Die verwendete Technologie zur Messung der Sauerstoffsättigung ist nichts Neues. Nahinfrarotspektroskopie wird in der Medizin schon seit 30 Jahren verwendet:
"Das nahinfrarote Spektrum des Lichtes wird verwendet, weil zwischen 650 nm und 1000 nm das Licht besonders gut durch Gewebe hindurchgeht und somit eine Analyse von tieferen Gewebeschichten ermöglicht wird. Messungen des Sauerstoffgehaltes, Blutvolumens und Blutflusses von Gewebe basieren darauf, dass der rote Blutfarbstoff Hämoglobin, der der Hauptsauerstofftransporteur im Körper ist, seine Farbe mit dem Sauerstoffgehalt ändert. Somit kann anhand der Lichtdurchlässigkeit des Gewebes (je mehr Blut im Gewebe, desto weniger Licht geht hindurch) die Hämoglobin- bzw. Blutkonzentration bestimmt werden und anhand der Farbe der Sauerstoffgehalt." (Wikipedia)
Lichtimpulse verschiedener Wellenlänge werden durch Haut und Fettgewebe bis in die Muskulatur gesendet und von einem Detektor wieder empfangen. |
Nachdem der Sauerstoff von den roten Blutkörperchen zu den Muskelzellen transportiert wurde, wird er von dem Muskelprotein Myoglobin zwischengespeichert und zur tatsächlichen Verwendung in den Muskelzellen bereitgehalten.
Allerdings reicht schon die Kenntnis über die Bilanz des Sauerstoffgehaltes aus, um einen einfachen Zusammenhang zu erkennen: Bei steigender Leistung der arbeitenden Muskulatur und damit steigendem Sauerstoffverbrauch nimmt die Sauerstoff-Sättigung in der Muskulatur ab. Ab dem Überschreiten der anaeroben Schwelle ist der Abfall stärker. Wenn man dies grafisch darstellt, erhält man eine Kurve die sich genau umgekehrt zur Laktatkurve verhält, die ja umso stärker ansteigt, je näher man an das Leistungsmaximum kommt.
BSX Insight spricht aus diesem Grund vom ersten "nicht-invasiven Laktatmessgerät". In gewisser Weise ist das aber nicht mehr als ein griffiger Marketingslogan. Denn auch wenn beide Kurven negativ miteinander korrelieren und ein statistischer Zusammenhang besteht, kann man von der Sauerstoffsättigung in % nicht auf den Laktatgehalt in mmol schließen. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund irreführend, als dass die bisherige Meinung über das "böse" Laktat zunehmend auf wackeligen Füßen steht. (Aktuell zum Beispiel hier)
Statt dessen muss die Sauerstoffsättigung SMO2 als eigenständiger Parameter betrachtet werden.
Anders als bei der Laktatmessung die "irgendwo" am Körper vorgenommen wird, in der Regel am Ohr oder Finger, wird die Sauerstoffsättigung am arbeitenden Muskel gemessen und gibt daher viel genauer Auskunft über das, was in der Muskulatur vor sich geht. SMO2 reagiert in der Regel innerhalb von Sekunden auf eine Leistungsänderung, Puls und Laktat sind mit einem Nachlauf von etwa 20 Sekunden bzw. mehreren Minuten (deshalb wird Laktat immer am Ende einer Stufe gemessen) sehr viel ungenauer. Wie der Puls ist aber auch die Sauerstoffsättigung ein individueller Parameter, der sich von Athlet zu Athlet unterschiedlich verhält und nicht direkt vergleichbar ist.
Obwohl wie geschrieben nur die Bilanz aus Sauerstoffanlieferung und Verbrauch gemessen werden kann, lassen sich aus der Veränderung des Sauerstoffgehaltes bei wechselnden Belastungen durchaus Aussagen über die Begrenzer der sportlichen Leistungsfähigkeit treffen. Erholt sich die Sauerstoffsättigung nach einer hohen Belastung nur langsam, könnte das ein Indiz dafür sein, dass die Leistung durch das Herzkreislaufsystem begrenzt wird. Nimmt die Sättigung während eines anaeroben Intervalls nicht entsprechend ab, spricht dies wahrscheinlich für eine muskuläre Begrenzung der Leistung. Es liegt auf der Hand, dass das Training in diesen Fällen unterschiedlich sein sollte.
Andere Anwendungsgebiete ergeben sich zum Beispiel
- im Training zur Steuerung der Pausen zwischen Intervallen. Insbesondere wenn die Pausen nicht vollständig sein sollen, kann die Sauerstoffsättigung den optimalen Startpunkt des nächsten Intervalls liefern.
- zur Messung der Belastung im Training. Wie schnell erholt der Organismus sich? Wie hoch ist die Intensität.
- zur Festlegung der Leistungsfähigkeit zu Beginn des Trainings. Ich kann mir gut einen kurzen Test vorstellen, der aus der Reaktion von Puls und Sauerstoffsättigung auf eine bestimmte Last (in Watt) die Leistungsfähigkeit an diesem Tag bestimmt.
- In der Berechnung von Intensitätskennziffern.
Letztendlich geht es darum, Trainingsreize noch präziser zu setzen, genau an der Grenze dessen, was ein Sportler maximal verträgt um einen maximalen Anpassungseffekt des Organismus zu erreichen.
Das alles ist zugegebener Maßen noch relativ vage und ungenau. Es wird Jahre dauern bis die Geräte weite Verbreitung finden und Sportwissenschaftler, Trainer und Athleten Erfahrung in der Anwendung und der Interpretation der Daten gesammelt haben. Die Situation ist vielleicht mit dem Aufkommen der ersten Powermeter oder noch früher mit den ersten Pulsmessern vergleichbar. Was man damals über diese Tools und deren Anwendung wusste ist wahrscheinlich ein Witz, verglichen mit dem was wir heute aus den Daten lesen können.
Natürlich sind BSX Insight und Moxy nur weitere Werkzeuge in einem ganzen Arsenal von Hilfsmitteln zur Trainingssteuerung. Das Körpergefühl und die Erfahrung des Sportlers können damit nur ergänzt aber nie ersetzt werden.
Links:
BSX vorher auf Unterlenker: Cutting Edge, FTP Test, Data Handling
Mehr Information findet sich bei BSX Insight und insbesondere bei Moxy
Hier eine gute Erklärung bezgl. dem "bösen Laktat"… Moderne Betrachtungsweisen des Laktats: Laktat ein überschätztes und zugleich unterschätztes Molekül: https://drive.google.com/open?id=0B2Ti3WGQBswVc24ya19aS3VuR1k
AntwortenLöschenHallo Boris,
Löschendanke für den Link, das werde ich gleich mal lesen.
Auch interessant in dem Zusammenhang: editorial_roecker_12_2008 Laktat pro und contra
Danke dir. Werde ich mir zu Gemüte führen.
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