Sonntag, 29. November 2015

Die Radmütze

Die Kunst eine Radmütze korrekt zu tragen ist heute nicht mehr sehr verbreitet. Seit Helme (richtigerweise) zur Kopfbedeckung Nummer Eins für Radfahrer wurden, sind die Mützen auf dem Rückzug. Im Sommer schützt der Helm vor der Sonne und eine zusätzliche Mütze würde schnell zu warm werden. Im Winter ist die Rennmütze dagegen viel zu dünn und als Schutz vor der Kälte bei weitem nicht ausreichend. Und natürlich darf eine Radmütze nur auf dem Rennrad, bei der Siegerehrung oder direkt vor der Ausfahrt, unmittelbar danach oder bei einem Kaffeestop getragen werden. In Verbindung mit voller Montur. Keinesfalls einfach so zu Zivilklamotten, das machen nur Hippster.

Unter dem Helm trägt man eine Mütze im Frühjahr oder im Herbst, wenn es nicht mehr allzu kalt ist, aber auch noch nicht brütend heiß. In dem Fall liegt die Mütze auch eng am Kopf an, der Helm kommt ja noch drüber. Die Kunst besteht darin, die Mütze ohne Helm richtig zu tragen. Denn dann darf sie keinesfalls press anliegen, sondern muss etwas Luft haben, bestenfalls gerade so auf dem Kopf sitzen ohne runterzurutschen, Schirm nach vorne und nach unten. Guiseppe Saronni  hat die Rennmütze mit seither unerreichter Eleganz getragen und ist der Schutzheilige der "Casquette", zumindest laut den Velominati. Wenn damals wirklich schnell gefahren wurde, zum Beispiel bei Zeitfahren, wurde die Mütze auch gerne einmal verkehrt herum getragen.

Früher waren Radmützen auch ein Artikel, den man selten gekauft, sondern in der Regel als Werbeartikel geschenkt bekommen hat. Wenn man doch mal dafür bezahlt hat, kostete so eine Mütze ein paar Mark. Heute werden in der Regel zwischen 15 und 20 Euro fällig!

Wie auch immer, die Casquette darf in keiner Radfahrer Garderobe fehlen und die Kunst sie korrekt zu tragen, sollte zu den ersten Dingen gehören, die wir den Novizen in unserem Sport beibringen.

John Degenkolb (ohne Schnurres! Hätte ihn fast nicht erkannt!) und Kollegen zeigen in einem Video des Giant-Alpecin Bekleidungssponsors Etxeondo ganz aktuell wie man die Rennmütze trägt.


In diesem Zusammenhang kann das Video mit Gianni Bugno natürlich nicht unerwähnt bleiben. 


Links:
cyclingtips how-to-wear-a-cycling-cap
velominati.com look-pro proper-cycling-caps
velominati the-rules/#22

Dienstag, 24. November 2015

Scheibenbremsen sind da um zu bleiben! (Update)

Heute hat cyclingtips mit Bezug auf gut unterrichtete Quellen aus der Fahrradindustrie gemeldet, dass die UCI den Einsatz von Scheibenbremsen im Pro-Peloton ab 2016 freigibt. Also quasi in fünf Wochen. Ab dem 1. Januar 2017 sollen die Amateure folgen. Yeah, Scheibenbremsen für alle! Yeah?

Die Entscheidung sei Mitte Oktober von der zuständigen Kommission der UCI getroffen worden. Die Rotorgröße wurde demzufolge auf 160mm festgelegt. Ich habe mal auf der Seite der UCI gesucht, aber nichts gefunden.

Das Für und Wider von Scheibenbremsen wird zuweilen ja mit fast schon religiöser Inbrunst diskutiert. Für mich steht ohne Frage fest: In fünf Jahren sind Rennräder mit Scheibenbremsen genauso normal wie heute Bremsschaltgriffe.

Die üblichen Argumente gegen die Disc-Brake sind:
  • Ästhetik: Reine Gewöhnungssache. Am Anfang haben auch Radhelme, Sport-Brillen und Triathlonaufsätze "falsch" ausgesehen. Heute sind sie ganz normaler Bestandteil des Radsports.
  • Gewicht: Niemand verliert ein Rennen, weil das Rad ein paar Gramm schwerer ist. Wenn die UCI das Gewichtslimit für Rennräder generell beibehält, wird es keine Schwierigkeit sein Rennräder mit Scheibenbremsen zu bauen, die das Mindestgewicht gerade so erreichen. Darüber hinaus spielt das Gewicht ausser bei einer Bergankunft auch nur eine untergeordnete Rolle.
  • Aerodynamik: Ja, das mag etwas schlechter sein, aber ich bin überzeugt, findige Ingenieure werden auch da Lösungen finden. Vielleicht ist eine solche Lösung ja auch unter Verletzungsgesichtspunkten interessant? 
  • Radwechsel: Mit etwas Übung wird das eine so schnell gehen wie das andere. 
  • Neutraler Service: Das wird in der Tat etwas komplizierter. Auf der anderen Seite wird es vielleicht auch immer weniger Defekte geben, Tubeless Reifen sollen ja viel weniger anfällig sein. Vielleicht wird es ja auch Laufräder geben, die sowohl einen Rotor als auch eine "bremsfähige" Felge haben und die sowohl per True Axle als auch mit einem Adapter per Schnellspanner montiert werden können. Warum nicht?
  • Verletzungsgefahr beim Sturz: Wirklich? Das soll ein Argument sein? Massenstürze sind zum Glück sehr sehr selten. Wenn es aber doch dazu kommt, sollen heisse Bremsscheiben den Radfahrern Beine und Arme abtrennen? Echt? (siehe dazu auch das GCN Video weiter unten) Nun, die Bremsen dürften nur auf langen, kurvenreichen Abfahrten wirklich heiss werden. Auf Abfahrten fahren aber alle schön in einer Reihe. Das geht gar nicht anders. Wenn es da Stürze gibt  erwischt es maximal eine Handvoll, aber nicht das halbe Feld. In der üblichen Massensturz Situation kommen die Bremsen gar nicht zum Einsatz, das geht so schnell, da fasst keiner mehr an die Bremse. Aber gehen wir mal davon aus, es kommt wirklich zum Sturz, so richtig mit Karacho, dann fallen mir Straßenlaternen, Zäune, Pfosten ein, oder massive Abschürfungen, vielleicht innere Verletzungen durch einen "Lenker im Bauch", gar nicht davon zu reden was mit dem Kopf alles passieren kann, trotz Helm. Und da soll eine Bremsscheibe das Risiko nennenswert erhöhen?
  • Unterschiedliche Bremsleistung: Auch heute ist es so, dass es Fahrer gibt die früher und solche die später bremsen. Der, der später bremsen kann, macht auf der Abfahrt Meter gut, der frühe Bremser verliert. Wenn vor mir Felgenbremser sind, fahre ich mit meinen Scheibenbremsen entweder vorbei oder ich muss warten. Im umgekehrten Fall muss der Felgenbremser eben früher anfangen zu bremsen. Jeder Fahrer muss doch immer selber einschätzen, wie schnell er eine Kurve fahren kann und wann er bremsen muss. Wo ist der Unterschied zu heute? Wenn ich mit Sagan eine Abfahrt runterfahre, kann ich auch nicht erst bremsen wenn der bremst. 
  • Die Kompatibilität nimmt ab: Auch das ist richtig. Aber seien wir mal ehrlich, die Zeiten in denen alles miteinander kombinierbar war sind seit Einführung der indizierten Rahmenschalthebel vorbei. Der Trend geht dazu ein komplettes System zu kaufen. Alles ist auf einander abgestimmt. 10 fach, 11 fach, integrierte Vorbau-Lenker Einheiten, proprietäre Sattelstützen, Innenlager, da kommt es auf die Laufräder auch nicht mehr an.
Zu den Vorteilen kann ich nur eines sagen, aus eigener Erfahrung: Es bremst besser! Bei jedem Wetter die gleiche Bremsleistung. Dabei sind die mechanischen Scheibenbremsen an meinem Winterrad sicher nicht der Weisheit letzter Schluss, noch lange nicht. Und trotzdem ist es im Winter und bei Regen viiieeeel entspannter. Es bremst einfach immer und tatsächlich gleich gut. 

In spätestens fünf Jahren ist die Scheibenbremse Standard und die Felgenbremse die Spezialausstattung. Ob es gefällt oder nicht, Scheibenbremsen sind da um zu bleiben! Es gibt übrigens ein Spezialwort für das was mit den Bremsen gerade passiert, das Schwierige ist, man erkennt es oft erst Jahre später. Das Ganze nennt sich FORTSCHRITT! ;-)




Link:


Update 30.11.2015:

Heute hat die UCI die Regelungen bekanntgegeben, die 2016 den Einsatz von Scheibenbremsen in professionellen Straßenrennen erlaubt. Hier der wichtigste Passus:

After extensive discussions with its stakeholders, the UCI has decided to allow the use of disc brakes by riders across all divisions of UCI professional road teams:

  • UCI WorldTeams
  • UCI Professional Continental Teams 
  • UCI Continental Teams
  • UCI Women’s Teams. 

The use of disc brakes will be carefully monitored throughout the year with a view to definitively allowing them to be used in professional road cycling from 2017.

Hier die volle Pressemitteilung.

Sonntag, 22. November 2015

Test: Busch + Müller IXON und IXXI

Wir sind ja schon wieder mittendrin in der dunklen Jahreszeit, morgens geht die Sonne erst um acht auf und nachmittags ist um kurz vor fünf auch schon wieder Schluss mit Tageslicht. Aber selbst tagsüber bleibt es machmal duster und diesig. Wer da weiterhin zum Radfahren vor die Tür will und nicht den ganzen Winter auf dem Trainer im Keller verbringen möchte, kommt um Licht am Rad nicht drumherum.

Ich bin seit gut einem Jahr mit einem Set von Busch + Müller unterwegs, IXON (vorne) und IXXI (hinten).

Die vordere Lampe wiegt 112gr, ist StVO konform und verfügt über 2 Modi, 12 Lux und 50 Lux. Die Herstellerangaben zur Leuchtdauer (15 respektive 3 Stunden) kommen in etwa hin, allerdings habe ich es noch nicht bis zum Schluss ausgereizt und kann es somit nicht sicher bestätigen. Die Befestigung erfolgt mit einer verstellbaren Klemme, die sowohl an normale wie auch an oversize Lenker passt, solange diese rund sind. Die Montage ist schon mal etwas frikelig, da die Klemme beim öffnen gerne auseinander fällt. Ist diese aber erst mal am Lenker, wird die Lampe seitlich auf die Basis geschoben und sitzt bombenfest.

Der 12 Lux Modus ist eher in der Stadt oder in der Dämmerung als Sicherheitsleuchte zu gebrauchen, wenn es richtig dunkel wird und man die Straße ausleuchten möchte, muss der 50 Lux Modus angeschaltet werden. Das Licht, dass dann auf der Straße ankommt, reicht selbst für flotte Fahrten aus. Nur auf Abfahrten wird es knapp, ab etwa 50 km/h wird die Reaktionszeit zu kurz, um im Lichtkegel auftauchenden Hindernissen auszuweichen.

Das Rücklicht hat nur einen Modus: Dauerleuchten. Das 35 gr. Licht wird mit einem Gummi befestigt und sitzt auch an der Aerostütze meines Canyon einwandfrei. Busch + Müller gibt die Leuchtzeit mit 15 Stunden an.

Beide Lampen sind so konstruiert, das ein Teil des Lichtes zur Seite abgegeben wird, was die Sichtbarkeit von rechts und links deutlich erhöht. Aufgeladen werden die Lichter per USB Kabel. Auch nach einem Jahr regelmäßigem Gebrauch konnte ich noch keine Einschränkung bei der Akkulaufzeit feststellen. Übrigens: Busch + Müller Lampen sind Made in Germany!


Ah, und wer sich über die relativ niedrige Zahl von 50 Lux wundert, wo doch alle möglichen Lampen 200, 400, 1000 und mehr Lumen haben, Lux und Lumen sind zwei unterschiedliche Dinge. Lumen geben die Lichtstärke der Quelle an, sagen aber noch nichts darüber aus, wieviel von dem Licht auch auf einer Fläche (Straße) ankommt, genau das wird in Lux gemessen. Je nachdem wie gut oder schlecht die Optik ist kommt mehr oder weniger Licht auf der Fläche an. Bei einer schlechten Optik gibt es z.B. mehr Streulicht. Hier wird der Unterschied etwas detaillierter erklärt.

Fazit: Für rund 50 Euro Straßenpreis ein erstaunlich guter Satz Lampen für das Rennrad. Teurere Lampen machen mehr Licht und teilweise die Nacht zum Tag, kosten aber in der Regel auch ein mehrfaches. Eine sicherlich empfehlenswerte Ergänzung ist eine Heimlampe (adaptives Kurvenlicht!).


Hier leuchtet die Lampe mit 50 Lux, also in der helleren Einstellung.


Links:
Busch + Müller IXON / IXXI

Donnerstag, 19. November 2015

Videos 13-2015

Einige Zeit her seit dem letzten Video Post! 
Inzwischen haben sich aber wieder einige Filme in meiner Inbox angesammelt, es kann also wieder los gehen!

Hellcross ist ein Cross Rennen der etwas anderen Art und die 2015er Ausgabe fand letzten Samstag, am 14. November statt.


Auch in Japan fährt man Cross-Rennen. Ein besonderes Spektakel bietet sich an Day2, wenn die Strecke "etwas" rutschig wird.



Svenness geht in die vierte und letzte Runde, denn nach der aktuellen Cyclocross Saison
wird Sven Nys seine stellare Karriere beenden!


Europäische Rad-Klau Meisterschaften? Ich bin gespannt was sich dahinter verbirgt. Mehr dazu demnächst auf welovecycling.


Die früheren Filme vom Collectif Parlee hatte ich hier schon mal verlinkt. Der aktuelle ist nicht weniger schön.


Und dieses Video von DeFeet ist einfach großartig.

Montag, 16. November 2015

Test: Canyon Aeroad CF SLX 8.0 Di2

Seit Ende Juli bin ich gute 3500 km auf dem "schwarzen Prinzen" gefahren, dem Canyon Aeroad CF SLX in der Ausstattungsvariante 8.0 mit Ultegra Di2 und Reynolds Carbon Clincher Rädern. Höchste Zeit also für ein Resümee.


Vorab: Warum ein Aero-Rad? 

Ganz einfach: Weil es schneller ist! Aero gewinnt ohne Frage im Flachen und bergab. Aber selbst am Berg ist es zumindest nicht von Nachteil, solange es nicht allzu steil ist. Wenn es dann doch mal richtig bergauf geht, ist ein leichtes Rad nur minimal im Vorteil. Ein kleines Rechenbeispiel: Am Berg kann ich über 5 Minuten an einem guten Tag etwa fünf Watt/kg (400/(70+10)) treten. Mit einem 6,5 Kilo Rad würde ich gegenüber meinem 7,5 Kilo Alu-Rad also ganze fünf Watt sparen, etwa 1,25%. Den Luftwiderstand ausser Acht gelassen sollte das leichtere Rad etwas unter vier Sekunden (60x5x0,0125) sparen. Ein Vorsprung, der auf der Abfahrt bei der viel höheren Geschwindigkeit von dem Aerorad mit Leichtigkeit ausgeglichen wird, da der Luftwiderstand ja bekanntlich im Quadrat zunimmt (An der Stelle steige ich bei der Berechnung aus). Das ist so natürlich keine wissenschaftlich fundierte Kalkulation, macht aber deutlich, dass der Vorteil eines leichten Rades am Berg geringer ist, als man oftmals annimmt. Am Ende sind aber ein paar Artikel verlinkt, in denen sich schlaue Leute dazu tiefergehende Gedanken gemacht haben.


Zweite Frage, warum das Aeroad?

Natürlich wegen des Preises, (vergleichbare Räder der "großen" Hersteller kosten einige tausend Euro mehr), wegen dem Design (gerade Rohre, herrlich, wer glaubt im Ernst dass eine Kurve die beste Verbindung von A nach B ist?) und nicht zuletzt wegen der Wartungsfreundlichkeit und Vielseitigkeit (breite Reifen, normale Bremsen).

Canyon: Bestellung, Lieferung und Montage

Nun ist es bei Canyon ja so, dass man mach Koblenz fahren und dort eine Testfahrt machen kann. Und obwohl Koblenz nur 200 km entfernt ist, war mir das schon zu viel und ich habe das Rad bestellt ohne es vorher gesehen oder gar getestet zu haben. Allerdings wusste ich was mich bei der Geometrie erwartet. Die Maße waren ähnlich meinem Canyon Ultimate AL, da sollte es keine Überraschungen geben. Dem war dann auch so. Ich habe mich drauf gesetzt, bin losgefahren und habe mich vom ersten Meter an wohlgefühlt.

Wenn man Sonderwünsche hat, etwa längere Kurbeln, ein anderer Lenker, Sattel oder Vorbau, dann ist man bei Canyon allerdings an der falschen Adresse. Natürlich kann man Teile tauschen wenn einem das Rad gehört, später zu Hause, aber eben nicht bei der Bestellung. Zum Beispiel hat ein M-Rahmen 172,5er Kurbeln. Basta. Das ist sozusagen der Preis für den Preis.

Hinsichtlich der Lieferzeit hatte ich Glück. Etwa drei Wochen nach der Bestellung kam ein großes Paket per DHL. Der Karton ist dabei wirklich gut gemacht, da sollte es mit dem Teufel zugehen wenn dem Rad etwas passiert. Neben dem Rad gab es eine dicke Bedienungsanleitung und eine Tüte mit Kleinkram: Carbonmontagepaste, der Canyon-Drehmomentschlüssel, Reflektoren (?), Tubless-Ventile für die Laufräder und vielleicht noch einige Sachen, die ich inzwischen vergessen habe. Es scheint, dass ich keine Bilder gemacht habe oder ich kann sie nicht mehr finden, aber am Ende ist es ein Karton mit einem Rad drin. Kein Hexenwerk.

Laufräder, Lenker und Sattelstütze sind demontiert. Der Zusammenbau sollte für auch nur halbwegs begabte Schrauber kein Problem darstellen. Alle anderen sollten in der Anleitung hoffentlich ausreichen Hilfe finden (Ich muss zugeben, ich habe nicht reingeschaut).

Leider hat die Endmontage-Qualitätskontrolle bei Canyon in meinem Fall nicht ihre Sternstunde gehabt. Drei Dinge gab es zu reklamieren:
  • Der Di2 Akt im Unterrohr war mit nur einer Schraube statt zwei befestigt und wackelte fröhlich hin und her. Schrauben habe ich zum Glück massenhaft, das war kein Problem und schnell erledigt.
  • Ärgerlicher war da schon, dass die O-Ringe der Ventilverlängerungen gefehlt haben. Es gibt ja zwei Arten von Verlängerungen: Solche, bei denen das Ventil aus dem Schlauch raus und ans Ende der Verlängerung geschraubt wird. In diesem Fall ist das Ventil also aussen. Oder die Variante, bei der die Verlängerung einfach auf das offene Ventil aufgeschraubt wird. In diesem Fall ist das Ventil innen. So auch bei den Reynolds Laufrädern. Damit die Luft dann auch tatsächlich in den Schlauch geht, muss der Übergang zwischen Ventil und Verlängerung dicht sein. In meinem Fall war das leider nicht der Fall. Ab etwa fünf Bar ist die Luft in der Felge gelandet statt im Schlauch.
  • Noch ärgerlicher war, dass bei der Montage der Abdecklasche unter dem Lenker offenbar geschlammpt wurde. Der Carbon-Aero Lenker hat einen nach unten offenen Kanal, der die Züge aufnimmt, dieser wird mit einer Plastikabdeckung verschlossen, die mit Schrauben im am Lenker eingelassene Gewinde befestigt wird. Eines dieser Gewinde war so vermurkst, dass sich die entsprechende Schraube nur mit Kraft herausdrehen ließ. Rein ging es danach nicht mehr, zumindest nicht so, dass die Schraube bündig mit der Abdeckung gewesen wäre. Das wäre nicht so schlimm gewesen, wenn dieses Gewinde nicht später den spezial Garmin-Halter aufnehmen sollte. Aber, das muss ich sagen, Canyon hat in diesem Fall sehr guten Service geleistet. Ich konnte wählen, ob ich mein Rad einschicken oder den Lenker selber tauschen wollte. Ich habe mich für letzteres entschieden und eine neue Lenker-Vorbau-Einheit und Lenkerband bekommen, habe den Lenker getauscht und den Defekten zurückgeschickt.

Auf der Straße

Genug der Schrauberei, ab auf's Rad und raus auf die Straße. Und dort zeigt sich das Aeroad von seiner besten Seite. Das Handling ist mit der Einstellung der Gabel auf agil (stabil habe ich nicht getestet) immer präzise, aber nie nervös. Das Rad lässt sich auch freihändig sicher steuern, abgesehen von Seitenwind-Situationen, die mit Hochprofilfelgen immer kritisch sind. Genau so muss eine gute Geometrie sein: Exakt in den Kurven, wie an der Schnur gezogen geradeaus.

Bergauf und beim Antritt steht das Rad wie eine Eins. Vielleicht liegt das auch nur an der lächerlichen Wattzahl die ich auf das Pedal bringe, aber bei mir bewegt sich da gar nix, kein schleifender Umwerfer, nix, alle Kraft voraus.

Der nächste Punkt ist der Komfort. Ein Aerorad sollte immer härter sein als ein "normales" Straßenrad. Das ist konstruktionsbedingt nicht anders zu erwarten. Mir ist das Canyon aber nicht als besonders hart aufgefallen. Im Gegenteil, das Rad liegt jederzeit satt auf der Straße, auch auf schlechter Wegstrecke. Gut, ich bin auf Alurahmen mit Oversize Sattelstützen groß geworden, danach ist alles andere komfortabel. Einen großen Anteil an dem komfortablen Eindruck hat der von Canyon entwickelte Aero-Lenker. Wenn man sich einmal an die große Auflagefläche für die Hand gewöhnt hat, will man diese nicht mehr missen. Ein Nachteil des Aerolenkers ist allerdings, dass sich Zubehör wie Computer oder Lampen nur mit etwas Bastelgeschick montieren lassen. Seit einigen Tagen gibt es zumindest einen extra Halter, mit dem sich Computer mit Garmin Mount vor dem Lenker platzieren lassen.

Die Reynolds Räder sind relativ schwer und wiegen ohne Reifen und Kassette über 1600 gr.. Die Räder sind tubeless ready, ohne Fehl und Tadel verarbeitet und laufen, dass es die reine Freude ist. Die Bremsleistung im Trockenen ist ohne Beanstandung, im Regen kann man es aber vergessen.  Da passiert gar nichts, trotz Original Reynolds Bremsbelägen.

Die Shimano Ultegra Di2 ist ein Traum. Das ist mein erstes Rad mit elektrischer Schaltung und ich möchte es nicht mehr missen. Ein kleiner Druck mit dem Finger und zack, sitzt der Gang. Die Einstellung ist auch relativ problemlos, nicht schwieriger, aber auch nicht einfacher als eine konventionelle Schaltung. Sehr gut gefallen mir die Direct Mount Bremsen. Zum einen lassen sich diese sehr genau einstellen und geben der Felge viel Platz. Es ist also nicht notwendig, die Bremsschuhe sehr eng an der Felge zu positionieren. Zum Anderen lassen sich die Bremsen sehr leichtgängig und mit gutem, deutlichem Druckpunkt bewegen. Ein weiterer Vorteil ist der enorme Platz für breite Reifen, 28mm sollten kein Problem darstellen. Das absolute Killerfeature, verglichen mit so manch anderem Aerorad, ist aber dass die Bremse leicht zu warten ist. Keine Fummelei unter der Kettenstrebe oder komplizierte Zugverlegungen. Sehr gut!

Was mir sonst noch aufgefallen ist:
  • Im Bestreben dem Ausfallende größtmögliche Steifigkeit zu verleihen, hat man den Abstand zwischen Schaltauge und Ausfallende auf das absolute Minimum verkürzt. Leider ist dadurch der Radeinbau etwas frikelig geworden. Ich bleibe jedes Mal mit dem Konus des Schnellspanners an der Schaltung hängen. Mich würde mal interessieren, wie die Profi-Mechaniker das Laufrad schnell montiert bekommen.
  • Die verstellbaren Gabelausfallenden neigen zum Knacken, mit etwas Fett ist das aber schnell behoben.
  • Speed Speed Speed Speed Speed .... (trotzdem muss man immer noch treten, Mist)

Fazit: Sehr schönes Rad, würde ich jederzeit wieder kaufen.


Canyon Aeroad CF SLX 8.0 Di2

Links:
Canyon Aeroad CF SLX 8.0 Di2
The numbers game (Tour Artikel, hier die englische Version von der Cervelo Seite, wer die deutsche Version sucht, findet diese hinter der Tour Paywall)
Lightweight versus Aero, Michael Hutchinson, CyclingWeekly
Cyclist Review
Bike Radar Review
Cycling Tips Review  (tolle Bilder)

Sonntag, 15. November 2015

Filmriss

So was ist mir auch noch nicht passiert. Dass ich Rad fahre und mich im Anschluss nicht daran erinnern kann. Tja, was soll ich sagen, allem Anschein nach kann ich auch im Automatikmodus Rad fahren.

Was ist passiert: Ich habe mich anständig abgelegt! Ein Feldwirtschaftweg, ordentlich lehmiger Boden auf dem Asphalt, eine Linkskurve und zack, habe ich auf der Straße gelegen. Dabei war ich wirklich nicht schnell, umso überraschender war es, dass das Rad weggerutscht ist und ich wie ein nasser Sack umgefallen bin. Vielleicht zum Glück habe ich die Hand am Lenker gelassen und mich nicht abgestützt, das wäre sonst eine typische "Schlüsselbein-gebrochen" Situation gewesen. So bin ich mit dem Kopf oder genauer mit der linken Gesichtshälfte auf den Boden aufgedutzt. Helm hat ne Beule, Brille ist verkratzt, Rad und Klamotten sind heil geblieben. Dafür habe ich jetzt 'ne schöne Beule über dem Jochbein, einen mit drei Stichen genähten Cut auf dem Augenlied und diverse kleine Abschürfungen an Hand, Schulter, Hüfte. Das Übliche halt.

Dass ich nach dem Sturz weitergefahren bin, erstaunt mich jetzt selber. Allem Anschein nach ist es ja gut gegangen. Allerdings habe ich die Strecke, die ich danach gefahren bin, nicht mehr vor Augen und konnte mich auch partout nicht mehr daran erinnern, wo zum Henker ich meine jetzt zerkratzte Brille gekauft habe. So ein Filmriss ist schon ein bißchen gruselig. Richtig wäre es gewesen, zuhause anzurufen und mich abholen zu lassen. Sicherheit geht bekanntlich und ohne Frage vor. Und es ist ja nicht so, als ob ich genau darüber hier nicht schon geschrieben hätte (Gehirnerschütterungen).

Donnerstag, 5. November 2015

Di2 Statistik

Seit Anfang 2014 gibt es für die Di2 Schaltung einen ANT+ Transmitter, D-FLY genannt. Dieser kleine Sender überträgt die Gangwechsel an zb. einen Garmin Computer, der die Daten aufzeichnet. Stellt sich die Frage, was man damit machen kann. Bisher war das eher wenig. Keine der üblichen Cycling Data Webseiten (Strava, Garmin, Cycling Analytics etc.) stellt die Daten überhaupt dar, ganz zu schweigen von einer Auswertung.

Brian Toone, Assistent-Professor für Mathematik und angewandte  Computerwissenschaften an der Samford University und Radrennfahrer hat die Analysensoftware di2Stats entwickelt, die erstmalig die Schaltdaten analysiert und grafisch darstellt.

One Tri Guy hat die Schalt-Daten seines ersten Ironman Wettkampfes in die Analyse Software gekippt und sich an einer Interpretation versucht. Das ist sehr interessant. Besonders für Zeitfahren oder Radmarathons kann ich mir vorstellen, dass die gewonnen Einblicke helfen können, mit den Kräften effizient zu haushalten.

Ich denke ich brauche auch einen D-FLY und 'nen Garmin!! Mehr Daten! Kann man nie genug haben, Daten.

Links:
Brian Tonne auf Strava (2015 über 40TAUSEND km, Stand heute!!!), Blog und Uni

Die fünf Gebote

Heute in veloclinics tumbl timeline gefunden:

training advice: what workouts should I do ?
all of them 

how much should I train ?
more than you do 

how much should I rest ?
more than you do 

what should I eat ?
food 

what should I drink ? 
fluids 

The 5 Commandments 
Train more 
Rest more 
Do all the workouts 
Eat food 
Drink fluids

Sonntag, 1. November 2015

Saison Eröffnung 2016

Am ersten November ist für Radsportler Schluss mit lustig, da ist die Off-Saison vorbei und die neue Saison beginnt. Zum Start ging es heute durch den Nebel des Grauens über gute 115 km durch Lothringen und an der Saar vorbei retour. Herrliches Foto Wetter. Hätte alle paar Minuten anhalten können. Unterwegs wurde unsere zwei Mann-Combo durch zwei weitere Stravaisten verstärkt, die ich bisher nur im Netz getroffen habe. Jetzt sind wir endlich mal zusammen gefahren, so ganz in echt, mit Windschatten, Fachsimpelei und Anekdoten. Sehr schön, ein Anfang ist gemacht, so kann's weiter gehen.