Donnerstag, 6. März 2014

Oberlenker Mallorca - Teil 1

Einer meiner Triathlon Freunde muss zum Ende seines Studiums (irgendwas mit Tourismus und Management) noch ein Auslandssemester belegen. Ich habe keine Ahnung wie er dass gemacht hat, aber er ist jetzt für drei Monate auf Mallorca und arbeitet als Guide und Instructor in einem Sport Hotel. Was für ein Leben! Thomas wird hier in den nächsten Wochen und Monaten (Monate! unglaublich) in einer losen Folge von seinen Abenteuern auf Mallorca berichten. Ich bin auf jeden Fall gespannt und freue mich euch hier den ersten Teil zum Lesen geben zu können:

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Nach einer relativ kurzfristigen Zusage für einen interessanten Praktikumsplatz im Radsportmekka Mallorca wurde ich von Boris gefragt, ob ich nicht Lust hätte einen Unterlenker-Außenposten einzurichten. Ich hoffe, dass ich mich dem recht gehobenen Schreibniveau anpassen kann und werde ab und an ein paar Zeilen von meinem Eiland tippen. Ich bitte die Gedankensprünge zu entschuldigen und hoffe, dass ein Lesefluss gegeben ist…

9 Tage ist es nun her, dass mich überraschend viele meiner Freunde und Vereinskollegen am legendären Nudeltag in der „Galerie“ in die Freiheit verabschiedeten – vielleicht auch nur, um sicherzustellen, dass ich auch wirklich verschwinde. Nach einem Flug ohne Zwischenfälle (nach Zwischenstop in Zürich wechselte jedoch das Publikum und somit wurde die zweite Landung mit heftigem Applaus gefeiert) und stundenlangem Bangen, ob mein soeben erst fertiggestelltes Goldstück auch unbeschadet ankommt, empfing mich mein Chef am Flughafen und weihte mich in die Pläne für die nächsten drei Monate ein: Man stelle sich vor es gäbe ein relativ schönes Örtchen auf Mallorca, das stark frequentiert wird...von Rentnern. Okay. Das ist ja überall auf der Insel so. Der Unterschied zu allen anderen Destinationen ist jedoch, dass sie hier im Städtchen Paguera ihre beleibten Bäuche nicht aufs Carbonoberrohr ablegen, sondern auf den Gehstock. Ziel soll es also sein Sportbegeisterten diese Region näher zu bringen. Zielgruppen sind Radfahrer, Triathleten, Schwimmer und Freizeitsportler. Naja, das kann doch etwas schwieriger werden, denn man muss ja jedesmal zunächst 30 Minuten durch die Mandelbaumplantagen radeln, um dann endlich einen Berg zu erreichen.

Am nächsten Tag stand nach erfolgreichem Zusammenbau des Rades die erste Ausfahrt an. Und die Ernüchterung folgte zugleich: es gibt zwar den ein oder anderen Mandelbaum, jedoch sieht man diese nur von Oben, da sich nach leicht ansteigenden 5km die erste Wand nach „Es Capdella“ vor uns auf tat. Dieser folgte nach kurzem Intermezzo der Rollerberg nach Galilea mit epischem Ausblick. 65km später war klar, dass ich einem Irrtum aufgesessen war. Das größte Manko der Region sind fehlende Flachpassagen. Obgleich meine Statur dies nicht erahnen lässt, so ist dieser negativ angehauchte Aspekt rein subjektiv und der stete Wechsel von Auf- und Abfahrten ganz nach meinem Geschmack. Nicht umsonst bin ich ein großer Anhänger unseres jährlichen viertägigen Trips in die Vogesen, um dort Höhenmeter zu fressen.

Neben den Triathlon-Camps, die bei der Vorbereitung auf die Premiere der Half-Challenge Paguera am 18.10.2014 helfen sollen, werden auch Camps von Outdoor-Gym angeboten. Das Prinzip ist denkbar einfach: Funktionelles Ganzkörpertraining in der freien Natur- entweder mit einfachsten Hilfsmitteln, gerne auch vorhandenen Parkbänken oder Eigengewicht. Absolviert werden müssen also Athletikeinheiten unter Palmen, Schnellkraftübungen am Strand kurz nach Sonnenaufgang am glitzernden Meer und Läufe mit eingebauten Übungen. Ein echter Knochenjob, der jede Motivation im Keim ersticken lässt. ;)

Neben der Raddisziplin und der allgemeinen athletischen Ausbildung müssen jedoch noch zwei weitere Disziplinen trainiert werden: Das hiesige Schwimmbad ist 800m von meinem Hotel, dem Paguera Treff, entfernt und ein reines Sportbecken mit sechs 25m-Bahnen. Aufgrund der geringen Beckentiefe (1,20m) sind die Zeiten jenseits von Gut und Böse, aber es kommt ja auf die Intensität an. Es mangelt also lediglich an flachen Laufstrecken, aber wer die braucht, kann ja noch ein paar Umrundungen der Saarschleife in Angriff nehmen (Anmerkung Boris: Das gilt für die Saarländer, wenn sie wieder "dahemm" sind). Für schnelle Tempoeinheiten gibt es im nahegelegenen Magaluf ein Leichtathletikstadion mit beleuchteter Aussenstrecke, die jedoch auch nicht flach ist.

Nach dieser kurzen Lobhymne auf die schöne Sportregion Paguera nun noch ein paar kurze Anmerkungen, da ich seit 2006 nicht mehr auf Mallorca war. Seinerzeit residierten wir im Iberostar-Hotel und mein geliebtes RS6 sollte in einen Radkeller verfrachtet werden. Dieser war von Aussen zugänglich und ich sollte meine Cosmic Carbone SSC-Laufräder in einen Haken hängen mit einem Durchmesser von geschätzten 30mm. Bei einer Felgenhöhe von 45mm wird schnell klar, dass unter dem Gewicht des Rades die Carbonerhöhung beschädigt worden wäre. Also nahm ich das Rad mit auf mein Zimmer. Dies bescherte mir ein Einzelgespräch beim Trainer und einen heftigen Wortwechsel mit den Hotelbediensteten an der Rezeption. Entsprechend vorsichtig fragte ich nun im Jahre 2014 bei dem hiesigen Hotelchef, Xisco (selbst begeisterte Triathlet), an, ob ich mein Rad eventuell mit aufs Zimmer nehmen könnte. „Wohin denn sonst?“ war alles was er mir entgegnete und bot mir sogar ein Zimmer nur für mein Rad an. In diesem Moment war relativ klar, dass ich hier richtig aufgehoben bin.

Da ich gestern wieder zwei Einheiten beim Outdoor-Gym Camp absolvieren musste, gönnte ich mir kurzerhand zwischen diesen beiden eine kurze Ausfahrt nach Galilea. Bekleidet mit meinem Lieblingstrikot der Renault/Elf/Gitane-Equipe um Madiot, Fignon, Lemond und Hinault überholte ich eine Gruppe älterer Rennradfahrer, die wahrscheinlich jedoch schon mehrere zermürbende Stunden in den Beinen hatten. Bei genauerem Hinsehen prangte auf ihren Rücken „Velo Club Val D’Isère“ und es folgten nach einem kurzen Austausch von zahlreichen, beiläufigen „Bonjour“ laute Rufe aus den hinteren Regionen der Truppe „ Ahh…ouais… vois-là…c’est le blaireau…ahh….ouais,… allez, allez, allez“ Nein, le Blaireau, wie Hinault einst gerufen wurde saß da nicht auf dem Rad, aber dennoch fühlt es sich gut an ein solches Trikot vor dieser Kulisse zu tragen… Gott sei Dank entschied ich mich am gestrigen Tage gegen die Molteni-Bekleidung.

Nach 8 Tagen hat mein Rad ein kleines Geräusch am Hinterrad entwickelt, welches mir noch nicht gefallen will. Um dieses Beheben zu lassen, begab ich mich zum Radverleih und der dortigen Mechanikerin, einer jungen Dame, die selbst passionierte Radfahrerin ist, gefiel mein Rad sogar in Ansätzen. In Zeiten mattschwarzer, steifer Carbonboliden ohne jede Seele keine Selbstverständlichkeit. Nur die handgespeichten Laufräder mit dreifacher Kreuzung waren ihr zuwider: „damit hat es schon verloren….das is wie ein Typ mit einer schlechten Frisur- der kann noch so gut aussehen, aber wenn er ne sch***s Frisur hat, ist es schon vorbei“ Trotzdem erhöhte sie umgehend die Speichenspannung der Record/Ceramic-Laufräder und erzählte von den Glanzzeiten Principias Mitte der Neunziger und dass sie selbst gerne ein MacB besessen hätte…und schob beiläufig hinterher „aber dann wurde es ein Klein“…Mich durchfuhr es wie ein Blitz. Die Lackierung wäre „Airbrush… mit Blitz und Donner… war ne Sonderlackierung… die Lenkervorbaueinheit und die Starrgabel hab ich auch noch irgendwo“. Sie hat ein 1994er Klein Attitude in Nightstorm.
- Ja, ich glaube hier bin ich richtig… (Hoffentlich ist auch das Geräusch am Hinterrad nun weg)

Wie es weitergeht: Teil 2

Autor: Thomas

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