Donnerstag, 28. September 2017

Nach fest kommt ab

In den letzten Wochen hat ein Video von der diesjährigen Tour de Moselle die Runde im Netzt gemacht, in dem ein Fahrer des AG2R Nachwuchsteams eine Bruchlandung hinlegt, nachdem sich der Aeroaufsatz an seinem Zeitfahrrad verabschiedet hat.



Wie so oft wurde von den zahlreichen Sofa-Experten eine Ganze Menge Häme über den Hersteller des Rades ausgeschüttet, denn das Factor-Räder nichts taugen und nur teuer sind wissen wir ja schließlich alle, oder? Nein, wissen wir natürlich nicht. Doch das Verdikt nach dem Studium der Videobilder scheint einfach: Lenker bricht, Fahrer stürzt, Hersteller hat schlampig gearbeitet und ist schuld.

Das solche Kommentare auf Facebook und Twitter schnell in's Kraut schießen, ist nicht anders zu erwarten, das sich aber selbst professionelle Radsport-Medien nicht die Mühe machen den Bericht  mit Hintergründen anzureichen erstaunt dann doch. Weder etwa cyclingweekly noch road.cc erklären wie es zu dem Unfall kam. Das ist schade, da kann man nämlich was draus lernen.

In letzter Minute vor dem Start seines Zeitfahrens hat Maxime Roger von dem Aushilfs-Mechaniker gefordert seinen Zeitfahrlenker einen Zentimeter höher zu legen. Dieser hat dann auch flugs einen weiteren Spacer eingefügt, nicht aber die längeren Schrauben verwendet, die dazu nötig gewesen wären. Statt etwa 1,5 cm steckten die Schrauben nur noch wenige Millimeter im Gewinde des Basislenkers. Bei der Bodenwelle ist es dann passiert, der Schrauben des Aeroaufsatzes sind aus dem Lenker herausgerissen.

Wie so oft kamen hier eine ganze Reihe von Fehlern zusammen, die am Ende zu dem spektakulären Sturz führten:
  • Der Fahrer hätte die Änderung so kurz vor dem Start nicht einfordern dürfen. 
  • Der Mechaniker hätte es ablehnen müssen
  • Der Mechaniker wurde nicht in die Wartung der Zeitfahrräder eingewiesen
  • Es wurden die falschen Schrauben verwendet
Die Lehre daraus? Keine Änderungen am Material kurz vor dem Rennen. "Kurz vor dem Rennen" ist natürlich relativ, schliesst aber zumindest den Tag des Wettkampfes selber ein. Auch davor sollte man nur dann Hand anlegen, wenn man sich sehr sicher ist und genau weiss was man tut, ausreichend Zeit zum testen und/oder ein Ersatzrad zur Verfügung hat. 

Darüber hinaus gilt auch für das tägliche Schrauben am Rad, das man die Komplexität nicht unterschätzen und sich nicht zu fein sein sollte, die Bedienungsanleitung zu lesen. Drehmoment Angaben  sind auch nicht nur zum Spass da, insbesondere bei allen Teilen die mit Carbon zu tun haben. Ein Drehmomentschlüssel gehört heute in jede Werkzeugkiste. Im Fall von Maxime Roger ging der Bedienungsfehler glimpflich aus, es hätte aber auch schnell anders enden können.

Und man sollte Handschuhe tragen. Ich habe auch nie welche an, aber das Bild von dem Sturz zeigt dann doch, warum das keine schlechte Idee ist.

Links:
Statement von Factor
Im Spokesmen Podcast wurde über den Unfall gesprochen
Bikebiz und redkiteprayer haben korrekt berichtet

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