Samstag, 17. Mai 2014

Die Sache mit Rapha und Team Sky

Vor einigen Tagen habe ich elektronische Post von Rapha bekommen. Sie wollten wissen warum ich schon so lange nichts mehr bestellt habe. Um mir meine Rückkehr zu versüßen gab es einen 15% Gutschein Code, gültig bis zum 22. May. Ich brauche ihn nicht, ich werde nichts bestellen. Meine Begeisterung ist erloschen. Und die war gewaltig, dass kann ich euch sagen. Hätte es mein Budget hergegeben, ich hätte alles gekauft. Mützen, Hosen, Beinlinge, Trikots, Jacken, ... Wenn jemand von euch den Gutschein nutzen möchte, hier ist er: "LCTOC012014". Bitteschön.

Es ist inzwischen schon einige Zeit her, dass ich Rapha entdeckt habe. Damals wurde Team Sky noch von Addidas gesponsort. Rapha war fast noch ein Geheimtipp, lange nicht so bekannt wie heute. Damals habe ich gerade wieder angefangen mehr Rad zu fahren und wollte nicht mehr in den schreiend bunten Trikots vergangener Profiteams und Vereine fahren. Das schlichte, unauffällige Design von Rapha war genau dass was ich suchte. Keine wirren Muster, keine schreienden Farben, dafür klare Linien und ausgefallene Materialien. Understatement.

Ich habe jeden Blogpost gelesen, jeden Film gesehen den Rapha veröffentlicht hat. Ich habe es förmlich verschlungen. Die Liebe und Begeisterung für den Sport, seine Schönheit, Eleganz, die Leiden, die Härte. Alles war so echt, so authentisch. Die Bilder waren so großartig. Die Cent Colls Radreise, welch eine Herausforderung! Ich habe Stunden auf dieser Internetseite verbracht und wirklich geglaubt, dass ich die Klamotten unbedingt brauche. Ich wollte auch so cool sein wie die Protagonisten auf den Bildern und in den Filmen. So gut aussehen, so entspannt, so stylish. So anders als in den bunten 90er Jahre Schlingfaser Trikots die in meinem Keller hingen. Ich habe es wirklich geglaubt. Und ich habe gelitten, mir unmöglich alles kaufen zu können. In einem Schlussverkauf habe ich dann zugeschlagen. Das Langarmtrikot aus der Cross Serie, ein weiteres aus schwerer Sportwool und noch dazu die Regenjacke. Den Kauf der Letzteren habe ich monatelang verheimlicht und sie immer einen halben Kilometer von Zuhause entfernt an oder ausgezogen um Budgetdiskussionen aus dem Weg zu gehen.

Und dann hat Rapha bekannt gegeben ab 2013 Team Sky zu sponsorn. Das war der Anfang vom Ende. Team Sky? Dieses Bayern München des Radsports? Diese Steber Mannschaft? Auf einmal bestand die halbe Internetseite nur noch aus Team Sky. Alles in Schwarz - Blau. Sky - Sky - Sky.

Im Radsport gibt es traditionell wenig Fans einzelner Mannschaften. Man ist Fan des Sports oder Fan eines Fahrers oder Fan der Leistung die erbracht wird. Der Fan als Anhänger einer einzelnen Mannschaft, unabhängig von den Fahrern, so wie im Fußball, ist selten. Daher ist es mir fremd in Profitrikots durch die Gegend zu fahren und mich auf diese Weise mit einer bestimmten Mannschaft zu identifizieren. Warum soll man das machen? Geld bezahlen um auch noch Werbung zu machen? Wozu? Denn wirklich schön ist keines der mit Werbung zugepflasterten Trikots der Profis.

Aber zurück zu Sky. Das fängt damit an, dass das durchschnittliche Fernsehprogramm und damit das Fernsehen als solches in meiner Wahrnehmung ein Medium von minderer Qualität ist. Brain-Junk-Food sozusagen. Und Sky verkauft Brain-Junk-Food für teueres Geld. Als ich in den 90ern im Retail-Banking gearbeitet habe, waren Sky (damals Premiere) Abbuchungen ein sicheres Indiz auf Kunden mit schlechter Bonität. Ja ja, ich weiss, das ist sehr eindimensional und es ist schon lange her und es gibt tolles, hochwertiges Fernsehen etc. etc. etc. Aber ich mag den Sponsor einfach nicht. Und ich mag Team Sky nicht, die Art und Weise wie Wiggins und Froome die Tour gewonnen haben. Kalt berechnet, gekauft mit dem  fettesten Budget der Branche. Ohne Panaché, so ganz anders als die Helden in den Rapha Stories. Vor einigen Tagen ist auf Crankpunkt dazu übrigens ein guter Artikel erschienen, lesenswert.

Und Rapha sponsort diese elitäre Bonzen Mannschaft und ist, natürlich, sonst würden sie es nicht machen, auch noch stolz drauf. Und auf einmal gibt es nicht nur Trikots aus Wolle, die doch viel besser sein sollen als diese modernen Plastikfasern, sondern es gibt den gleichen Super-Dupa-High-Tech Kram wie bei allen anderen. Nur natürlich viel besser. Ich war entsetzt. Der Sargnagel meiner Rapha Begeisterung war dann dieser schwarze Netzstoff-Swingerclub-Einteiler den Chris Froome letzten Winter stolz auf Twitter präsentiert hat. Ich dachte zuerst es wäre ein Fake, aber es war Ernst.

Wenn ich heute im Netz auf Rapha stoße denke ich mir vielleicht noch, "Ah, ein Rapha Bild", aber ich klicke schnell weiter, lese nicht, es fesselt mich nicht mehr. Es ist einfach nur ein ziemlich cleveres Marketing. All die Photos und die tollen Texte, die Filme. Das ist keine Arbeit von Liebhabern, von Amateuren. Das ist die Arbeit von Profis die einer ganz bestimmten Bildsprache folgen, die eine Auftragsarbeit abliefern die ganz genau dem entspricht, was bestellt wurde. Profis, die von ihrer Arbeit leben und die bezahlt werden. Rapha, darüber muss man sich klar sein, ist zunächst einmal eine Firma die ein Luxusprodukt verkauft und Profit machen möchte. Ein Luxusprodukt lebt zu einem großen Teil von den Emotionen mit denen es aufgeladen wird. Das ist das, was Luxus auszeichnet, nicht nur hochwertige Materialien und perfekte Verarbeitung. Luxus wohnt eine Unnötigkeit inne, die sich mit rationalen Maßstäben nicht bewerten lässt. Hier sind es die Leiden der Heroen, die Entbehrungen der Helden der Landstrasse, die Kameraderie, der Rückblick auf eine Tour, die uns an unsere Grenzen geführt hat, der Kampf gegen uns selbst, die Elemente und unsere Gegner, unerbitterlich und doch verbunden durch das Band einer Bruderschaft. All diese Geschichten und Bilder, so schön und ästhetisch wie Rapha sie auf uns einströmen lässt verbinden sich mit dem Produkt. Einer Legende, einer Ikone, wie ich heute in einem Mailing lese. Dabei frage ich mich wie ein Trikot, das es gerade einmal seit einem Jahrzehnt gibt, wie ein Kleidungsstück überhaubt zu einer Legende werden kann. Und mit dieser "Legende", in den Farben der Saison, werden auch wir uns so fühlen, so cool, so schnell, so erhaben wie Hinault, Anquetil, Merckx und all die Anderen. Wenigstens ein ganz klein wenig. Und das für nur 165 Euro. Immerhin gibt es die passenden Ärmlinge mit dazu. Ein Sonderangebot um ein klein wenig Merckx, Held der Landstrasse zu sein.

Jetzt mag man einwenden, dass etwas was 165 Euro kostet, zwar teuer, aber kein Luxus sein kann. Auch gibt es viele Radsport-Bekleidungsfirmen die Profiteams sponsorn. Und es gibt Marken, die noch sehr viel teurere Radsportkleidung herstellen. Es gibt sicher auch Sponsoren die in fragwürdigeren Branchen tätig sind als Sky.

Was also ist das Problem? Ich fühle mich in gewisser Weise missbraucht. Ich bin einem am Ende gewöhnlichen Marketing auf den Leim gegangen. Man hat mich an meiner Leidenschaft gepackt und mit ihr gespielt. Mich manipuliert. Ich musste erkennen, dass es kein Understatement ist Rapha zu tragen, sondern ganz gewöhnlicher Snobismus. Auf mich wirkt es inzwischen grossspurig, fast schon vulgär.

Trotzdem trage ich meine Rapha Sachen immer noch, hin und wieder, aber ob noch mal neues hinzukommt? Höchstens im Ausverkauf, aber selbst dann, der Zauber ist vorbei.

Ich hoffe nur das Café du Cyclist nicht auch diesen Weg einschlägt.

2 Kommentare:

  1. Grandios Artikel; ich kauf jetzt auch kein Rapha mehr......naja, vielleicht mals im Ausverkauf, jetzt wo sie von sky weg sind...gruss arm lancestrong

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  2. klasse artikel...schluss mit rapha !!!!!

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