Samstag, 12. Mai 2018

Ein Meistertrikot

Mit zwei Siegen im Rücken bin ich am vergangen Wochenende nach Bann gefahren zu den gemeinsamen Landesmeisterschaften im "Einer Strasse" des Saarlandes, von Rheinland-Pfalz und Hessen. Durch die Sperrung der Autobahn 62 und der damit damit verbundenen Umleitung wurde das Rennen dieses Jahr auf einer anderen Variante als 2015 ausgefahren. Vor drei Jahren ging es von Bann die "Roller-Berg" Variante hinauf auf den Höhenzug, dann ist die Runde etwa 14 km lang. Dieses Jahr wurde die kürzere Variante gefahren, dabei geht es direkt vom Start weg einen Kilometer mit bis zu 15% bergauf, kurz und knackig. Die Besten brauchen für diese Rampe knapp unter drei Minuten. Oben angekommen geht es vier Kilometer über eine windanfällige Hochebene bevor die Abfahrt nach Queidersbach die technischen Fähigkeiten fordert. Der Straßenbelag ist mehr schlecht als recht, ein Flickstück reiht sich an das nächste und die eigentliche Ideallinie ist mit Gullideckeln gespickt, dazu zwei 180° Kurven, da trennt sich auch Berg runter die Spreu vom Weizen. Unten angekommen geht es dann leicht ansteigend zurück zum Start nach Bann. Eine Runde hat 10 Kilometer.



Die Fahrer der Senioren 2 Klasse (40-49) hatten vier Runden zu fahren, die Senioren 3 (50-59) drei Runden und die Senioren 4 (>60) sogar nur zwei Runden. Vielleicht hat der Zeitplan es nicht zugelassen die Rennen über eine meisterschaftswürdige Distanz auszurichten, aber im Ernst? 40 Kilometer? Für eine Straßenmeisterschaft? Im Jahr zuvor in Bliesransbach war das Rennen mit 80 Kilometer doppelt so lang. Dieses Jahr sind wir hingegen weniger gefahren als die Jugendklasse!

Noch unschöner war die kurzfristige Entscheidung des Wettfahrausschusses alle Seniorenklassen gemeinsam starten zu lassen, trotz der unterschiedlichen Distanzen. Die Ausschreibung sah vor, die Rennen mit je zwei Minuten Abstand auf den Weg zu schicken. Der Protest verschiedener Fahrer wurde von der WA-Vorsitzenden lautstark und brüsk abgebürstet. Dabei war der Einwand mehr als berechtigt. Schon der vorgesehene Modus eröffnet durch die Vergabe von gleich drei Meistertiteln in einem Rennen eine "Taktik-Metaebene" bei die Fahrer weniger auf das Gesamtrennen als viel mehr auf ihre Position im eigenen Landesverband achten. Mische ich mich etwa als Saarländer ein, wenn zwei Hessen um den Titel kämpfen? Helfe ich vielleicht einem der Beiden, wenn ich den eigenen Titel schon sicher habe? Die Entscheidung des WA's führte dazu, dass gleich Neun (!) Radrennen gemeinsam starteten. Wie das zu der angeführten besseren Übersichtlichkeit beigetragen haben soll, ist mir ein Rätsel.

Dahingegen haben sich die Rennen wie zu erwarten gegenseitig beeinflusst. Ich könnte zumindest ein Beispiel aufführen, will aber nicht den Anschein erwecken, dass der betreffenden Fahrer sein Ergebnis nur aufgrund dieser besonderen Konstellation erreicht hätte. Wahrscheinlich wäre das Ergebnis unverändert gewesen, aber mit sauber getrennten Rennen wäre es für diesen Fahrer zumindest etwas schwerer gewesen.

Die Entscheidung des WA alle Rennen gemeinsam starten zu lassen und die fast schon lächerlichen Distanzen drücken keine besondere Wertschätzung für die Fahrer der Mastersklassen aus. Das ist schade, denn uns machen die Radrennen genau soviel Freude und wir investieren genauso viel Herzblut in unseren Sport wie allen anderen Fahrer und Fahrerinnen, von den Jugendlichen bis zu der Elite. Wenn Radfahren im allgemeinen und Radsport im speziellen als Aktivität für alle Generationen gelten soll, dann wäre es das Mindeste auch die Masters Klassen entsprechend ernst zu nehmen.

Zurück zum Start. Wie bei der Strecke und der Distanz nicht anders zu erwarten, ging es von Beginn an zur Sache. Schon der erste Anstieg führte zu einer deutlichen Auslese und mit vielleicht 15 Fahrern ging es in den zweiten Anstieg. Sascha Haußmann führte mit einer scharfen Tempoverschärfung die nächste Selektion herbei. Nach dem dritten Anstieg waren wir dann nur noch zu viert an der Spitze: Peter Achilles (Radclub Pfälzerwald), Sascha Haußmann (RSV Nassovia Limburg), Axel Hauschke (Melsunger TG 1861) und meine Wenigkeit. Ein Pfälzer, zwei Hessen und ein Saarländer. Damit lag ich schon mal gut auf Kurs für den Titel des Saarlandmeisters.

Aber auch das Gesamtrennen war noch zu haben. Was ist die beste Taktik? Einfach mitfahren und auf den Sprint warten? Oder einen weiteren Ausreißversuch wagen? Wie stark sind die anderen Fahrer? Wer hat noch Reserven, wer ist vielleicht schon am Anschlag? Zumindest von hinten drohte keine Gefahr mehr. Von Stürzen und Defekten abgesehen sollten die ersten vier Plätze und die Meistertitel der drei Verbände mehr oder weniger sicher sein.

Beim dritten Anstieg fiel mir auf, dass Sascha Haußmann's rechter Fuß auf dem Pedal hin und her wackelte wie bei einem epileptischen Anfall. Das sah nicht mehr souverän aus. Der Gute fuhr anscheinend am Drehzahlbegrenzer. Oder fährt der immer so? Peter Achilles ist auf der Höhe zwar tapfer durch die Führung gefahren, konnte diese aber gar nicht schnell genug abgeben und war offensichtlich auch tief im roten Bereich. Nur Axel Hauschke schien unbeeindruckt. Gut, von einem ehemaligen Profi und aktuellen A-Fahrer war auch nichts anderes zu erwarten.

Den letzten Anstieg bin ich dann von vorne gefahren und mit allem, was ich noch zur Verfügung hatte die letzten, steilen 300 m hoch. Und fast hätte es gereicht, Peter Achilles hatte schon ein kleines Loch, ekelte sich aber wieder heran. Ein weiterer Versuch meine Kontrahenten los zu werden nach der Spitzkehre in Richtung Abfahrt war auch nicht erfolgreich. Also ging es zu viert bergab. Wie in den Runden zuvor ist Axel Hauschke wie auf Schienen als Erster durch die erste 180° Kurve geschossen, ich einigermaßen hinterher. Sascha Haußmann hatte schon in den Runden vorher Probleme mit der Abfahrt und hat sich als dritter scheinbar ganz böse versteuert und damit auch Peter Achilles aufgehalten. Der Schulterblick nach der Kehre offenbarte eine ordentlich Lücke. Das war die Chance! Kette rechts, antreten, klein machen, die weiteren Kurven mit vollem Risiko nehmen und unten hatten Axel und ich einen komfortablen Vorsprung.

Kurz vor dem Ziel habe ich mich dann in die erste Position manövrieren lassen und hatte dem Antritt meines Mitstreiters auch nichts mehr entgegen zu setzen. Zweiter Platz und Saarlandmeister, das Meistertrikot war meines! Nach dem Trikot für die Bergpreiswertung einer kleinen Rundfahrt in Frankreich als U23 Fahrer mein einziges gewonnenes Trikot! (Gut, der sportliche Wert des Saarlandmeister-Titels ist eher niedrig, aber das ist mir jetzt einfach mal ganz egal.) An der Stelle vielen Dank an Alberto Kunz von il Diavolo - Der teuflische Radladen für das Sponsoring der Trikots. Coole Aktion, Daumen hoch!

Auf dem zweiten Platz Jens Weicherding vom RV Blitz Oberbexbach, Dritter wurde Martin Schaar vom RSF Niederlinxweiler.


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