Nach der Landesverbandsmeisterschaft in Bliesransbach bin ich es erstmal langsam angegangen und habe die Woche über gar keinen Sport gemacht. Frei nach dem Motto: "Training macht schwach, Erholung macht stark." Da liegt der Gedanke sich nur noch zu Erholen natürlich nahe, leider gibt es ohne Belastung aber auch keine Entlastung, das nennt sich dann Superkompensation und ist der Dreh und Angelpunkt der modernen Trainingslehre. Die Vorstellung ewigen Müßigganges auf einem Südsee Eiland ist verlockend, trägt aber wenig zum Erreichen sportlicher Ziele bei.
Also genug der Superkompensation, jetzt wird wieder trainiert. Nochmal Grundlage, Kraft, Coretraining, Stretching, Intervalle, Trainingszycklen, Steigerungen des Umfanges und der Intensität, Erholung, und alles noch mal von vorne, nochmal, nochmal, härter. Verbesserungen am Material, der Position, tiefer, enger. Über Wochen einem Kulminationspunkt zustreben, an dem sich hoffentlich alles zusammenfügt und sich eine bestechende Form in einer fantastischen Leistung niederschlägt.
Der Kampf gegen die Uhr, der Moment der Wahrheit. Zeitfahren, Time Trail, Contre la Montre. Keine Taktik, kein Windschatten. Fünf, Vier, Drei, Zwo, Eins, Top. Von der Startrampe rollen. Beschleunigen, den Rhythmus finden, an der Grenze des gerade noch Erträglichen, Minute um Minute, nicht nachlassen und genau auf der Ziellinie fast zusammenbrechen. Das hört sich schrecklich an? Ja, das ist es wohl. Die meisten Rennfahrer schauen mich mit einer Mischung aus Entsetzen und Erstaunen an wenn ich offenbare nicht die übliche Abneigung gegen Zeitfahren zu teilen.
Vielleicht liegt es daran dass ich meine Rennfahrerkarriere mit einem Zeitfahren begonnen habe. Das muss Mitte der 80er gewesen sein. Mein damaliger Verein, die Weissen Wölfe Merzig, hatte die LVM im Zeitfahren ausgerichtet auf einer heute unvorstellbaren Strecke, von Merzig über die B51 bis zur Kreuzung in Beckingen und zurück. 10 km raus, 10 km rein. Auf einer Bundesstrasse!
Als Espoir bin ich sogar mal beim Grand Prix des Nation gestartet. Das Zeitfahren gibt es heute nicht mehr. Für Fahrer wie Hinault war das einer der Saisonhöhepunkte. Ein Rennen, prestigeträchtiger als die Weltmeisterschaft, auf dass sich akribig vorbereitet wurde. Um zu den 15 Fahrern jeder Altersklasse zu gehören die starten durften, musste man seine Palmarés an die ASO senden und sich bewerben. Und ich war dabei. Die gleiche Akkreditierung als "Coureur" um den Hals wie Bjarne Riis. Ein Schild mit meinem Namen über die ganze Breite des Autos hinter mir. Eine geliehene Scheibe im Rad. Die Startrampe, der Zielwagen, alles wie bei der Tour und viele Nummern grösser als das, was ich bis dahin erlebt hatte. Und ich lieferte die schlechteste Leistung des Jahres ab und wurde Letzter, immerhin in einem Rennen gegen den späteren Weltmeister der U23. (In einer früheren Version hatte ich geschrieben, dass ich bei den Junioren gestartet bin, tatsächlich war es aber bei der U23).
Zeitfahren also. Ich habe aufgerüstet und eine günstige Gelegenheit genutzt. Jetzt steht im Keller ein echter Zeitfahrbolide. Scheibe hinten, 100mm Felge vorne, Zeitfahrlenker, Aufsatz.
Am 5. Juli wird sich zeigen ob es was hilft, dann findet in Rüssingen die Landesverbandsmeisterschaft statt.
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