Donnerstag, 14. September 2017

La Charly Gaul Strava Sieger!

Bei Gran Fondos ist das mit dem Start ja so eine Sache. Hunderte oder sogar tausende von Fahrern starten gleichzeitig. Manchmal gibt es Startblöcke, die die Fahrer nach avisierter Endzeit, nach Alter oder dem Ergebnis des Vorjahres einteilen. Eine gänzlich andere Möglichkeit ist nach dem Motto "Wer zuerst kommt, malt zuerst" zu verfahren, wie etwa bei der Cyclosportiv "La Charly Gaul" in Luxembourg. Wer vorne steht fährt zuerst los, wer hinten steht erst einige Minuten später. Und vorne steht wer früh da ist.


Als ich eine gute Stunde vor dem Start der Kurzstrecke über 106 km meine Nummer abholen war, standen die ersten schon an der Startlinie. Eine Stunden vorher! Bis ich zurück am Auto war, die Nummern am Rad und auf dem Trikot befestigt, die Reifen aufgepumpt, die Trikottaschen gefüllt hatte und endlich zum Start rollte, standen ein paar mehr da. Ungefähr 750 mehr, also alle die starteten. Ich stand ganz hinten. Im Bus und in der Schule ist es ja cool in der letzten Reihe zu sitzen, bei einem Gran Fondo bedeutet das vor allem Stress. Zumindest wenn man glaubt vorne mitfahren zu müssen, dann beginnt mit dem Startschuss ein Zeitfahren nach vorne. Sobald der Platz es zu lässt gilt es, so schnell es geht soviele Positionen wie möglich gut zumachen ohne dabei irgendjemanden zu gefährden. Das die Strecke des Charly Gaul direkt gute fünf Kilometer bergauf führt macht die Sache zunächst zwar einfacher, dann aber auch viel schwieriger. Einfacher, weil man langsamere Fahrer am Berg leichter überholen kann. Schwieriger weil die Spitze davon eilt. Oben angekommen war dann auch eine großes Feld vorneweg. Ich konnte mich gerade noch so in die letzte Gruppe hineinekeln, die dann Kilometer später kurz vor dem nächsten Berg noch den Anschluss herstellte.


Danach ging es zügig durch den Nordosten Luxembourgs. Insgesamt sieben klassifizierte Anstiege mit zusammen 1.400 Höhenmetern waren auf der Kurzstrecke zu bewältigen. Die Strecke ist nicht ganz einfach, aber auch nicht übertrieben schwer. So blieb dann trotz all der Renn-Action der ein oder andere Moment um die Landschaft in einer der schönsten Ecken Luxembourgs zu genießen. Sattes Grün, tolle Aussichten, kleine Dörfer, gute Straßen. Schokoladenseite halt. Kurz nach der letzten Abfahrt auf dem Flachstück zum Ziel bin ich meine einzige ernsthafte Attacke gefahren. Vorne waren nur zwei Fahrer (ich dachte allerdings es wären mehr) und es waren noch acht Kilometer bis zum Ziel. Schnell waren wir eine Gruppe von sieben Fahrern, die einigermaßen harmonierte. Was ich dann nicht wusste: Die Zielanfahrt ist so eng und verwinkelt und die Zielgerade noch dazu eine Zielkurve auf Kopfsteinpflaster, dass das eigentliche Ziel etwa 400 Meter vor dem Ziel ist. Wer dort vorne ist, hat beste Chancen den "Sprint" zu gewinnen oder doch zumindest weit vorne zu landen. Ich war natürlich hinten, Sechster von sieben plus die zwei vorne ergab einen achten Platz. Das war viel besser als ich erwartet hätte.

Verrückt ist aber, dass ich durch meinen hinteren Startplatz später als die meisten Fahrer vor mir gestartet bin und damit die beste Strava Zeit über die komplette Strecke habe! Ich bin sozusagen der Charly Gaul Kurzstrecken Strava Sieger! Yeah! Eine Minute vor dem offiziell Zweitplatzierten Jernst Tempelaar!


Ein Sieg bei der Charly Gaul Cyclosportiv ist übrigens sehr Prestige trächtig. In den Palmarés finden sich einige große Namen. Die Kurzstrecke wurde schon von Kim Kirchen (u.a. Sieger einer Tour Etappe und des Flèche Wallonne) gewonnen und die große Runde sah 1995 keinen Geringeren als Bjarne Riis auf der obersten Podeststufe!

Bemerkenswert ist, dass diese Veranstaltung nicht von einer kommerziellen Event-Agentur auf die Beine gestellt wird, sondern vom ACC Contern, einem ganz normalen Radsportverein. An der Organisation gab es nichts auszusetzen, die Strecke war gut abgesichert, die Verpflegung im Ziel gut und das Startgeld ist mit 21 bzw. 26 Euro (Kurz/Lang) bei Voranmeldung mehr als moderat. Der Start zur Kurzstrecke war mit 10:30 angenehm spät und das Wetter zeigte sich nach einem frischen, nebeligen Start später von seiner besten spätsommerlichen Seite.


Links:
La Charly Gaul Homepage (Bilder, Ergebnisse, Infos)
ACC Contern

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