Samstag, 29. September 2018

Schlauchreifen: Altmodischer Konservatismus oder Evergreen?

Vor der Deutschlandtour habe ich meine Leser gefragt, ob ich etwas Spezielles über das Rennen, die Fahrer oder das Drumherum herausfinden soll. Jonas wollte wissen, was bei Laufrädern und Reifen gerade angesagt ist: "Klar fahren die Teams ihr Sponsoren Zeug. Aber was ist im Trend? Bauchige Aerowheels mit dicken Reifen oder Leichtbau? Wie viel Bar wird drauf gepumpt?" Leider hat die Zeit vor dem Start der Etappe nach Merzig nicht gereicht, um alle Räder im Fahrerlager zu inspizieren. Team Sky und Movistar waren zumindest beide auf Conti Competition Pro LTD Schlauchreifen mit mittelhohen Carbonfelgen unterwegs. Sind also immer noch Schlauchreifen das Maß aller Dinge im Profiradsport? Das wollte ich von Andreas Barth wissen, der Vittoria in Deutschland vertritt. Die italienische Reifenfirma hat den neutralen Materialwagen bei der Deutschland Tour gestellt und war auch mit einem großen Truck in der Expo zugegen.

Und in der Tat, Schlauchreifen sind nach wie vor die erste Wahl vieler Profis. Als wichtigstes Kriterium gilt dabei die im Vergleich mit Faltreifen überlegene Notlaufeigenschaft im Pannenfall. Durch die feste, geklebte Verbindung zwischen Reifen und Felge lässt sich ein Rad mit einem Platten meist noch zumindest kontrolliert zum Stehen bringen, im Flachen und Bergauf kann man auch noch eine Weile fahren. Was für Hobbyfahrer und Amateure gegen Schlauchreifen spricht, spielt für die Profis hingegen keine Rolle. Die Reifen sind vom Sponsor bezahlt und bei einem Defekt wird natürlich kein Reif gewechselt, sondern es gibt ein neues Laufrad.  Inzwischen, so habe ich erfahren, sind auch Faltreifen und neuerdings hin und wieder Tubelessreifen im Renneinsatz, aber Schlauchreifen sind nach wie vor der Standard. 

Und was den Reifendruck angeht, dieser hängt von vielen Faktoren ab, den Straßen, dem Wetter, dem Fahrergewicht und nicht zuletzt von persönlichen Vorlieben. Der Durchschnitt liegt um die sieben Bar für 25mm Reifen. Einen guten Artikel und Übersicht zu den Reifen bei der Tour de France 2017 gab es etwa hier bei Bikeradar.


Was ich sehr interessant fand, war, dass es auch bei lange etablierten Produkten immer wieder großartige Verbesserungen gibt. Mir gelingt es ja nie ganz, meine Schlauchreifen auf die Felge zu heben, ohne sie an der Seite mit Kit zu versauen und ohne dass überschüssiges Kit zwischen Felge und Reif austritt. Vittoria hat einen neuen Kleber entwickelt, Mastik Pro, der nicht nur schneller trocknet als übliches Kit, sondern auch einfach abgewaschen werden kann!

Letzten Endes spielt es aber keine Rolle, was die Profis fahren. Die Anforderungen und Rahmenbedingungen sind gänzlich andere. Mit einem Materialwagen hinter mir, vom Sponsor bezahlten Reifen und einem Mechaniker, der die Arbeit erledigt, würde ich natürlich auch Schlauchreifen fahren, schon alleine wegen der Tradition. Aber da dies alles nicht der Fall ist, bleibe ich bei Faltreifen und montiere nur ab und an, wenn alles passt, den Laufradsatz mit den Schlauchreifen.

3 Kommentare:

  1. Schlauchreifen haben natürlich eine Tradition - ich bin bisher nie welche gefahren hätten natürlich seinen Reiz da ja auch Schlauchreifenfelgen günstig zu haben sind. Viele mit Carbonfelgen fahren diese ja auch. Schlauchfelgen haben massive Nachteile. Ohne einen Ersatzreifen wäre mir das zu unsicher. Ich bleibe lieber bei Drahtreifen - dieses Jahr bin ich im Sommer einen 96er Vittoria Corsa in Orange-Natur gefahren.

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  2. Dichtmilch wirkt gegen die üblichen, kleineren Löcher oft Wunder. Da machst oft nur einmal kurz "Pfff" und dann fährt man mit etwas Glück einfach weiter. Bei einem richtigen Schnitt ist aber natürlich Ende. Dann hilft nur ein Ersatzreifen (vordehnen nicht vergessen). Es gibt hier auch leichte 20mm Varianten die kaum größer sind als ein Ersatzschlauch. Für den Heimweg tut es das dann auch, nur in rasante Abfahrten stürzen würde ich mich damit natürlich nicht. Für mich überwiegt der Vorteil der Notlaufeigenschaft alle Nachteile um ein Vielfaches.

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  3. Vergessen: Bei Hochprofilfelgen unbedingt daran denken, dass das Ventil am Ersatzreifen auch lang genug ist und ggf. Verlängerung einschrauben. Sonst guckt man im Notfall in etwa so doof, wie wenn im Auto der Ersatzreifen platt ist. ;)

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