Was bisher geschah: Teil 3
„Du hast den Farbfilm vergessen, mein Michael
Nun glaubt uns kein Mensch wie schön’s hier war…“
In Zeiten, in denen User Bilder jeder ihrer Mahlzeiten auf sämtliche Plattformen hoch laden, ernähre ich mich hier von Sonne, Luft und schöner Kulisse, kann dies aber niemandem zeigen, sondern nur versuchen verbal zu umschreiben. Da dies auf die Dauer etwas langwierig und langweilig wird, steuere ich diesmal auch etwas zu der ständig anwachsenden Bilderflut im Netz der Netze bei.
Doch vor dem Vergnügen (Bilder) kommt bekanntlich die Arbeit (Text):
Weitaus schwieriger als meine Erlebnisse auf diesem Eiland zu beschreiben ist es, Mitfahrern mit geringem musikalischem Wissen Lieder wie das oben genannte näher zubringen, insbesondere da ich selbst leider nicht über die notwendigen Gesangsqualitäten verfüge und Vorsingen somit ausscheidet (Das überlasse ich das gerne anderen). Meine Mitfahrer waren es bis zum letzten Frühjahr gewohnt, dass ein winzig kleiner Mp3-Player mit Lautsprecher an meinem Oberarm fixiert war und dem gebeutelten Fahrer mittels musikalischer Unterstützung zum Gipfel verhalf. Sämtliche vereinsinterne Bergzeitfahren als auch die Anstiege in den Vogesen wurden so verlässlich gemeistert. Außerdem fuhren bei besagten Wettkämpfen „contre la montre“ auch die zuvor gestarteten Fahrer schneller, um der Gefahr der Beschallung zu entrinnen.
Doch gehen wir einen Schritt zurück: Zum Ende des letzten Posts. Das Rad knackte und brauchte einen Service. Um es kurz zu machen: Diesen Service wird es hier leider nicht erhalten. Die
Radsaison läuft auf Hochtouren und somit ist die einzige fähige Mechanikerin des Ortes mit Arbeit überhäuft. Ich machte mich also selbst auf die Suche nach dem Knackgeräusch. Eine Ölung, Grundreinigung und das Überprüfen vieler Schraubverbindungen, soweit es mit meinem vorhandenen Werkzeug möglich war, wurden vorgenommen. Zudem fehlte bei meinem F99-Vorbau ein Gummi, der den Halt bzw. die Passung des Lenkers verbessert und den Widerstand erhöht, sodass ein geringeres Drehmoment zum Befestigen des Lenkers von Nöten ist. Ich stellte zum wiederholten Mal den Radkoffer und sämtliche Taschen auf den Kopf. Ohne Erfolg. Also war ich im Begriff meinen Vater einen Gummi aus einem F99 in der Heimat demontieren und mir via Brief zukommen zu lassen. Seine Antwort war: „Brauchst du den unbedingt? Der sitzt richtig fest drin“. Dies gab mir zu denken. Wenn der so fest drin sitzt, wie konnte ich ihn im Koffer verlieren?
Aufgrund meiner steten Lektüre von Sir Arthur Conan Doyle in Kindertagen erinnerte ich mich an folgendes Zitat: "Wenn Du das Unmögliche ausgeschlossen hast, dann ist das, was übrig bleibt, die Wahrheit, wie unwahrscheinlich sie auch ist." Ich starrte also mein Rad an… dachte… starrte… dachte… „Der wird doch nicht…“ Nach der Demontage des Lenkers lachte der Gummi mich aus dem Vorbauinneren an. Da lag er also seit Wochen. Die Montage verhalf zu besserer und steiferer Lenkung und einem sicheren Gefühl. Desweiteren wurden die Pedale getauscht und die Kettenblattschrauben fixiert. Leiser wurde es seither leider trotzdem nicht. Ich bekenne mich also des bewussten und konstanten Regelverstoßes für die verbleibende Zeit schuldig. Doch ist dies kein Grund den Kopf in den Sand zu stecken, denn den Fahrern hier auf der Insel fällt es sowieso nicht auf. Nur ich selbst muss damit klar kommen.
Zurück zu unserem Protagonisten: Die bewusst erlebte Einsamkeit wurde glücklicher- und überraschenderweise gestört. Ein deutscher Triathlet kam für 2,5 Wochen zu Besuch. Zunächst als Starter beim Porto Colom-Triathlon, dann als Campleiter und zuletzt als Trainierender im Trainingslager. Nach erstem Kontakt im Wasser, wo wir noch gleichauf waren, wurde nach der Wechselzone dann schnell klar, dass wir auf dem Rad inkompatibel sind, er, der ehemalige Bundesligafahrer und ich, der "Easy Spinner".
In der gleichen Woche erfreuten mich aber Freddy, Dieter, Harry und Kirsten mit einer schönen Tour von Bunyola nach Soller und Valldemossa.
Nach einer gewissen Strukturierung meines Trainingsplans und auch der Kooperation mit Fabian, wenn ich das mal so nennen darf, disponierte ich um und besuchte mit ihm die Laufbahn in Magaluf. Denn wie gewohnt steigt mein Laufpensum nicht an. Die absolvierten Kilometer werden ausnahmslos und zudem vollkommen sinnlos auf der Tartanbahn gelaufen. Meine Gelenke danken mir auch täglich dafür.
Als ich am darauffolgenden Tag abermals auf Chopins Spuren wandelte und das Kloster passierte, erinnerte ich mich an ein Foto, daß Matthias während seiner Zeit hier schoss: „Das muss Port de Valldemossa sein…mal sehen“. Was sich da vor mir und neben mir auftat ist unbeschreiblich: Zur linken die steile Felswand, zur rechten der gähnende Abgrund und dazwischen ein schmales, Serpentinen gespicktes Asphaltband, die rauschende Abfahrt zum Hafen. Sackgasse natürlich. Länge 5km. Die Beine waren durch den heftigen Gegenwindes bereits spürbar ermüdet. Dennoch fuhr ich hinab und kaum unten angekommen, verfluchte ich mich auch schon dafür. Kurzer Rausch, langes Leid. Ich quälte mich wieder hoch und über meine beiden Hausberge zurück ins Hotel. Im Fernseher lief Amstel Gold Race, in meiner Hand zischte eine Coke und ich verschrieb mir eine Ruhewoche.
Doch eine Ruhewoche bedeutet ja nicht, dass man gar nichts macht, man geht nur nicht so viel Radfahren. Also beschloss ich das Schwimmbad mal etwas öfter zu frequentieren. Das Resultat war die umfangreichste Schwimmwoche der letzten acht Jahre mit wunderbaren 20 km. Wenn ich bedenke, dass dies früher normale Wochen waren, kommt ein wenig Sehnsucht nach meinem geliebten Merziger Hallenbad auf. Trotz eines relativ guten Gefühls sind jedoch die Zeiten einfach zu langsam. Ich suchte die Erklärung hierfür bei allem möglichen: Fehlende Wellenbrecherleinen, zu warmes Wasser, Badekappe. Zu guter Letzt machte ich sogar Meister Horas verantwortlich und dachte an eine zu schnell drehende Uhr. Mein erster Ansatz war jedoch der richtige: Aufgrund der zu geringen Beckentiefe von 1,40 m sind die Zeiten langsamer. Die genaue physikalische und strömungsmechanische Begründung muss ich leider schuldig bleiben. Guten Gewissens kann ich jetzt aber weiterhin zu langsam schwimmen, solange die Belastung stimmt.
Nach vier Tagen Abstinenz vom Rad kam mir die Idee: Wenn es einen guten Zeitpunkt gibt, um das Bergzeitfahren nach Galilea zu versuchen, dann an diesem Samstag. Nach der Entlastung und bevor Dominic, die Radmaschine, hier aufschlägt. Wenn man schon sinnlose Dinge tut, dann auch wenigstens mit Stil. Ich recherchierte ein wenig im Netz und setzte mich mit Boris in Verbindung, um das Warmup so gut wie möglich auszuführen. Fabian, der leicht erkrankt war und sich auf die Duathlon DM vorbereitete, fuhr mit mir die Challenge-Peguara-Strecke ab und nach 40km kam ich an den Berg. Im Vorfeld wurde der zweite Flaschenhalter abschraubt, die Löcher abgeklebt, der vordere Flaschenhalter gegen einen Tune Wasserträger ersetzt und die Flasche fast vollständig entleert.
Als Wettkampfbekleidung fungierte ein Kleidungsstück, welches einzig und allein für die Fahrt nach Sa Calobra, die mit Dominic endlich durchgeführt werden wird, mitgenommen wurde. Es ist ein weisses Stück Stoff, dass Jason und die Argonauten seinerzeit suchten – ähnlich dem goldenen Vlies. Eine kleine Gruppe innerhalb des Kaders der saarländischen Triathlon Union (insgesamt neun Fahrer) schlossen sich damals der „White Force“ an. Dies ist eines jener Kleidungsstücke, die man nur zu ganz besonderen Anlässen wieder auspackt. Aufgrund seines Gewichtes, Atmungsaktivität und des langen Reissverschlusses eine gute Wahl. Die Rückentaschen wurden vollständig entleert. Lediglich der GPS-Tracker befand sich in meinem Gepäck. Als Zielzeit 14:30 Minuten vor Augen fuhr ich in einem guten Rhythmus und konnte im letzten, flacher werdenden Abschnitt noch einmal beschleunigen. Beim Überqueren der virtuellen Ziellinie zeigte mein Tacho 14:33 und diese Zeit steht auch in der Highscoreliste. Das eigene Ziel nur knapp verfehlt, betrieb ich nur wenig Ursachenforschung, da ich recht zufrieden war.
Um jedoch zur Einleitung zurückzukehren: Was wirklich fehlte war Musik. Gerade in dieser Woche hat mein geliebter Barde, Matthias Reim, sein neuestes Machwerk veröffentlicht und ich bin mir sicher, dass es mit ihm schneller geht. Auch wenn ich im Vorfeld nach der „Tour de France“ von Kraftwerk versuchte, mir „Was ist nur los?“ vom Matze in den Kopf zu prügeln, so ist es dennoch etwas anderes, wenn er im Stile eines Manolo Saiz konstant mitfährt und ins Ohr schreit. Am 30.05. endet die Zeitfahrprüfung und dann wird sich zeigen, was die erreichte Zeit wert ist.
Eins jedoch ist sicher: Musik ist unersetzlich und so habe ich keine Kosten und Mühen gescheut und "meinen", mittlerweile antiken MP3-Player mit eingebautem Lautsprecher gesucht, gefunden und ersteigert. Bei unserer alljährlichen Vogesen Tour ist also wieder für beste Unterhaltung gesorgt. ;)
Bevor Fabian abgereist ist, begann ein neues Fitnesscamp mit einem Multitalent als Trainer. Entgegen des OutdoorGym-Camps im Mai, beschränkten sich meine Aktivitäten diesmal eher auf Kulinarisches und eine schöne Wandertour, da der Fitnesslevel der Teilnehmer meine bescheidenen athletischen Qualitäten leider hätte recht blass erscheinen lassen.
Nach Abreise der Teilnehmer war Kevin, der Trainer, jedoch heiss darauf noch einmal Rennrad zu fahren. Hier hatte dann auch Nina Hagen nichts mehr zu meckern, da wir mit modernster Smartphone-Technologie ausgerüstet, einige Schnappschüsse machten. Als absolutes Novum gibt es also endlich auch mal ein paar Impressionen von diesem wunderschönen Eiland. Zum krönenden Abschluss folgten wir heute dann noch Jacques Cousteau und schwammen nach Cala Fornells, um die Unterwasserwelt zu geniessen.
Während ich diese Zeilen tippe, packt Kevin seinen Koffer und wird morgen durch Dominic ersetzt, der darum bat eine umfangreiche Woche im Wasser einzulegen. So wird der Ausblick diesmal kurz und prägnant gehalten: im Gepäck des jungen Herrn befindet sich ein kleines Präsent für die Mechanikerin, da sie überhaupt erst ermöglichte, dass mein Rad für so lange Zeit durchhielt. Zudem etwas kleines für Xisco, dem ich zu großem Dank verpflichtet bin.
Und für alle, die das Chaos letztes Jahr mitbekamen, als ich unbedingt in Hachenburg, beim ersten Wettkampf unserer Ligamannschaften, starten wollte, dann in einem Surfcamp in den Niederlanden war, von meinem Professor für einen Tag entsandt wurde, mein Auto den Geist aufgab, wir ein absolutes Wahnsinnsrennen (also viel Wahnsinn bei wenig Geschwindigkeit und unfassbaren Wetterbedingungen) absolvierten und ich nachts wieder am Lagerfeuer in Flevoland das erste Bier aufzog…Ja, für alle die und für die, denen ich sagte, dass ich es dieses Jahr nicht schaffen würde,… da kann ich dann doch nur sagen:
Hachenburg, ich komme!
Hier gehts zum Finale.
Autor: Thomas
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