der Betrug trotzdem offensichtlich wird. Der "Ötztaler" hatte aus diesem Grund 2015 einige schlechte Publicity bekommen. Nachzulesen hier und hier.

Es geht aber auch anders. GFNY hat ein sehr starkes Anti-Doping Statement und führt auch entsprechende Tests durch. Diese haben bereits 2012 zwei Sieger des Dopings überführt.

Diese und die aktuell positiven Tests zeigen, dass die Kontrollen wirken und das Bekenntnis für einen sauberen und fairen Sport nicht nur ein Lippenbekenntnis ist. Darüber hinaus ist es ein Beispiel wie man solche Nachrichten kommuniziert, nämlich unmittelbar und ungeschönt.

Flume schreibt in seinem Newsbeitrag:
“We are of course upset and hurt that a doper taints the reputation of our race and had us celebrate him on the day. However, it’s without a doubt more important for us to do what we can to make our race fair, of which doping controls are an integral part. Simply looking away and not testing the athletes is the worst decision that a race director can make because it forces everyone to take drugs to try to level the playing field.”

So muss ein positiver Test nicht zwingendermaßen zu einem Reputationsschaden führen. Ich für meinen Teil sehe diese "schlechte" Nachricht nämlich durchaus als eine Gute an. Bei der Auswahl eines Gran Fondos spielt das Anti-Doping Statement für mich eine Rolle und bei GFNY hat dieses Hand und Fuß. Aus diesem Grund, trotz gedoptem Sieger: Bravo GFNY!

Ich freue mich auf den GFNY Mt. Ventoux 2016 (und vielleicht auch auf das Rennen in Hameln)!


Links:
USADA Mitteilung
GFNY Blog
GFNY Mt Ventoux 2015 auf Unterlenker.com

Dienstag, 30. September 2014

Wird Doping strafbar?

Die Berliner Zeitung berichtete vergangenen Sonntag über eine Gesetzesvorlage aus den Bundesministerien für Justiz und Inneres, die Doping in Zukunft unter Strafe stellen soll. Bisher sind Doping-Delikte "bestenfalls" unter das Arzneimittelgesetz gefallen. Der Entwurf, würde er denn so umgesetzt, würde dann nicht nur auf den Schutz der Gesundheit der Athleten abzielen, sondern ausdrücklich die Werte des Sports wie Fairness und Chancengleichheit schützen.

Was am Ende dabei herauskommt, bleibt abzuwarten. Die Sportverbände werden wohl mit Lobbyarbeit versuchen, die Hoheit über Dopingvergehen auch weiterhin ausschliesslich der Sportgerichtsbarkeit zu unterstellen.

Ich finde, dass ein solches Gesetz schon lange überfällig ist. Die Sportverbände haben sich in der Vergangenheit nicht gerade als eifrige und erfolgreiche Dopingjäger bewiesen. Was auch verständlich ist. Im Spitzensport geht es um viel Geld, Big Business. Ein Verband, der hart und gnadenlos jedem Verdacht nachginge, würde unweigerlich mehr entdecken. Ein Dopingfall bedeutet aber immer negative Publicity. Negative Publicity verschreckt Sponsoren, Fernsehanstalten und Zuschauer. Das bedeutet weniger Aufmerksamkeit, weniger Geld und weniger Macht für Funktionäre oder, noch schlimmer, weniger Funktionäre. Der Radsport hat das leidvoll erfahren.

Die Sportgerichtsbarkeit soll, nach meinem Verständnis, über die Auslegung von Regeln und über die Ahndung von Regelverstößen entscheiden. Die Verbände haben die Regeln aufgestellt und sollen und können darüber richten. Dagegen ist nichts einzuwenden. Ordentliche Gerichte verfügen weder über das Fachwissen noch über die notwenigen Ressourcen um die Sportgerichtsbarkeit zu ersetzen. Ersteres wäre durch Gutachter zu beheben, letzteres würde Entscheidungen aber inakzeptabel in die Länge ziehen.

Doping ist eine andere Frage. Wie bereits erwähnt gibt es einen starken Interessenkonflikt. Dieser kann nur behoben werden, wenn in Doping Sachverhalten von staatlicher Seite ermittelt und gerichtet wird. Und es ist doch eine gute Sache, wenn unserem Staat und damit auch unserer Gesellschaft sportliche Werte wie Fairness und Chancengleichheit so viel wert sind, dass diese nicht den großen und kleinen Geschäftemachern in nur halbwegs demokratischen, undurchsichtigen Sportverbänden überlassen werden. Oder glaubt irgendjemand da draussen ernsthaft, dass das IOC einen sauberen Sport einem einträglichen Sport vorzieht? Wer hat die großen Dopingskandale im Radsport an das Tageslicht gebracht? Der Festina Skandal, die Operation Puerto, Dr. Ferrari? Nationale Verbände? Die UCI? Nein, in allen drei Fällen waren es staatliche Stellen, die Polizei oder Staatsanwälte.

Der Ein oder Andere mag vielleicht einwerfen, dass einflussreichere Sportarten bei der Operation Puerto ungeschoren davon kamen. Vielleicht war dem so. Vielleicht auch nicht. Wir wissen es nicht. Sollte es aber so sein, ist das in keiner Weise ein Argument gegen ein Anti-Doping Gesetz, sondern ein Argument für ein härteres Anti-Korruptionsgesetz.

drtl: Ein Anti-Dopinggesetz in Deutschland? Ja bitte, hoffentlich bald.

Hier noch ein Link zu einem FAZ Artikel.
Hier die Reaktion von Tony Martin.