Mittwoch, 24. Februar 2016

Videos 2 - 2016 / Jeremy Powers

Motofish Images hat eine wunderbare, dreiteilige Video Serie über Jeremy Powers Cyclocross Saison  produziert. Vom ersten Rennen, Cross Vegas bis hin zur Weltmeisterschaft in Zolder, die für den  amtierender US Cyclocross Meister alles andere als zufrieden stellen verlaufen ist. 




Schon etwas älter, aber natürlich immer noch witzig:






Mehr Videos gibt es auf der gar nicht schlechten Homepage von Jeremy Powers.

Samstag, 20. Februar 2016

Science: FTP versus IAS

Eine Gruppe von angehenden Sportwissenschaftlern an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken hat sich in zwei Studien mit der Vergleichbarkeit von individuellen Anaeroben Schwelle (IAS) und des Funktional Threshold Power Wertes (FTP) bzw. der Wiederholbarkeit der entsprechenden Tests beschäftigt.

Der IAS und dem FTP liegen unterschiedliche Konzepte und Testverfahren zu Grunde. Die IAS beschreibt den physiologischen Vorgang im Körper, wenn sich Laktat Produktion und Abbau die Waage halten und wird mit einem Stufentest ermittelt. Das in Saarbrücken verwendete Protokoll steigert dabei alle drei Minuten die Leistung um 50 Watt, beginnend bei 100. Diese Tests dauern somit bedeutend kürzer als die nach dem BDR Protokoll, bei der die Leistung alle drei Minuten um 20 Watt gesteigert wird. Der FTP gibt die maximale Durchschnittsleistung über eine Stunde an und wird von einem 20 minütigen All-Out Test approximiert.

Hier habe ich schon mal ausführlicher über die Unterschiede zwischen IAS und FTP geschrieben und hier habe ich die verschiedenen Testverfahren im Selbstversuch gegenübergestellt.

Der Unterschied zwischen dem BSX Insight Stufentest einerseits und dem 20' Test andererseits betrug in meinem Versuch nur fünf Watt (288 versus 283) bzw. 1,7%.

Becker, Benzschawel und Krier kommen ebenfalls zu dem Schluss, dass zwischen IAS und FTP ein eindeutiger Zusammenhang besteht und dass das FTP Test Protokoll nach Hunter & Coggan somit eine legitime, nicht laborbasierte Methode zur Bestimmung der Trainingsbereiche darstellt.


Göhmann, Piret, Schröder und Schwan haben die Retest-Reliabilität der beiden Verfahren untersucht und kommen zu dem Ergebnis, dass beide Tests, also sowohl der IAS-Stufentest als auch der FTP-AllOut Test reproduzierbare Ergebnisse liefern. Reproduzierbare Ergebnisse bedeutet dabei, dass die Testverfahren unter gleichen Vorraussetzungen gleiche Ergebnisse liefern. Somit sind beide Verfahren dazu geeignet die Veränderung der Leistungsfähigkeit über die Zeit zu messen.

Auch bei diesem Test lagen die Ergebnisse der beiden Testverfahren eng beieinander und bestätigen die Annahme, dass der FTP Test eine ausreichende Schätzung der IAS liefert. Der Anstieg des Mittelwertes der zweiten FTP Test Serie ist größtenteils auf die verbesserte Leistung eines von sechs  Probanden zurückzuführen und damit nicht unbedingt schädlich hinsichtlich der Gesamtaussage.

Sonntag, 14. Februar 2016

Vitus 979

Manchmal heisst es ja, das früher alles besser gewesen sei. Das ist natürlich Unsinn. Allerdings war früher mit Sicherheit vieles anders. Fahrräder kaufen zum Beispiel. Vor gut 25 Jahren konnte man noch Geld sparen, wenn man sein Rad selber zusammen gebaut hat, mit neuen Teilen wohlgemerkt. Das hat sich gründlich geändert. Heute sind die Räder von der Stange im Vergleich zu der Summe der Einzelteile so günstig, dass sich der Selbstbau nur noch lohnt, wenn man ein ganz besonderes, individuelles Rad haben möchte. 

Das man heute bei weitem nicht mehr alle Teile miteinander kombinieren kann, macht die Sache auch nicht einfacher. Bevor die ersten indizierten Schaltgriffe von Shimano auf den Markt kamen und die Unterrohr-Schalthebel noch "mit Gefühl" bedient werden mussten, war weitgehend alles untereinander kombinierbar. Eine Schaltung von Sachs, ein Zahnkranz von Regina auf einer Nabe von Suntour, dazu Schalthebel von Simplex, Kurbeln von Campagnolo und Bremsen von Modolo. Alles kein Problem. Da war es noch eine echte Kunst für jedes Teil das beste Produkt zu finden und alles zu einem kompletten Rad zu kombinieren.

Damals gab es ja auch noch kein Internet, statt dessen war der Brügelmann-Katalog das Maß aller Dinge. Wenn der neue Katalog kam, gab es für Tage fast Streit zwischen meinem Vater und mir, wer denn nun den Katalog haben darf. Zusätzliche Informationsquelle waren die Klein- und Großanzeigen in der TOUR und der ein oder andere weitere Katalog. Petermann, Rose und vor allen Dingen der DIN A5 "Katalog" von Bornmann. Die Preise waren der Hammer! 

Ich habe Tage damit verbracht Listen zusammenzustellen für neue Fahrräder. Preise, Gewichte, Bezugsquellen. Welche Teile sollten neu sein, was konnte vom derzeitigen Rad weiterverwendet werden, was passt von der Farbe, was passt noch in das Budget? Das alles war zu berücksichtigen. Und ab und an habe ich natürlich auch mal nur das Beste vom Besten aufgeschrieben um dann zerknirscht festzustellen, dass ich mir das niemals leisten werden kann.

Wenn das Rad dann fertig war und vor einem stand, konnte man mit Fug und Recht behaupten: "Das ist mein Rad." Ein Unikat, eine Komposition, in der Kombination kein zweites Mal auf der Welt.

Ich habe nur wenige Bilder der Räder die ich im Laufe der Jahre gefahren bin, schade eigentlich, das würde eine tolle Collage abgeben. Das schönste Rad das ich jemals hatte, war aber ohne Frage das pinkfarbene Vitus.


Einige der Teile habe ich immer noch, die Kurbeln, die Bremsen, die Schalthebel. Den Rahmen habe ich wohl irgendwann verkauft, kann mich aber absolut nicht mehr daran erinnern an wen und wann das war.

Rahmen: Vitus 979, damals die Speerspitze des Leichtbaus mit deutlich über 2 Kilo
Kurbeln: Campa C-Record Kurbeln, 175mm, 39/53 Das Design mit der fünften Schraube hinter dem Kurbelarm war bahnbrechend.
Umwerfer: Sachs Huret New Success
Schaltwerk: Mavic 840
Pedale: Look
Schalthebel: Simplex SLJ Friction, die Hebel hatten ein Federsystem, wodurch die Bewegung in beide Richtungen gleich schwer ging und optisch waren sie sehr elegant
Steuersatz: Stonghlight Delta (was sonst an einem Vitus?)
Bremsen: Mavic 440
Sattelstütze: Campa Chorus
Sattel: Selle San Marco Rolls
Laufräder: Natürlich selbst eingespeicht, 32 Loch, Mavic Felgen, Conti Grand Prix Faltreifen 23mm, Naben?, bin ich mir nicht mehr sicher, könnte sein, dass das C-Record Naben waren, 
Zahnkranz: Sollte ein achtfach Schraubkranz gewesen sein

Wie sieht es bei euch aus? Gehört ihr zu den Selber-Aufbauern oder zu den Fertig-Käufern und hat es sich bei Euch im Laufe der Zeit geändert?

Dienstag, 9. Februar 2016

BSX Insight - Anzeige und Data Handling mit Golden Cheetah

Ray Maker hat vor einigen Wochen einen seiner unglaublich ausführlichen Review-Posts über die zweite Generation des BSX Insight geschrieben. Alles was es hinsichtlich der Unterschiede zur ersten Generation zu wissen gibt, wie die Threshold Tests beim Radfahren und beim Laufen funktionieren, was es neues in der Software gibt und einiges mehr kann man dort nachlesen.

Die beiden wichtigsten Unterschiede sind sicherlich der kontinuierliche Modus und der Export der Rohdaten. Kontinuierlicher Modus bedeutet, dass die Werte der Sauerstoffsättigung nun auch während eines normalen Trainings oder einem Wettkampf angezeigt, aufgezeichnet und anschliessend ausgewertet werden können. Mit der ersten Generation der BSX Insights konnte man nur den Stufentest durchführen und hatte keinen Zugriff auf die Rohdaten. Zwar war beides schon während der initialen Kickstarter Kampagne versprochen, konnte aber aufgrund von Hardware Limitationen nicht implementiert werden.

Im kontinuierlichen Modus zeichnet der BSX Puls, Leistung (von entsprechenden ANT+ fähigen Geräten) und die Sauerstoffsättigung SMO2 auf und speichert diese zur späteren Auswertung. Zur Anzeige der Daten während einer Aktivität gibt es verschiedene Möglichkeiten.
  • Da wäre zunächst einmal die App, in meinem Fall auf dem iPhone. Dazu müsste das Telefon aber zusätzlich zu dem Radcomputer am Lenker montiert werden. Nicht gerade was ich mir unter einem aufgeräumten Cockpit vorstelle. Da die BSX App auch nur die oben genannten Daten Puls, Power und SMO2 anzeigt, ist es auch keine Alternative das Telefon als alleinigen "Radcomputer" zu verwenden. Es bestünde natürlich die Möglichkeit, zwischen der BSX und einer weiteren App, z.B. Strava, hin und herzuwechseln. Da aber die wenigsten Telefone ANT+ verstehen und somit Puls und Power nicht lesen können, scheidet das auch aus.
  • Der SMO2 Datenstream kann auch als ANT+ Trittfrequenz von entsprechenden Radcomputern oder Sportuhren gelesen werden. Statt der echten Trittfrequenz wird dann auf diesem Feld der Wert der Sauerstoffsättigung angezeigt und aufgezeichnet. Grundsätzlich nicht schlecht, allerdings fehlen dann die tatsächlichen Trittfrequenz-Daten. Da diese für mich unverzichtbar sind, ist das auch keine Alternative.
  • Die dritte Möglichkeit besteht darin, die BSX Daten auf einem zweiten ANT+ fähigen Device anzeigen zu lassen, idealerweise auf einer Armbanduhr. Ich verwende dazu die Garmin 910xt und lasse SMO2 dort als Trittfrequenz anzeigen. Zu beachten ist lediglich, dass die Trittfrequenz immer als ganze Zahl angezeigt und aufgezeichnet wird. Während einer Aktivität ist das absolut ausreichend, zur späteren Auswertung sollte man dann aber auf die Original Daten mit einer Dezimalstelle zurückgreifen.
  • Sobald Radcomputer ein Feld für SMO2 Daten bereitstellen, ist dieser Aufwand nicht mehr notwendig. Für Garmin gibt es bereits ein Connect IQ Feld für Moxy, das aber soweit ich weiß nicht mit BSX funktioniert. 
Soweit zur Anzeige unterwegs. Nach dem Ende der Aktivität werden die Daten von dem BSX auf die BSX-Web-Plattform hochgeladen und können dort angezeigt werden. Bei mir funktioniert das aus welchem Grund auch immer nur mit dem Firefox Browser, nicht aber mit Safari und Chrome. Die Möglichkeiten der Webplattform zur Analyse sind allerdings mehr als bescheiden, so gibt es zum Beispiel keine Möglichkeit in die Aktivität hinein zu zoomen und es werden wie bereits geschrieben nur Puls, Power und SMO2 angezeigt. Alle anderen Informationen und Metriken wie Geschwindigkeit, Steigung, Strecke usw. fehlen.

An der Stelle kommt die neue Export Funktion in's Spiel. Man erhält eine CSV Datei, die in Excel oder Numbers so aussieht:


Damit kann man natürlich auch noch nicht viel anfangen. Stellt sich die Frage wie man diese Daten mit den übrigen Informationen (Geschwindigkeit, Power-Metriken, Strecke) zusammenbekommt.

Das Mittel meiner Wahl ist hierbei Golden Cheetah, die freie Trainingsdaten-Auswertungssoftware. Zunächst importiere ich die eigentliche Trainingsdatei. Wenn diese von einem Garmin Gerät stammt, ist es wichtig die original GPX Datei zu nehmen. Das FIT-File enthält nicht alle Daten, so fehlt zum Beispiel die Links/Rechts Verteilung der Leistungsdaten.

Nach dem Import können weitere Datenreihen hinzufügt werden. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten.
  • Auf dem "Edit" Tab der Aktivität kann eine SMO2 Spalte hinzugefügt werden (Rechtsklick auf die Kopfzeile > 'Add Column' > 'SMO2'). Die neue Spalte entsprechend zu kennzeichnen ist wichtig, damit Golden Cheetah auch weiß was mit den Daten anzufangen ist und die darauf beruhenden Metriken richtig berechnet. In der neuen Spalte können die Werte dann ganz einfacher per Copy&Paste aus der in Excel geöffneten BSX Datei heraus eingefügt werden. Wenn die Aufzeichnungen auf dem Garmin und dem BSX nicht genau gleichzeitig gestartet wurden, ist es allerdings nicht einfach die Daten zu synchronisieren. 

  • Aber es geht einfacher. Golden Cheetah bietet einen Assistenten zum Zusammenfügen von Datenreihen an. Über das Menü 'Activity' > 'Combine Activities' könne wir weitere Daten hinzufügen. Golden Cheetah kann die BSX CSV Dateien direkt lesen, das macht das Ganze zum Kinderspiel:



Hier wählen wir den ersten Punkt: 'Import from a File'. Es öffnet sich der übliche File Dialog und wir können direkt die BSX CSV Datei auswählen.


Auch wieder der erste Punkt: 'Merge Data to add another data series.'


Links werden die Datenreihen angezeigt die wir schon haben, rechts die in der importierten Datei zur Verfügung stehen. Puls und Leistung haben wir schon, wir sind nur an den SMO2 Werten interessiert.


Jetzt werden wir gefragt wie die Datenreihen synchronisiert werden wollen. Am einfachsten ist es unter der Verwendung gemeinsamer Datenreihen. In diesem Fall sind Puls und Leistungswerte in beiden Dateien vorhanden. Golden Cheetah muss diese also nur übereinander legen und die Sauerstoffsättigung ist genau dort wo sie sein soll.


Danach kann man das Ergebnis noch mal prüfen und speichern.

So lassen sich übrigens auch die Strecke und die Kilometer von Zwift-Aktivitäten zu den detaillierteren Garmin Daten hinzufügen.

In Golden Cheetah hat man jetzt alle gesammelten Informationen zusammen und kann die Auswertung starten. Hier ein Print Screen eines 20' FTP Tests, bei dem man gut erkennen kann wie die Sauerstoffsättigung abnimmt und im Anschluss wieder ansteigt.


BSX Insight vorher auf Unterlenker: Cutting Edge

Mittwoch, 3. Februar 2016

E-Bike Schlamassel

Jetzt ist es also tatsächlich passiert. Es hat sich jemand mit einem Elektromotor im Rad erwischen lassen, noch dazu bei einer Weltmeisterschaft. Maximale Aufmerksamkeit garantiert. Und wie nicht anders zu erwarten war der Aufschrei groß, frei nach dem Moto: "Auf sie mit Gebrüll". Die erst 19 Jahre alte belgische U23 Europameisterin im Cyclocross, Femke van den Driessche, hat Eingang in die Geschichtsbücher des Radsports gefunden. Ihr Name wird für immer mit dem ersten entdeckten Betrug dieser Art in Verbindung stehen. Wahrscheinlich nicht der Ruhm den sie sich erhofft hat.

Ich warte ja auf den Dopingsünder, der, sobald überführt, sein Vergehen zugibt und zu dem steht was er gemacht hat. Und es vielleicht sogar erklärt. Was bringt jemanden dazu die Regeln zu brechen? Erfolgsdruck? Mangelnde Alternativen ausserhalb des Sports? Falsche Berater und Trainer? Überehrgeizige Eltern? Bringt man nicht schon Kindern bei, dass es besser ist eine Missetat zuzugeben und die dann hoffentlich mildere Strafe zu akzeptieren als sich in fadenscheinigen Ausflüchten zu verstricken? Haben all die Dopingsünder nicht gelernt dass früher oder später selbst das stärkste Lügengebilde einstürzt und die Wahrheit an's Licht kommt? Wie war das noch mal mit Armstrong, Ulrich, Landis, Hamilton, Millar, Pantani und all den anderen? Gut, es kann natürlich sein dass Femke van den Driessche tatsächlich nichts von dem Motor in ihrem Rad wusste und es ihr durch einen dummen Zufall untergeschoben wurde. Leider ist die Geschichte, die sie erzählt, alles andere als glaubwürdig, die Reputation ihrer Familie mehr als zweifelhaft und am Ende spielt es auch keine Rolle, ob Sie es wusste oder nicht.

Obwohl, professioneller Sport ist Entertainment. Und was uns Familie van den Driesche derzeit auftischt  könnte sich wahrscheinlich kein noch so wahnsinniger Trash-TV-Drebuch-Schreiber ausdenken. Eine kurze Zusammenfassung: Eine junge, hübsche, aufstrebende Radsportlerin verkauft eines ihrer Räder an einen Freund der Familie. Dieser trainiert ab und an mit ihr und ihren Brüdern und lässt in das Rad einen Elektromotor einbauen. Ansonsten bleibt das Rad absolut ummodifiziert. Zumindest so weit, dass die erfahrenen Mechaniker bei der Weltmeisterschaft das Rad als eines von Femke betrachten und mit in die Wechselzone nehmen. Warum das Rad überhaupt da war? Der Freund der Familie hat vor dem WM-Rennen eine Erkundungsrunde auf dem Kurs gedreht und das Rad bei den van den Driessches abgestellt. Der dumme Mechaniker, also wirklich, nimmt der einfach das falsche Rad mit. Zu allem Unglück kontrolliert die UCI dann auch genau dieses Rad. Was für ein Jammer. Natürlich hat man nichts gewusst, Tränen im Fernsehen, Beteuerungen noch und nöcher.

Leider wird die Glaubwürdigkeit durch die Tatsache, dass Femkes Bruder derzeit eine EPO-Sperre absitzt und Vater und Bruder vor einiger Zeit des Diebstahls zweier Kanarienvögel überführt wurden, nicht gerade gestützt. Heute war zu lesen, das Pure Cycling, eine Australische Non-Profit Organisation die sich für einen sauberen Radsport einsetzt, in den vergangenen Monaten mehrere Hinweise auf verdächtige Leistungen erhalten hat. Insbesondere die Koppenberg-Performance von Fräulein van den Driessche erscheint nun in einem ganz neuen Licht.

Eine ganze Menge Merkwürdigkeiten, die am Ende aber alle irrelevant sind. Das Reglement ist in diesem Punkt eindeutig. In Artikel 1.3.010 der technischen Regeln heisst es: "The bicycle shall be propelled solely, through a chainset, by the legs (inferior muscular chain) moving in a circular movement, without electric or other assistance." Artikel 1.3.001 sagt: "The licence holder is responsible for his or her equipment and for ensuring its compliance with the regulations. The licence holder must thus have knowledge of the technical regulations to be able to apply them to the bicycle, accessories and clothing." Wie beim Doping ist letztendlich der Sportler verantwortlich, für die Substanzen in seinem Körper genau so wie für sein Material. UCI Technical Regulation, Technological Fraud

Wobei wir bei dem Vergleich von Doping und technischem Betrug sind und der Frage, was denn schlimmer sei. Beides ist Betrug, sowohl mit der einen wie mit der anderen Methode erschleicht man sich einen Vorteil. Inner Ring hat dazu einen hervorragenden Artikel geschrieben und kommt zu dem Schluss dass Doping schlimmer ist. Doping-Substanzen können, und das ist der wichtigste Grund warum sie verboten sind, zu schweren Gesundheitsschäden und sogar zum Tod des Sportlers führen. Ein weiterer Grund ist, das Doping auch noch lange nachdem es eingestellt wurde wirkt. (Velonews, BBC).

Insofern ist die Verhältnismässigkeit vieler Anschuldigungen gegen Femke van den Driessche nicht mehr gegeben. Ein 19 jähriges Mädchen ist in schlechten Einfluss geraten (Ihre Eltern, Mist) und war so dumm und hat sich erwischen lassen. Eine zwar volljährige aber vielleicht noch lange nicht erwachsene Nachwuchsfahrerin hat ein Rad in der Wechselzone gehabt, in dem ein Elektro-Motor eingebaut war. Und deshalb soll der Radsport als ganzes Schaden nehmen und wurde der Lächerlichkeit hingegeben? Im Ernst? Jemand hat sich nicht an die Regeln gehalten, wurde erwischt und wird nach Abschluss der Untersuchungen entsprechend bestraft werden. Viele fordern jetzt eine lebenslange Sperre. Fragt sich für wen? Für Femke? Für ihren Vater? Den Mechaniker? Die Kanarienvögel?

Ich bin kein Anhänger von Fundamentalismus und drakonischen Strafen. Beides führt zu nichts. Auch wenn hier noch nicht einmal der Ansatz eines Zweifels besteht, das Elektromotoren in Radrennen nichts zu suchen haben und der Einsatz gegen alle sportlichen Werte und Regeln verstößt, muss man doch die Kirche im Dorf lassen und sagen: "Es ist nur Sport!" Unser Leben ist voll von Regelverstößen, es wird zu schnell und über rote Ampeln gefahren, Steuern hinterzogen, Intrigen im Büro gesponnen, Spesenabrechnungen frisiert, Ehepartner werden betrogen, Fotos retuschiert, Filmstars Schönheits-operiert und ja, im Sport wird gedopt. Lug und Trug und Fake wohin man schaut. Das war schon immer Teil des Spiels und wird es auch immer bleiben. Menschen sind nun mal in einem ständigen Konkurrenzkampf um Anerkennung und Erfolg, besonders und vor allem im Sport. Wer sich dem Wettkampf stellt hat für diese Konkurrenz Situation ein besonderes Faible, denn darum geht es ja, besser zu sein als Andere, zu gewinnen. Höher, schneller, weiter.

Eine wichtige Charakter Eigenschaft von Sportlern ist der Ehrgeiz. Ohne den wird man nicht weit kommen. Da ist es unvermeidlich, dass ab und an auch einige Individuen auf der Spielfläche erscheinen die ein Übermaß an Ehrgeiz an den Tag legen und "mit allen Mitteln" gewinnen wollen. Das können sowohl Sportler, wie auch Trainer und Eltern sein. Das nicht zu erwarten wäre einfach nur unrealistisch. Wenn Sportler die Regeln brechen, egal auf welche Art, müssen die Sportverbände mit ihren Kommissären und die Anti-Doping Organisationen dem Einhalt gebieten. Energisch und nachhaltig. Aber es kann keine Lösung sein diese Menschen bei einem ersten Verstoß mit einer lebenslangen Sperre einfach auszusortieren. Das wäre zu einfach. Wie im Strafrecht sollte auch der Sport auf die Rehabilitierung abzielen. Zumindest ist das der gesellschaftliche Konsens in Mitteleuropa. Es gibt andere Länder, in denen Straftäter weggesperrt werden oder die Todesstrafe fürchten müssen. Das halte ich nicht für erstrebenswert.

Bei all denen die jetzt nach der Ultima Ratio rufen und eine drakonische, lebenslange Sperre für Femke van den Driessche fordern frage ich mich, ob die sich immer 100%ig an jede Regel gehalten haben? Nie in einem Radrennen den Kreisverkehr falsch herum gefahren sind, immer ein Rad am Start haben das mit allen UCI Regeln übereinstimmt, nie beim Zeitfahren kurz in den Windschatten des zu überholenden Fahrers gefahren sind, nie eine sticky Bottle gereicht bekommen haben. Sehr vehement hat übrigens Herr Merckx eine lebenslange Sperre gefordert, wie war das noch mal gleich mit dem Glashaus und den Steinen?

Links:
Mehr zu lesen zu dem Thema unter anderem auf
cyclingtips z,B.: hier (Pro Life Time Ban), hier, hier und hier
inner ring hier und hier