Dienstag, 6. Mai 2014

Eine Strecke mit Erinnerungen

Nachdem ich in den letzten Wochen Lehrgeld zahlen musste und weder in Luxembourg, noch in Überherrn das Ziel erreicht habe, hat meine Frühjahrskampagne doch noch ein gutes Ende gefunden. In Bliesransbach fand am vergangenen Sonntag die Südwest-Meisterschaft statt. Zu "meiner Zeit" war es noch eine reine Saarlandmeisterschaft. Da es inzwischen aber immer weniger Rennfahrer gibt, hat man irgendwann die Landesverbandsmeisterschaften des Saarlandes, von Hessen und Reinlandpfalz zusammen gelegt. So ging im Hauptrennen ein stattliches Feld von annähernd 100 Fahreren an den Start. Die Meldeliste ging bis Nummer 114, davon 21 Saarländer. Das Feld war gut besetzt, weniger als die Hälfte waren C und U23 Fahrer. Der Rest hatte eine A, B Lizenz oder gehörte der Kontinentalklasse an. Ein richtiges Radrennen also.

Wie schon in der Woche zuvor habe ich mich noch zuhause auf der Rolle warmgefahren. 30 Minuten insgesamt, davon 2 mal 4 Minuten den Puls in den roten Bereich gebracht und ordentlich geschwitzt, anschliessend heiß geduscht und warm angezogen. Mittagessen. Den restlichen Krempel ins Auto geladen. Espresso getrunken. Losgefahren. Nach 50 Metern ist mir dann aufgefallen dass der Helm fehlt. Mist, nochmal zurück, Helm eingepackt. Im Kopf nachmal alles durchgegangen: Lizenz - check, Schuhe - check, Helm - check, Rad - check. Ich war immer noch gut in der Zeit und bin entspannt nach Saarbrücken gefahren. Unterwegs hat dann wie vor jedem Rennen dieses flaue Gefühl in der Magengegend eingesetzt. Spätestens wenn es von der Autobahn runter geht fängt es an. Selbst nach all den Jahren und hunderten von Radrennen. Wettkampfmodus!

In Kleinblittersdorf habe ich die Wegbeschreibung des Veranstalters falsch interpretiert und bin erst zwei mal die Hauptstrasse auf und ab gefahren bis ich gemerkt habe, dass ich in die andere Richtung muss. Da wurde die Zeit dann doch langsam knapp. An der Rennstrecke angekommen war es gar nicht so einfach bis nach Bliesransbach in die Nähe des Starts zu kommen. Alles hermetisch abgesperrt. Der Streckenposten hat mich noch nicht mal die Strasse überqueren lassen um auf dem Parkplatz auf der anderen Seite zu parken. Na ja, zum Glück gab es einen Schleichweg und ich ergatterte einen guten Parkplatz (Übrigens: Freundlich fragen wirkt Wunder).

Noch 50 Minuten bis zum Start. Nummer geholt, Rad zusammen gebaut, Flaschen ans Rad und Powergel ins Trikot gesteckt, Beine geölt und noch ein paar mal die Strasse auf und ab gefahren. Zum Start gerollt. Hey, und ich habe es tatsächlich geschafft in der ersten Reihe zu stehen. Wenigsten einmal vorne sein! Natürlich standen wir zu früh dort und mussten alle noch mal zur Seite um ein paar Autos durchzulassen. Danach stand ich dann in der zweiten Reihe, immer noch gut.

Die Strecke in Bliesransbach ist recht selektiv. Es gibt zwei Berge auf der Runde. Der Erste fängt direkt am Start an und ist ein Roller Berg, der sich (zumindest in den ersten Runden) gut mit dem grossen Kettenblatt fahren lässt. Von ganz unten bis oben sind es fast sechs Kilometer. Nach der Abfahrt geht es wellig bis zum nächsten Berg, der deutlich steiler ist und ohne Schande mit dem kleinen Kettenblatt bewältigt werden kann. Die schwierigste Stelle dort ist aber das "falsche Flachstück" von einigen hundert Metern bis es endlich richtig runter geht. Widerlich! An der Stelle musste ich in den letzten beiden Runden jeweils reissen lassen und konnte mich gerade so bis zum Ende der Abfahrt in die Gruppe retten. Nach der zweiten Abfahrt geht es wieder wellig bis zum Ziel.

Eine Runde hat knapp über 20 Kilometer und wir hatten derer fünf zu fahren, macht summa summarum 105 km und rund 1800 Höhenmeter. Nicht so schlecht. Wäre durchaus einer Weltmeisterschaft würdig.


Das Warmfahren auf der Rolle hat sich bewährt. Ich habe mich von Beginn an gut gefühlt und hatte keine Start-Schwierigkeiten. Im Rennen habe ich es tatsächlich geschafft mich immer im vorderen Drittel des Feldes auf- und gleichzeitig die Nase aus dem Wind zu halten. Ich wusste, dass wenn ich ankommen möchte es auf jedes Korn ankommen würde. Die ersten beiden Runden war das Feld noch weitgehend zusammen. In der dritten Runde ging es an den Bergen dann zur Sache und es bildeten sich die einzelnen Gruppen. Keine Ahnung was vorne abging. Ich wusste nur das vor mir nur drei Saarländer sein sollten, wenn ich mich nicht ganz grob verzählt hätte (hatte ich nicht). Ich glaube wir waren die letzte nennenswerte Gruppe. Nach uns kamen nur noch einige versprengte Fahrer.



In der vierten Runde habe ich an dem zweiten, steilen Berg reissen lassen. Ich war wirklich am Anschlag, da ging nichts mehr. Die Muskeln waren kurz vor dem Krampfen und ich musste alles mobilisieren um nicht an Ort und Stelle abzusteigen. Irgendwie habe ich es dann bis zum Ende der Abfahrt geschafft noch mal den Anschluss zur Gruppe herzustellen. Das war knapp. Endlich gab es die Glocke zur letzten Runde. Damit war mein Tag schon gerettet. Ich wusste ich komme ins Ziel und würde das Rennen beenden.  Immerhin, nach dem Desaster in Überherrn. Noch 20 km, zwei Berge, hey, ein Klacks! (In solchen Momenten hilft es schon mal wenn man versucht sich selber froh zu machen.)  Der vorletzte Berg war ok, am letzten Hindernis des Tages musste ich aber wieder passen. Und fast hätte ich es noch mal geschafft. 100 m haben am Ende der Abfahrt gefehlt um die Gruppe zu bekommen.

Im Ergebnis stehe ich als 37. und bin 5. Saarländer geworden. 49 Fahrer haben das Rennen beendet und ich war der Älteste. Das war ein guter Tag. Hat wirklich Spass gemacht.


An der Stelle kann ich noch eine Anekdote erzählen. Auf der Strecke in Blieransbach bin ich in den Neunzigern zwei mal Saarlandmeister der Elite geworden, die genauen Jahre müsste ich jetzt nachsehen, ist aber auch egal. Ein mal im Sprint einer, ich glaube dreiköpfigen Ausreißergruppe (Tatsächlich, ich kann auch sprinten!) und das zweite mal bin ich alleine angekommen.

<Seufz..KurzerMomentDesInErinnerungSchwelgens>

Natürlich war auch damals der Saarländische Rundfunk da und hat einen Beitrag für den aktuellen Bericht aufgezeichnet. Ich glaube es war nach dem ersten Sieg, ich sitze kurz nach dem Zieleinlauf am Auto und versuche wieder zu Luft zu kommen, als der Herr vom SR kommt und meint, dass sie ein Problem mit der Kamera gehabt hätten und den Zieleinlauf vermasselt haben und ob ich nicht noch mal über die Linie fahren könnte. Wahrscheinlich habe ich erstmal recht ungläubig dreingeschaut aber hey, nichts leichter als das! Habe ich ja in jedem meiner Träume geübt. Der Kameramann hat dann eine Perspektive gesucht, in der es nicht zu sehr aufgefallen ist, das keine Zuschauer mehr da waren und der Zielwagen auch schon leer war und ich bin noch mal über die Linie gefahren. Aber ich musste feststellen das es nicht das Gleiche war. Der echte Moment ist unvergleichlich. Der gestellte Zieleinlauf war ... gestellt. Das war eine sehr skurrile Situation!


Links Links Links:
Strava Activity Playback
Ergebnis Elite Südwestmeisterschaft 2014 (leider ohne Zeiten)
SR Sport Arena

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