Dienstag, 20. Februar 2018

Do it yourself: Einen Fahrradrahmen lackieren

Vor einem Jahr stand ich bei der örtlichen Lackiererei, in der einen Hand ein Rahmen für ein 24" Kinderrennrad und an der anderen meine Tochter. Wir wollten schnell eine knallige Farbe aussuchen und den Rahmen zum Lackieren da lassen. Aber leider hatte der Meister keine Zeit oder auch keine Lust und so mussten wir unverrichteter Dinge von dannen ziehen. Auf dem Rückweg haben wir kurzerhand am Baumarkt gehalten und Sprühfarbe gekauft. Das knalligste (einzige) Rosa-Metallic dass es gab. Dazu Klarlack, Grundierung und Nass-Schleifpapier. Für eine ganze Weile war es das und der Rahmen stand in der Garage. Vor einigen Wochen habe ich die Arbeit dann aber endlich aufgenommen.

Zunächst wurde der Rahmen komplett angeschliffen bis die Aufkleber verschwunden und die Macken nicht mehr zu spüren waren, wenn man mit dem Finger drüber gefahren ist. Dabei ist es nicht notwendig, die Farbe komplett zu entfernen. Ich habe mir sagen lassen, das sich Aluminium eher schwierig lackieren lässt, die alte Farbe aber einen guter Haftgrund abgibt. Trotzdem war es unvermeidlich, dass das Aluminium teilweise sichtbar wurde.

In Ermangelung einer Lakierkammer habe ich die Werkstatt weitgehend ausgeräumt, den Rahmen kopfüber aufgehängt und drumherum mit normaler Abdeckfolie einen 2x1,5m grossen Raum abgetrennt. Die Folie wurde an den Wasserrohren kurz unter der Decke befestigt, oben waren vielleicht noch 10 cm Luft. Unten war die Folie festgeklebt und der Boden mit Zeitungspapier ausgelegt.

Das war vergleichsweise staubfrei, aber auch schlecht belüftet. Mit Maler-Overall und Gummihandschuhen, einfachem Mundschutz und Brille habe ich mich an die Grundierung gemacht. Recht schnell musste ich feststellen, dass selbst für solch kleine Arbeiten eine richtige Atemschutzmaske und eine geregelte Zu- und Abluft feine Dinge sind. Die Schutzmaske mit Filter hätte im Baumarkt 50 Euro gekostet, ich habe dann zu dem besten Mundschutz gegriffen, der verfügbar war, besser als nichts.


Die besondere Schwierigkeit beim Lackieren eines Rahmens mit einer Spraydose liegt darin, dass die Dose möglichst senkrecht gehalten werden muss, der Rahmen aber auch "von unten" lackiert werden soll. Man muss den Rahmen also immer irgendwie drehen, kippen und anheben um an alle Seiten dranzukommen und darf dabei nicht die bereits lackierten Flächen berühren. Zwischen "die Farbe deckt" und "die Farbe läuft am Rahmen runter" besteht oft nur ein Unterschied von Sekundenbruchteilen. Da in dem kleinen Raum die Sicht durch den Farbnebel recht schnell eingeschränkt ist, lässt sich auch schwer abschätzen, wo wieviel Farbe ist.

Überhaupt ist das Lackieren in erster Linie eine Übung in Geduld. Nach der ersten Schicht Grundierung musste ich nochmal an einigen Stellen schleifen um die Farbnasen zu entfernen. Schleifen kann man aber erst, wenn die Farbe richtig getrocknet ist, etwa nach einem Tag. Schnell ist dann aber auch die umliegende, dünnere Farbschicht in Mitleidenschaft gezogen. Also muss man dort nochmal lackieren und immer so weiter. Und dann hier noch ein winziger Sprühstoß, und hier, und vielleicht da, ... und Mist, schon wieder zu viel. Also nochmal trocken, schleifen, lackieren.


Anschiessend kam die erste Schicht Farbe, danach eine zweite und zum Schluss noch 2 Schichten Klarlack. Ob man davon genug aufgetragen hat, spürt man erst, wenn der Lack getrocknet ist. Dann ist die Oberfläche glatter und der Lack glänzt schön. Als ich schon fast fertig war, ist mir eingefallen, dass der Vorbau in der passenden Farbe sicher auch schick aussehen würde. Gesagt getan, der Vorbau ist jetzt passend lackiert, wie bei teuren custom made Rahmen!


Nicht ideal war, dass es im Keller vergleichsweise kühl war und ich nach jeder "Session" ordentlich gelüftet habe, damit nicht das ganze Haus nach Farbe riecht (es war so schon schlimm genug). Die optimale Temperatur liegt um die 20°. Manche wärmen die Dosen sogar vorher auf, damit der Druck steigt und die Farbe dünnflüssiger wird.

Zwar findet man bei einem genauen Blick viele Stellen, die nicht perfekt sind, bei denen der Klarlack zu dünn oder die Farbe zu dick ist, für einen ersten Versuch im Keller mit Farbe aus der Spraydose ist das Ergebnis aber gar nicht so schlecht. Mit etwas Übung kann man glaube ich ganz gute Ergebnisse erzielen. Gekostet hat der Spaß neben der Zeit etwa 25 Euro.




Einige Dinge, die ich das nächste Mal (ich habe da schon eine Idee...) besser machen werde:
  • Geld für einen richtigen Atemschutz investieren
  • Im Sommer lackieren, wenn es draussen oder auch im Keller wärmer ist
  • Lieber mehrere dünne Schichten auftragen als eine die zu dick ist
  • Im Internet recherchieren und nach Tipps suchen (das habe ich gar nicht gemacht). Eine Suche nach "Lackieren mit der Spraydose" liefert immerhin 163.000 Treffer. 
Der nächste Schritt ist der Aufbau mit Teilen, die die Ergonomie von Kinderhänden berücksichtigen, dass ist gar nicht so einfach und ein Thema für einen weiteren Post.

8 Kommentare:

  1. Feines Rad mit der neuen Farbe! Da wird deine Tochter sich bestimmt für den richtigen Sport entscheiden ;)

    Wir haben auch mal einen Artikel dazu geschrieben, den wir uns auch gerne gelegentlich nochmal anschauen: http://shutuplegs.de/2014/12/diy-fahrrad-lackieren-und-neu-aufbauen/

    Viele Grüße!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo, vielen Dank für euren Kommentar, habe mit Interesse euren Post gelesen. Da habe ich unwissentlich ja fast die gleiche Überschrift gewählt! Die Idee mit der Plotterfolie ist gut, das werde ich in Betracht ziehen.

      Löschen
  2. Hey Boris,
    Im Herbst hab ich auch meinen ersten Rahmen lackiert und bin bei der Recherche auf Farbe von spray.bike gestoßen.
    Als totaler Laie im Umgang mit Sprühdosen in jeglicher Hinsicht war die Verarbeitung echt einfach. Der Lack ist mehr eine Art Pulverbeschichtung aus der Dose, was das ganze sehr erleichtert. Ich hatte keinen Ärger mit laufender Farbe (hier müsste man schon aus 2-3cm Entfernung sprühen) oder ähnlichem. Grundierung war keine nötig, ich konnte direkt auf dem angeschliffenen Lack sprühen und es hat auch eine Schicht Lack gereicht. Nach ca. 10-15s konnte man den Lack auch anfassen ohne dass etwas verwischt, das hilft im Handling doch enorm. Kleine Stellen hab ich sogar im Wohnzimmer nachgebessert, da nach 30cm die Farbe nur noch ein Pulver Nebel is der leicht abgewischt ist.
    Preislich ist man bei ca 12€ pro Dose, was ca. für ein Rahmenset reichen soll.
    Viele Grüße,
    Patrick

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Patrick,
      danke für den Tipp, schaue ich mir gleich mal an.
      Beste Grüße
      Boris

      Löschen
  3. In Püttlingen gibt es eine Werkstätte von der Lebenshilfe die strahlen und machen Kunststoffbeschichtung. Die machen auch viele Fahrradrahmen. Viele Grüße von Uli

    AntwortenLöschen
  4. Hallo Boris,
    ein toller Bericht zur Lackierung des Rahmens. Ich habe das Experiment ebenfalls gewagt und habe mein Bahnhofs- / Bastelrad selbst lackiert.. Es ist sicher nicht so professionell geworden, aber der Lack hält bisher. :-)

    https://www.nicbec.com/2020/03/bahnhofsrad-wie-fahrradrahmen-selbst.html

    VG
    Nico

    AntwortenLöschen
  5. Super Beitrag mit tollen Tipps! Wie geht man nun vor, wenn der Fahrradrahmen verrostet ist. Irgendwelche Tipps zu Entrosten?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Alabama, zum Entrosten kann ich nichts beitragen. Ich würde es mit dem versuchen, was der Baumarkt deiner Wahl so hergibt, solange der Rost nur oberflächlich ist.

      Löschen

Alle Kommentare auf unterlenker.com werden moderiert und können auch anonym abgegeben werden. Die eingegebenen Formulardaten und unter Umständen weitere personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse) werden an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in der Datenschutzerklärung (https://www.unterlenker.com/p/datenschutzerklarung.html) und in der Datenschutzerklärung von Google (https://policies.google.com/privacy?hl=de)