Samstag, 5. April 2014

Oberlenker Mallorca - Teil 3

Was bisher geschah: Teil 2


CARE-Paket – Aprilscherz aus dem einstmals goldenen Dorf Deutschlands. 

Die ursprüngliche Überschrift war ein Zitat von Jay, nämlich „…there is always a song…not a good one… but a song…“ welches an einer späteren Stelle erläutert wird.  Als Aufhänger muss dieses Mal aber der althergebrachte Begriff des CARE-Paketes fungieren. Die jeweiligen Bestandteile des Paketes werden im Folgenden ohne jeglichen temporären oder kausalen Zusammenhang erläutert.  Aber die Vielzahl an Einspielungen und Hyperlinks wird euer Herz erfreuen und euch eine Weile beschäftigen. Das fühlt sich an wie zu den Anfängen des Internets, als man jedes dritte Wort blau färbte und unterstrich und vor lauter Pop-Up-Fenstern vergaß, was man eigentlich machen wollte.

Die wichtigste Komponente des Paketes waren Bremsbeläge der Marke Koolstop in grün. Der gewiefte Leser fragt sich nun, warum ich schon nach fünf Wochen mit einem neuen Rad neue Beläge brauche und warum ich die nicht einfach im Radladen um die Ecke kaufen konnte. Wie immer brät sich der feine Herr eine Extrawurst und fährt Mavic Open SUP Felgen mit Ceramic-Beschichtung. Hierfür gibt’s natürlich nirgends Ersatz, was aber nicht tragisch ist, da die Beläge ja auch eine Saison halten. Notfalls länger. Die Lebensdauer wird aber drastisch reduziert, wenn man der Radguide der „Cappucinotruppe“, genannt Gruppe 2 oder auch abfällig „die Langsamen“, ist. Das Problem waren nicht die Auf-, sondern die Abfahrten. Wenn man sich nun die Topographie hierzulande anschaut und sieht, dass der Schnitt der Etappe ins Bodenlose fällt, während die von Epicondylitis geplagten Unterarme auf kilometerlangen Abfahrten verkrampfen, kann man sich die Materialbelastung vorstellen. Bei solchen Mammutbremsungen schmilzt der Belag regelrecht wie Butter in der Pfanne. 4x2 Beläge befanden sich im Paket und sollten wenn alles normal verläuft bis zum Ende der Saison reichen. Aber was ist schon normal… 

Der Sonntag nach der „Bremserin“: strahlender Sonnenschein, der Guide (c’est moi) hat frei und verbringt seine Freizeit natürlich am liebsten auf dem fahrbaren Untersatz. Nach der alltäglichen Szene aus „Und täglich grüßt das Murmeltier“ bei der wir uns immer wieder fragen, ob der kleine Phil endlich seinen Schatten sieht, fanden wir uns in der geselligen Frühstücksrunde ein, um zu beratschlagen, was gemacht wird. Wie das „Mr. Sandman“ der Chordettes im Film, so ist es im Restaurant des Hotels stets Chris Rea, der uns dazu verleiten will, mal an den Strand zu gehen, um unsere alte Liebe oder sonst wen wiederzufinden. Der Mann, der für die Musik im Hotel zuständig ist, ist nebenbei auch der Chefkoch. In der Küche muss es übrigens recht kalt sein, da er liebend gerne die original „Shaft“-Lederjacke aus den Siebzigern beim Brutzeln (was er unbestritten sehr gut macht) trägt. Neben der Best-Of Platte von Chris existiert noch eine Compilation der besten Lovesongs der 70er und 80er. Genaue Tracklist auf Anfrage. 

Abwechselnd bekommt man so das Gefühl, dass einem hier nichts passieren kann, zumindest nicht solange die Road to Hell noch nicht zu Ende gefahren wurde. Da aber weder Jay  noch ich wissen, wo unser Herz zum letzten Mal zerbrach und zu suchen ist (ich glaube nicht am Strand…sicher bin ich aber nicht…auf dem Boden sämtlicher Flaschen von Jean-Paul auch nicht…da hab ich schon nachgeschaut), beschlossen wir 5h30 „Easy Spin“ zu machen. Diese unfassbar neumodische Art zu trainieren hat in Grundzügen Manfred Biehler schon vor 20 Jahren gepredigt, nur ist das Ganze erst „scientific“ genug, wenn eine Wattmesseinrichtung einem auch anzeigt, dass man die Kraft konstant halten soll. Für alle, die jetzt nachdenken, ob man sich sowas zulegen sollte, steht in Regel #74 die Antwort. Für unwissende Mitfahrer scheint das natürlich so, als hätte man am Berg nichts drauf und würde Berg ab dann attackieren (Das war bei mir auch schon immer so). Klar ist jedoch, dass man Berg runter durchaus aktiv sein muss, um nicht weit unter die zuvor am Berg geleisteten Leistungswerte zu fallen. Unterwegs war jedoch der runde Tritt dauerhaft ins Wanken geraten, da uns stets ein raues Lüftchen um die Nase wehte. 

Zu zweit machten wir also abwechselnd Führungsarbeit und ich griff einen kleinen Pun (engl. für Wortspiel) aus einer Simpsons-Episode auf. „Enjoy your evening with Bob Saget, Chief WIggum.“  –„No. It’s Bob Seger (Pause…der Chief schaut auf die Tickets) OHH NO“  Warum ich das erzähle? Wie ihr sicherlich merkt, sind diesmal durchaus viele mediale und popkulturelle Begriffe und Künstler enthalten und da sowohl Jay, als auch Mathias Lücken in ihrem Wissen aufwiesen, dachte ich dass dies auch den Lesern die Fragezeichen auf die Stirn treiben könnte und habe einiges verlinkt. 

Jay lachte sich jedoch halb tot und sagte dann plötzlich mit ängstlicher Miene „Oh no. Don‘t start singing.“ da er ahnte, worauf ich mit Bob Seger hinauswollte: Ich stimmte „Against the Wind“ an und erklärte ihm, dass es immer einen Song gibt. Auch immer einen guten zu jeder Gelegenheit. Nicht unbedingt von Chris Rea, auch wenn Claudio das glaubt oder uns davon überzeugen möchte, aber von irgendwem. Auffällig und gar verblüffend, dass man nach 5h30 Radfahren, was ich sonst vielleicht zweimal im Jahr mache, vom Rad steigt und ernsthaft den Gedanken an ein kleines Koppelläufchen am Strand hegt. Beim Gedanken blieb es dann aber auch. Gekoppelt wurde dann am Buffet und später am „Buffet“. Denn wie die Franzosen mir beibrachten, so ist der Pastis am Abend für die Santé (frz. – Gesundheit), also mit Sicherheit nicht falsch nach einer langen Ausfahrt.

Mit der Ankunft von Mathias am darauffolgenden Dienstag und der zunehmenden Ermüdung kam was sich schon längst abzeichnete. Aufgrund des ungesunden Trainingsumfanges in Verbindung mit Kraftausdauer auf dem Rad bei Regen und niedrigen Temperaturen, wurde ich krank und die angekündigte 200km Tour nach Sa Calobra fiel buchstäblich ins Wasser. 

Generell war mit mir nicht mehr viel anzufangen, da ich freitags den schnellen Läufern des Einsteiger-Camps auf der Bahn die Pace bei den Intervallen machen wollte. Nach 3x400 (von 10) merkte ich jedoch, dass meine Uhr lange nicht mehr geeicht wurde, denn die beiden Läufer, denen ich wie ein Metronom die Frequenz vorgeben wollte liefen an mir vorbei. Ihre Uhr musste wohl schneller laufen. Aus den 200m Trabpause wurden jedoch bei ihnen plötzlich 400 und aus dem Trab ein Stand und so beschloss ich das Programm nach sechs Intervallen abzubrechen und mich zu schonen. Es war jedoch bereits zu spät. Mathias musste mit den Berlinern und Jay trainieren. 

Abends wurde das Filmwissen der anwesenden Herrschaften geprüft und stets erweitert und ich werde in naher Zukunft noch diverse Listen mit Filmen anfertigen, die man gesehen haben muss (dieser Satz kommt vielen wahrscheinlich bekannt vor).

Hier endet unsere Geschichte. Ah, noch nicht ganz, ich bleibe ja hier. Als einziger. Dies wurde mir schlagartig bewusst. Montag, 31.03. Nach einem verregneten Sonntag, der für Metti jedoch ausreichte, um die Küstenstraße MA-10 doch noch gesehen zu haben, fuhren wir sonnigen Gemüts zum Radverleih, nicht etwa um das Rad abzugeben, sondern um uns einen „Tracker“ abzuholen. Ein kleines GPS-Gerät, welches die Teilnahme an der GPS-Timing-Challenge, einem drei Monate andauernden Bergzeitfahrwettbewerb auf der Strecke von Es Capdella nach Galilea (4,6km, 280hm), ermöglichen sollte. Leider war er vergriffen, was uns nicht davon abhielt das Ganze mit einer konventionellen Stoppuhr zu versuchen, um zu sehen, wo man leistungstechnisch so steht. Ich bot an, Handys und anderen unnötigen Ballast an mich zu nehmen, sodass Metti einen Versuch starten konnte, während ich locker hinterherfahre. Das war in etwa so klug, wie die von mir einst getätigte Aussage: „Klar tut mein Knie weh, aber ich mach dann nur auf dem Rad Druck und beim Laufen hol  ich raus“ (sic: Alle Nicht-Saarländer dürfen an dieser Stelle das holen mit nehmen ersetzen). Das war zwei Tage vor dem Grenzland-Duathlon in Güdingen und der Empfänger dieser Äußerung, Manfred, entgegnete nur kopfschüttelnd: „Thomas, wir wissen beide, dass du net locker anläufst, wenn der Startschuss fällt“. Wie dem auch sei, bin ich nachdem alles in den Trikottaschen verstaut war, locker nach Galilea hochgefahren und das war auch nicht ich, der 2m hinter der virtuellen Ziellinie auf dem Rücken lag, mit dem Geräuschpegel eines alten Lanz Bulldog

Merkwürdigerweise lag ich also auch diese Woche weiterhin flach (nach nur einer Ausfahrt von 30km) und erfreute mich an meinem Care-Paket, das mir unser wertes Masters-Teammitglied Uwe zusandte. Es enthielt, wohl als verspäteter Aprilscherz gedacht oder vielleicht auch aus Sorge, da ich immer noch kein Gramm abgenommen habe, ein Buch mit dem Titel „Mach Das! Die ultimative Physikdes Abnehmens“ Ich werde auf dieses skurrile Geschenk nicht weiter eingehen, aber der Höflichkeit halber bedanke ich mich natürlich. Das Buch habe ich innerhalb eines Tages verschlungen und es macht durchaus Spass zu lesen, auch wenn ich darin immer noch kein Rezept zur Gewichtsreduktion fand.

Das heutige Ende fällt aufgrund der schnellen Genesung und der zurückgekehrten Sonne deutlich positiver aus, als ich zunächst dachte. Denn nach der Abreise der Berliner Truppe und von  Jay und Metti wurde es sehr still und einsam. Das Ganze kombiniert mit der Tatsache sich nicht bewegen zu können, verursachte den gern erwähnten „Lagerkoller“, wunderbar musikalisch in Szene gesetzt vom Troubadour Reinhard Mey. Ein schönes Stück Musik von Hand gemacht, jedoch sonst eher für Winterabende geeignet, wechselte es sich diese Woche mit John Denver ab. Zusammen mit Geschichten von Pedro, die von meinen eigenen Anmerkungen ergänzt wurden „als es nur zwei Telefone im Dorf gab…in der Post und der Bürgermeister hatte eins…“ und  „nicht mal die Polizei hatte eins…“, schien es düster zu werden, während ich am Strand im Rosamunde Pilcher-Stil die Brandung betrachtete, darauf wartend, dass irgendeine Dame eine Autopanne hat oder ähnliches (ein häufig vorkommender Plot bei den Verfilmungen dieser Bestseller) und ich wieder anderthalb Seiten erlesenste Prosa dichtete. Es kam jedoch anders und heute war wieder Fahrwetter, die Beine gut und somit singe ich mit Jay noch einmal von vorne unsere Hymne an die Sonne, die er auch vor meiner Erwähnung bereits kannte (zu Mettis Verwunderung): Tomorrow. …Wie ich immer sage: „das kennt man jetzt aber wirklich…“

Wie immer zum Abschluss: ein kurzer Ausblick. Im Paket befanden sich weiterhin ein Ritchey/Yahoo-Teamtrikot. Eines der Trikots, die ich eigentlich mitnehmen wollte, deren Sitz mir aber doch etwas zu figurbetont war – also ließ ich es zunächst Zuhause. Ebenso ein Hansgrohe-Einteiler, falls doch irgendein Wettkampf auf der Insel sein sollte, bin ich also gewappnet. Jetzt hoffe ich nur, dass der April als DER Radfahrmonat auf Mallorca seinem Namen auch alle Ehre macht. Denn natürlich „hat Johnny immer noch den Merengue getanzt...“, aber bislang war noch niemand mit Melonen da, den sie Baby nannten…und auch keine Radgruppe. Die Sa Calobra-Tour werde ich vertagen müssen, bis Dominic Anfang Mai eintrifft.

Ebenso wird die Sache mit der GPS-Challenge auf Anfang Mai vertagt. Ein wenig Kontinuität muss ja vorhanden sein, deshalb noch kurz die Richtlinien: Teilnehmen dürfen Bewohner der Insel oder jeder, der mindestens drei Tage Radmiete vorweisen kann. Durch einen Wink des Schicksals lief Mettis Rad über meinen Ausweis und somit habe ich die Gelegenheit teilzunehmen (jeder Teilnehmer hat zwei Versuche), obwohl die Mechanikerin (ja, DIE Mechanikerin…HÖHÖ...weiter im Text) es mir zunächst versagte (In meiner Naivität nahm ich an, dass sie ein Auge zudrückt und drei Monate einem dauerhaften Wohnsitz gleichsetzt). Ich hoffe jedoch, dass dieser kurze Anflug von schlechter Laune dem Wetter verschuldet war, denn mein Rad bräuchte etwas mehr Zuneigung, als das, was ich ihm bieten kann. (Im Moment verstoße ich selbst gegen ein paar Regeln. Vor allem #65, was wirklich schmerzt - ich werde mich geißeln und versuchen an fließendes Wasser zu kommen)


Wie es weitergeht: Teil 4

Autor: Thomas

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